Browne, Robert Gregory – Devil\’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden

Robert Gregory Browne ist nicht der erste Autor, der seine Kenntnisse aus seiner Zeit als Drehbuchschreiber in seine Bücher einfließen lässt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass derartige Vorkenntnisse meist zu spannenden, gut aufgebauten Geschichten führen. Die Autoren wissen schließlich, wie man ein Publikum unterhält.

Robert Gregory Brownes Debüt „Devil’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden“ fängt vielversprechend wie ein Actionfilm an. Eine junge, schwangere Frau erschießt in einer Bank zwei Wachmänner und zwingt die Kunden, sich auf den Boden zu legen. Wenig später finden sich ihre Komplizen, unter ihnen ihr Ehemann Alex Gunderson, ein unterschätzter Terrorist, ein und sie brechen den Tresor auf. Obwohl die Polizei schnell vor Ort ist, schafft die Bande es zu fliehen. Sie hat dabei keine Skrupel, wie der Spezialermittler Jack Donovan feststellen muss. Er verfolgt die Bankräuber, was letztendlich zu einem schlimmen Unfall führt. Sara, Alex Gundersons Frau, wird bei diesem Unfall so schwer verletzt, dass sie ins Koma fällt, weitere Mitglieder der Bande sterben, Donovan überlebt verletzt.

Über eineinhalb Monate später ist der Fall Gunderson in den Hintergrund geraten. Einzig Donovan glaubt, dass der Mann sich nach wie vor in Chicago aufhält. Seine Vermutung wird bestätigt, als Gunderson Donovans Tochter Jessie entführt. Er vergräbt sie in der Erde und versorgt sie per Sauerstoffmaske mit genug Sauerstoff für 48 Stunden. Er stellt keine Bedingungen, er will nur, dass Donovan spürt, was er ihm mit Saras Unfall – den er dem Ermittler in die Schuhe schiebt – angetan hat. Die Lage spitzt sich zu, als es zu einem folgenschweren Unglück kommt …

Explosionen, freche Sprüche, ein fesches Gangsterpärchen – „Devil’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden“ beginnt frisch und energiegeladen. Die Kapitel sind kurz, frei von Ballast und die Perspektiven wechseln schnell. Trotzdem lässt Robert Gregory Browne seinen Charakteren dabei genug Platz, um sich zu entfalten. Er schafft es, mit wenigen, kargen Sätzen Persönlichkeiten zu beschreiben, was an und für sich schon eine große Leistung ist.

Wenn man nach einem Wort sucht, dass den Thriller kurz und bündig beschreiben würde, wäre es das Adjektiv „cool“. Browne setzt neben den anfänglichen Hollywoodeffekten auf lässige Cops, abgebrühte Gangster und derbe Dialoge. Die Sprache ist bildhaft und effektiv, die Handlung spannend, da rasant und voller Überraschungen.

Leider hält Browne nicht, was der Anfang verspricht. Die Suche nach Donovans Tochter hat aufgrund der Umstände sehr großes Spannungspotenzial, aber der Autor tappt in eine Falle, die er sich selbst stellt. Eingangs erwähnt er, dass das Nahtoderlebnis seines Onkels ihn sehr berührt hat und er es deshalb dem breiten Publikum nahebringen möchte. Doch die Art und Weise, wie er das tut, wiegt die guten Absichten nicht auf.

Jack Donovan rast verzweifelt durch Chicago. Auf einer Brücke kommt es zu einem folgenschweren Überholmanöver, bei dem Jack mitsamt seinem Auto in den eiskalten Chicago River fällt. Er ist kurz tot, kann aber wiederbelebt werden. Der Unfall kann ihn nicht von der Suche nach seiner Tochter abhalten. Im Gegenteil hat er noch mehr Antrieb erhalten, denn in den Minuten zwischen Leben und Tod ist ihm der verstorbene Alex Gunderson erschienen. Er hat ihm einen bedeutenden, aber verschlüsselten Hinweis gegeben und nun setzt Donovan alles daran, noch einmal in Kontakt mit Alex zu treten.

Bis diese übersinnliche Komponente ins Spiel kommt, ist wirklich alles in Ordnung mit der Geschichte. Sie ist spannend und logisch aufgebaut und man liest sie mit hohen Erwartungen. Doch nach einiger Zeit verliert man den Überblick. Für 48 Stunden tischt Browne dem Leser ganz schön viel auf inklusive einem schweren Autounfall mit Krankenhausaufenthalt. Die Handlung wird etwas verworren. Spätestens als Jack behauptet, seit seinem Nahtoderlebnis sei Gunderson in seinem Inneren, driftet der Thriller ins Unrealistische ab. Bei aller Liebe, aber hier schlägt Browne ein bisschen über die Stränge und schafft es nicht, dies ordentlich zu begründen.

Trotz eines sehr vielversprechenden Anfangs ist „Devil’s Kiss – Dir bleiben 48 Stunden“ letztendlich nur ein B-Movie. Auf der Haben-Seite stehen die gut ausgearbeiteten, originellen Charaktere und der knackige, coole Schreibstil. Und der Anfang der Handlung. Eigentlich steht alles auf der Haben-Seite bis auf die Wende, die der Thriller nimmt, als Jack von der Brücke in den Chicago River rast. Die Art und Weise, wie Robert Gregory Browne das Nahtoderlebnis in seine Geschichte einbaut, missfällt aufgrund ihrer unrealistischen Züge und des – man möchte sagen – übersinnlichen Schnickschnacks.

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