Ebel, Martin – Ponte del Diavolo

_Das Vermächtnis eines Großen_

Alex Randolph war zu Lebzeiten einer der bekanntesten und einflussreichsten deutschen Spieleautoren; der Mann, der bis zu seinem Tod in Venedig lebte, zeichnet unter anderem für Titel wie „Hol’s der Geier“, „Tempo, kleine Schnecke“ und den Klassiker „Sagaland“ verantwortlich. Unter anderem entwickelte er auch das Strategiespiel „Twixt“, welches dem hier rezensierten Titel „Ponte del Diavolo“ auch die Idee geliefert hat.

Zwei Jahre nach Randolphs Tod 2004 griff Martin Ebel den Grundgedanken von „Twixt“ wieder auf und modifizierte ihn insofern, dass noch mehr Handlungsalternativen möglich wurden. In seiner kurzen Hommage an Randolph erklärt Ebel, dass er den Schwerpunkt des Handelns auf Intuition gelegt hat, während das Original verstärkt auf Logik aufbaute. Und tatsächlich: Intuition ist der wesentliche Punkt in „Ponte del Diavolo“ – ebenso wie Logik …

_Spielidee_

In „Ponte del Diavolo“ müssen die Spieler auf einem 10 x 10 Quadrate großen Spielfeld mit zwei verschiedenfarbigen Holzplättchen Inseln bauen und sie anschließend auch mit Brücken verbinden. Dabei gibt es aber verschiedene Regeln zu beachten, was die Anordnung und die Größe der Inseln betrifft. Man darf nämlich noch längst nicht jede Insel beliebig erweitern, geschweige denn sie anschließend noch ohne Einschränkungen mit Brücken verbinden.

Ziel ist es dabei, eine möglichst große Inselgruppe zu erstellen und sie miteinander zu verbinden, wobei der Gegenspieler natürlich unterliegen muss. Während man nämlich an allen Stellen des Spielbretts nach neuen potenziellen Bauflächen für seine Holzplättchen sucht, gilt es ebenfalls, Brücken- und Inselbau des Gegners zu kontrollieren und zu dessen Nachteil zu intervenieren. Oft reicht es sogar schon, einfach nur einen Baustein zu setzen, um den Gegner räumlich derart in die Enge zu drängen, dass er nur über große Umwege wieder auf die rechte Bahn kommt. Und das ist häufig noch wichtiger, als selber zu punkten.

_Spielmaterial_

• 40 rote Inselbausteine
• 40 weiße Inselbausteine
• 15 graue Brückenbausteine
• 1 Spielplan
• 1 Stoffbeutel
• 1 Spielregel

Bei den Spielmitteln setzt man bei |Schmidt Spiele| einmal mehr auf hochwertiges und gleichzeitig zweckdienliches Material. Dies bedeutet zwar auch, dass die Insel- und Brückenteile ebenso wie der Spielplan nur über ein sehr symbolträchtiges Design verfügen, doch weil im Vordergrund ja auch stets die Spielpraxis stehen sollte – und hier ist das Spielmaterial nun mal unschlagbar –, ist dies kein Punkt, der Kritik rechtfertigt. Was vielleicht noch etwas besser hätte aufgebaut sein können, sind die vorgezeichneten Flächen, in die man im Laufe des Spiels die Quadrate bringt. Weil hier ab und zu mal etwas verrutscht und die Vorlagen ein kleines bisschen größer sind als die Holzplättchen, wäre es eventuell sinnvoll gewesen, die einzelnen Flächen leicht einzustanzen. Aber dies ist nicht der Platz für Verbesserungsvorschläge, schließlich gibt es gerade im Bereich Spielmaterial keine nennenswerten Mängel sondern im Gegenteil fast ausschließlich Lob.

