Hohlbein, Wolfgang – Spur des Hexers, Die (Der Hexer von Salem 1)

„Eine historische Abenteuerserie mit ganz leichtem phantastischem Einschlag und vielleicht einer Spur von Horror. Dazu ein wenig Plüsch und Mantel-und Degel-Flair …“, schreibt Wolfgang Hohlbein im Vorwort von „Die Spur des Hexers“, dem ersten Teil der bei |Bastei Lübbe| neu aufgelegten |Der Hexer von Salem|-Reihe. Ein Genremix, ohne Frage, doch ein ganz besonderer. Hohlbeins [„Der Hexer von Salem“ 249 basiert nämlich auf den Werken von H. P. Lovecraft (1890-1937), jenem Autor, der heute als Schöpfer des Cthulhu-Mythos bekannt ist.

„Ein wenig Horror“ mag angesichts der Tatsache, dass Lovecraft verstörte und zweifelnde Menschen in den Mittelpunkt seiner Erzählungen gestellt hat, die einem meist außerirdischem Grauen gegenüberstehen, zunächst etwas untertrieben erscheinen. Doch Hohlbein hat es geschafft, Elemente des Horror-Autors mit seinem ureigenen Stil zu verbinden und ein actiongeladenes, pulpiges Abenteuer zu kreieren, das er zu Recht als seinen größten Serienerfolg bezeichnet. Mit „Die Spur des Hexers“ liegt nun der erste einer auf acht Bänden angelegten Reihe vor, die zum ersten Mal im Paperpack die vollständige Ausgabe des Hexers umfasst, inklusive aller Überarbeitungen und neu geschriebenen Vor- und Nachgeschichten. Ein Mammutwerk, das bereits mit dem 830 Seiten dicken ersten Teil deutlich macht, wohin die schwergewichtige Reise geht.

_Inhalt_

Den Anfang in dem Sammelband macht die titelgebende Geschichte „Die Spur des Hexers“. Sie ist zwar erst nach der eigentlichen Heftserie als Roman „Auf der Spur des Hexers“ erschienen, von Hohlbein aber als Auftakt der kompletten Reihe konzipiert worden. Daher erscheint es nur schlüssig und wird dem Anspruch der vollständigen Fassung gerecht, sie nach vorne zu stellen. In „Die Spur des Hexers“ wird der Blick auf Roderick Andara gerichtet, den Vater des eigentlichen Hexers Robert Craven, der während der Handlung jedoch erst ein dreijähriges, kleines Kind ist. Doch wie sein Sohn besitzt auch Roderick magische Fähigkeiten und Gaben, die er unter anderem zur geistigen Kontrolle einsetzen kann.

Seit zehn Jahren ist er bereits auf der Flucht vor namenlosen Häschern, die seinesgleichen vernichten wollen. Beinahe ist dies bereits geschehen, den Tod seiner Frau Jenny kurz nach der Geburt von Robert konnte er nicht mehr verhindern, er selbst nur knapp entfliehen. So trifft er die Entscheidung, Robert nach Walnut Falls zu bringen, wo er ihn in die Obhut einer gewissen Maude Craven gibt, um alle Spuren zu ihm und der auch auf seinen Sohn übertragenen magischen Kraft zu verwischen. Bei seiner Abreise gerät er jedoch in eine Falle und entgeht nur knapp dem Tod. Sogleich bereut er seine Tat und reist zurück, doch er findet das Haus von Maude Craven leer vor. Sein Sohn wie auch die Pflegemutter sind entführt worden.

In diesem Moment tritt H. P. (Ähnlichkeiten zu Howard Philip Lovecraft sind nicht rein zufällig) auf den Plan. Er hat den Hexer lange beobachtet und findet es nun an der Zeit, sich ihm vorzustellen und sich mit ihm zu verbünden. Er weiht Roderick Andara in den Cthulhu-Mythos ein, erzählt, wie er selbst in die Fänge der fanatischer Jünger geraten ist, und glaubt zu wissen, wohin Robert Craven gebracht wurde: nach R’lyeh. Roderick bleibt misstrauisch, doch will er der einzigen Spur zu seinem Sohn folgen. So reisen der Hexer und H. P. nach Arkham, von wo aus sie den Schlafplatz des großen Alten Cthulhu suchen wollen.

Die zweite Geschichte „Als der Meister starb“ spielt rund 20 Jahre nach den Ereignissen in Arkham und beginnt den eigentlichen Zyklus um Robert Craven. Dieser hat sich nach dem Tod seiner Tante Maude mehr schlecht als recht in den Gassen New Yorks mit Gelegenheitsjobs und kleinen Gaunereien über Wasser gehalten. Bis zu seinem 24. Geburtstag, als er auf einen mysteriösen Mann trifft, der ihn aus seinem Elend herausreißen möchte. Robert nimmt das Angebot an und findet sich weniger später an Bord der |Lady of the Mist| wieder, die sich Richtung London aufmacht. Ebenfalls an Bord ist sein Retter: Roderick Andara. Dieser will seinen Sohn nach England bringen, denn er fühlt sich in Amerika nicht mehr sicher und glaubt auch seinen Sohn in größter Gefahr. Allerdings hat er sich ihm noch nicht als Vater, geschweige denn als Hexer offenbart. Als das Schiff jedoch in eine Nebelbank gerät, ändert sich die Situation schlagartig.

