Bray, Libba – Circes Rückkehr (Der geheime Zirkel 2)

_Circe ist zurück_

Nach dem tragischen Tod ihrer Freundin Pippa wird Gemma von Gewissensbissen und Schreckensvisionen geplagt, da sie sich die Schuld an ihrem Tod gibt. Auch die Tatsache, dass sie die Magie im Magischen Reich befreit hat und sich daran nun gute wie auch böse Wesen frei bedienen können, lastet ihr auf dem Herzen. Von Kartik erhält sie den Auftrag, einen mysteriösen Tempel zu finden, um dort die Magie erneut zu binden, bevor Circe ihr zuvorkommt. Doch niemand kann Gemma sagen, wo sie den Tempel im Magischen Reich finden kann, und dass sie während den Weihnachtsferien in London bei ihrer Familie ist, macht ihr Vorhaben auch nicht gerade einfacher.

Obwohl Gemma große Bedenken dabei hat, in das Magische Reich zurückzukehren, versucht sie während der Weihnachtsferien zusammen mit ihren Freundinnen Ann und Felicity, den Tempel im Magischen Reich zu finden. Dort stoßen die drei auf eine große Überraschung: Ihre tote Freundin Pippa hält sich noch im Magischen Reich auf und freut sich riesig über den Besuch der drei. Auch wenn sich Gemma ebenfalls freut, ihre Freundin wiederzusehen, ist sie misstrauisch: Von ihrer Mutter weiß sie, dass Tote normalerweise ins Totenreich übergehen müssen, weil sie ansonsten zu bösen Kreaturen werden.

Zusammen mit Pippa und einem Schiff der Medusa, das wegen eines Zauberbanns nicht lügen kann, machen sich Gemma, Felicity und Ann auf den Weg und suchen nach dem Tempel. Doch auch in der normalen Welt kommen die Mädchen nicht zur Ruhe: Sie vermuten, dass die neue Lehrerin auf Spence, Miss McChennmine, Circe ist. Bei ihren Nachforschungen und ihrer Suche nach dem Tempel bekommen sie Hilfe von ihrer ehemaligen Lehrerin Miss Moore und einem Mädchen namens Nell, das durch Circes Schuld geisteskrank geworden ist. Erst zu spät merken sie, dass sie mit ihrer Vermutung, Miss McChennmine sei Circe, völlig in die falsche Richtung arbeiten …

_Kritik_

Nachdem [„Gemmas Visionen“ 4101 nur den Anfang von Gemmas Geschichte darstellt, geht es nun in „Circes Rückkehr“ weiter. Eine der vier Freundinnen musste schon bei der ersten Begegnung mit Circes Kreaturen sterben, und seitdem die Magie im Magischen Reich freigesetzt wurde, ist das Chaos dort perfekt. Doch nicht nur im Magischen Reich geht bei Circe alles drunter und drüber, denn auch in ihrem privaten Leben gibt es Dinge, mit denen sie sich herumschlagen muss. So ist ihr Vater beispielsweise von Laudanum abhängig, und zum ersten Mal scheint ein junger Mann an ihr Interesse zu zeigen.

Auch in „Circes Rückkehr“ geht es wieder um wesentlich mehr als nur um einen üblichen Fantasyroman. Die englische Gesellschaft wurde in dem Roman sehr gut getroffen und wirkt sehr authentisch, sodass man sich problemlos in die Geschichte einfühlen kann. Oberflächlich scheint die Londoner Gesellschaft wieder einmal allzu perfekt zu sein, doch letztendlich hat jeder mit seinen eigenen Problemen und ihrer Geheimhaltung zu kämpfen. Auch die Gefühlswelt von Gemma, Felicity und Ann wird hier wieder sehr gut rübergebracht. Man erfährt vor allem mehr über Felicity, die oberflächlich gesehen eine sehr temperamentvolle, freche und ein bisschen egoistische junge Dame zu sein scheint. Es kommen einige ihrer Geheimnisse ans Licht, mit denen sie immer noch stark zu kämpfen hat und die sie zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Auch über die schüchterne Ann erfährt man mehr. Um die Ferien mit Felicity verbringen zu können und nicht alleine in der Spence-Akademie zurückbleiben zu müssen, denken sie und Felicity sich eine Geschichte aus, die es ihr ermöglicht, in die höhere Gesellschaft aufzusteigen und dort akzeptiert zu werden. Angeblich hat man herausgefunden, dass sie die verlorene Nichte eines russischen Adligen sei und dass sie eine hervorragende Opernausbildung hinter sich habe. Diese Lüge ermöglicht es Ann, endlich mal ein bisschen aus sich herauszukommen, selbstbewusster zu werden und auch endlich ihrem heimlichen Schwarm, Gemmas Bruder, näherzukommen, der es hauptsächlich auf wohlhabende Mädchen abgesehen hat. Gemma, die immer noch von Gewissensbissen wegen Pippas Tod geplagt wird, lernt den attraktiven Simon Middleton kennen, der sofort Interesse an ihr zeigt. Dadurch gerät ihre Gefühlswelt stark ins Schwanken, da sie sich ebenfalls zu Simon hingezogen fühlt, aber auch Kartik nicht vergessen kann. Dazu kommt, dass ihr Vater von Laudanum abhängig geworden ist und weder sie noch ihr Bruder es vermögen, ihn davon zu befreien.