Während der Kapitän dem Ereignis keine Bedeutung zuschreibt, ist sich Roderick sicher, es mit keinem gewöhnlichen Nebel zu tun zu haben. Und tatsächlich, wenig später wird das Schiff von einem tentakelbewehrten Wesen angegriffen. Nur Roderick, der sich nun als Hexer zu erkennen gibt, kann den Angriff noch vereiteln. Doch obwohl er die Bestie vertreibt, ist die Gefahr noch nicht gebannt. Das Schiff prallt auf ein Riff und Roderick ist zu schwach, als dass er das rettende Ufer noch erreichen könnte. So weiht er seinen Sohn endlich in seine Vergangenheit ein und überträgt ihm nach seinem Tod das Erbe des Hexers.

Robert gelingt es schließlich, mit einigen wenigen Überlebenden nach England zu entkommen. Dort sieht er sich nun gezwungen, die Aufgabe seines Vaters zu vollenden: den Kampf gegen unaussprechliche Wesen und düstere Kulte fortzuführen, um die Welt vor dem Unrat des Bösen zu säubern. Kein leichtes Erbe, doch Robert bleibt keine Wahl, denn er ist der neue Hexer von Salem.

_Bewertung_

Aller Revidierungen zum Trotz, „Der Hexer von Salem“ ist und bleibt auch in Form der überarbeiteten Neuauflage „Die Spur des Hexers“ eine Heftromanreihe. All zu hohe Ansprüche sollte man als Leser also nicht stellen. Die Charaktere bleiben weitgehend flach oder zumindest stereotypisch, die Handlung kann keinen Innovationspreis gewinnen, sondern will vor allem nur unterhalten. Und auch die Länge der einzelnen Episoden, obwohl zusammenhängend und nun in chronologisch richtiger Reihenfolge angeordnet, beschränkt sich stets auf weniger als 100 Seiten. Selbst Geschichten, die früher über mehrere Hefte gelaufen sind und nun zusammengeführt wurden, weisen die typischen Heftromanelemente auf: ein schneller Einstieg, ein die Spannung steigernder Mittelteil und ein deftiges Finale bzw. ein nicht minder deftiger Cliffhanger.

Dennoch, es hat seinen Grund, dass Hohlbeins „Der Hexer von Salem“ immer wieder neu überarbeitet worden und nun in einer finalen Fassung auf den Markt gekommen ist: Es macht einfach Spaß, den Hexer zu lesen. Die Mischung aus Horror, Pulp und Action, die zahlreichen Anspielungen auf reale Personen (vorneweg natürlich Lovecraft selbst, aber auch Autoren wie Jules Verne) und literarische Figuren (Nemo, Fu Manchu) sowie die rasante Erzählweise machen den Hexer zu einem großen Vergnügen. Natürlich fällt jede Episode unterschiedlich aus und schwankt in ihrer Qualität, doch die Reihe bietet insgesamt einen guten Spannungsbogen auf überdurchschnittlichem Niveau. Wer viel Zeit investiert und die Reihe von vorne bis hinten liest, wird mit wiederkehrenden Figuren und Orten und Überschneidungen in verschiedenen Zeitepochen belohnt, die spätestens mit den Abenteuern von Robert Craven ein komplexes Muster entstehen lassen.

Zudem hat Wolfgang Hohlbein für jeden zusammenhängenden Abschnitt (also meist zwischen ein bis drei Heftroman-Folgen) ein Vorwort geschrieben, in dem er über Hintergründe der Entstehungsgeschichte berichtet und Einblicke bzw. Rückblicke in die gute alte Zeit der Heftromanreihe gibt. Er schreibt, warum die ersten Folgen in der „Gespensterkrimi“-Reihe erschienen, wie die Fans versuchten, sein Pseudonym zu entschlüsseln und wie er die Verleger von der ungewöhnlichen, inhaltlichen Thematik zu überzeugen versuchte.

Das alles liest sich, ebenso wie die Geschichten selbst, leicht und locker und regt das ein oder andere Mal zum Schmunzeln an. Wer Horror und insbesondere Lovecraft mag, sich aber nicht daran stört, wie Hohlbein die Thematik mit seinem Stil koppelt und vor allem um Actionelemente erweitert, wird mit „Die Spur des Hexers“ glücklich werden. Kurzweiligen Lesestoff bietet der dicke Paperback-Band alle mal. Und wer auf den Geschmack gekommen ist: Weitere sieben Bände folgen ja noch.

http://www.bastei-luebbe.de

|Siehe ergänzend auch unsere Rezensionen zu den Hörbuchfassungen der Hexer-Reihe:|

[„Auf der Spur des Hexers“ 511
[„Als der Meister starb“ 917
[„Als der Meister starb (Gespenster-Krimi 02)“ 1214
[„Das Haus am Ende der Zeit“ 1116
[„Tage des Wahnsinns“ 2103
[„Der Seelenfresser“ 2886
[„Die Chrono-Vampire“ 3095

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