Die Charaktere sind wirklich äußerst gut gestaltet und sehr tiefgründig geraten, sodass sie entsprechend authentisch wirken. Man kann sich vor allem mit der Hauptperson Gemma sehr gut identifizieren und auch Felicity und Ann wirken sympathisch, trotz ihrer Fehler. Die Charaktere der drei sind so verschieden und eigen, dass sie einfach interessant wirken und man sie sofort in sein Herz schließt. Ann ist alles andere als selbstbewusst und sehr ängstlich. Felicity dagegen ist das genaue Gegenteil. Sie ist mutig, selbstbewusst und frech. Gemma ist eine Mischung der beiden Extreme, weshalb sie sich gut als Hauptperson eignet, mit der sich wohl die meisten Leser am besten identifizieren können.

Die Geschichte war schon im ersten Band eher düster, was sich in „Circes Rückkehr“ noch steigert. Gemma wird von immer mehr und immer heftigeren Schreckensvisionen heimgesucht, die meist von einer blutrünstigen Pippa oder drei geisterhaften Mädchen in weißen Nachthemden handeln. Die Geschichte von Gemma wird immer spannender und im Allgemeinen immer ernster und düsterer. Gemma merkt, dass die Angelegenheit langsam kein Spiel mehr ist und immer mehr von ihr und ihrem Handeln abhängt.

Was auch in „Circes Rückkehr“ wieder besonders gut gefiel, ist der gut durchgeplante Verlauf der Geschichte. Das macht sich vor allem bemerkbar, wenn Gemma mit der geisteskranken Nell redet, die ebenfalls in den Orden des aufgehenden Mondes eingeweiht ist. Nell erzählt ihr wirres Zeug, mit dem Gemma erst überhaupt nichts anfangen kann. Erst nach und nach wird klar, was Nells Worte bedeuten, und auch erst dann ergeben diese einen Sinn. Libba Bray verwebt ihre Hinweise und Wendungen in der Geschichte so gut, dass man zu keiner Zeit die Story vorhersehen kann und nie im Voraus erkennt, wie es weitergeht oder das Buch enden könnte.

Auch diesmal arbeitet Libba Bray wieder mit einem Gedicht, nämlich mit „Das verlorene Paradies“ von John Milton. Wer bei der Lektüre gut aufpasst und nicht nur oberflächlich liest, sondern sich auch mit der Story beschäftigt, der wird erkennen, dass auch diesmal wieder ein Zusammenhang zwischen dem Text von John Milton und der Geschichte besteht.

Obwohl das Wichtige in „Circes Rückkehr“ meist im Detail geschieht, hat man jedoch nie Probleme, der Handlung zu folgen und man überliest auch kaum irgendein wichtiges Detail, als ahnte man gleich, dass es für die weitere Handlung wichtig sein könnte. Libba Bray hat einen sehr leichten und unterhaltsamen Stil, der flüssig zu lesen ist und ihre Leser sofort in den Bann des Buches schlägt. Die ganze Erzählung ist in der Gegenwarts- und Ich-Form geschrieben, aus der Sicht von Gemma, was ich sehr passend finde. Alles in allem ist der Schreibstil sehr gelungen und konnte mich so sehr fesseln, dass ich die Lektüre kaum unterbrechen konnte.

_Fazit:_ Auch der zweite Band von „Der geheime Zirkel“ überzeugt voll und ganz. Die Geschichte ist interessant, zu keiner Zeit vorhersehbar und besitzt, wie auch die Charaktere, sehr viel Tiefgang.

_Libba Bray_ wuchs in Texas auf. Vorerst war sie die Autorin einiger Theaterstücke und Kurzgeschichten. Mit [„Der geheime Zirkel – Gemmas Visionen“ 4101 lieferte sie ihren ersten Roman ab, der es auf Anhieb in die Bestseller-Liste der |New York Times| schaffte. Auch die Fortsetzung, „Circes Rückkehr“, ist in den USA von Erfolg gekrönt. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Brooklyn, New York.

Die [Lesung]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3423712724/powermetalde-21 zum Buch erscheint wieder bei |JUMBO Neue Medien / GoyaLiT|.

http://www.libba-bray.de/
http://www.dtv.de

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