_Spielvorbereitung_

Eine Partie ist in Windeseile vorbereitet; man sortiert lediglich die einzelnen Farben der Steine und legt sie neben dem Spielplan bereit. Dort sollten sich auch die Brücken befinden, die dann später eingesetzt werden können. Sind diese Vorbereitungen getroffen, kann’s auch schon losgehen. Der älteste Spieler eröffnet, indem er zwei der hellen Steine in beliebiger Anordnung auf dem Spielfeld verteilt. Im direkten Anschluss darf nun sein Gegenüber entscheiden, ob er fortan mit den hellen Steinen spielt oder ob er seinem Kontrahenten die hellen Steine überlässt und selber die dunklen nimmt. Ist diese Farbauswahl getroffen, steigt man dann im gegenseitigen Wechsel ins Duell ein und unternimmt abwechselnd einen Spielzug.

_Die Regeln_

Im Laufe des Spiels hat jeder Spieler pro Zug immer die Wahlmöglichkeit, zwei Steine oder eine Brücke zu setzen. Dies geschieht so lange, bis eine der beiden Parteien keinen weiteren Stein mehr anlegen kann und keine Brücke mehr bauen möchte. Man sollte dabei versuchen, möglichst viele Inseln zu bauen, allerdings auch beachten, dass eine Insel nur aus genau vier sich berührenden Steinen bestehen darf. Mehr Steine sind nicht erlaubt, weniger Steine machen das Ganze nur zur Sandbank. Weiterhin dürfen an eine eigene Insel keine Steine mehr angrenzen; es gilt also eine Abstandsregel zu beachten. Sollte man indes eine Sandbank, also noch keine fertige Insel, auf dem Feld haben, dürfen noch eigene Steine daran angrenzen. Hier muss man also ganz klar differenzieren, aber auch schon einmal vorausplanen, denn wer sich hier auf zu engem Raum verteilt, verspielt später eventuell die Möglichkeit, seine Inseln noch zu komplettieren. Unterschiede gibt es wiederum zwischen eigenen und gegnerischen Steinen; Letztere dürfen sich nämlich in jeder Situation bedingungslos berühren und auch aneinander angrenzen.

Beim Brückenbau ist wichtig, dass man nicht über bereits gelegte Inselteile bauen darf. Umgekehrt darf ein solches Teil auch nicht unter eine Brücke gelegt werden, weil dort eine Blockierzone besteht. Außerdem dürfen Brückenverbindungen nur von leer stehenden Insel- bzw. Sandbankabschnitten aufgenommen werden. Zwei Brückenende auf einem Baustein sind demzufolge nicht erlaubt.

Was hier vielleicht ein wenig konfus klingt, ist in der Praxis recht simpel und auch sofort umzusetzen. Und dennoch muss man erst einmal in mehreren Partien in Erfahrungen bringen, worauf es eigentlich ankommt, wie man den Gegner am besten blockt, und wie man sich selber löst, so dass möglichst viele Inseln zu einer Gruppe verschmelzen, also mit Brücken verbunden sind. Erst nach und nach entwickelt man ein Gespür dafür, wie man diese verschiedenen Aspekte am besten adäquat ausbalanciert, so dass man davon ausgehen kann, dass die Gesamtpunktzahlen in späteren Runden immer geringer werden, weil man vor allem im defensiven Bereich Fortschritte bei diesem Balanceakt machen wird.

Apropos Punktzahlen: Diese sind natürlich ausschlaggebend für den Sieg und basieren in erster Linie darauf, wie viele Inseln miteinander verbunden sind. Fast exponentiell steigt hier die Punktzahl für jede weitere zugehörige Insel, während man für einzelne Inselflächen zumindest noch einen Punkt bekommt. Der Spieler mit den meisten gesammelten Punkten ist schließlich der Sieger des Wettkampfs.

_Meine Meinung_

„Porte del Diavolo“ ist entgegen der üblichen |Hans im Glück|-Spiele sehr schlicht, aber dennoch nicht minder effizient aufgebaut. Die Regeln sind leicht zu begreifen, der Ablauf dynamisch und das Tempo recht zügig. Eine Runde dauert im Optimalfall rund 20 Minuten, einzelnes Abwägen und längeres Taktieren mit inbegriffen. Dennoch ist der Verlauf einer jeden Runde sehr spannend, weil es oft nur kleine Tücken sind, die gelegentlich schon recht früh, meist aber erst kurz vor Schluss das Spiel entscheiden und zu einer wahren Kniffelaufgabe machen.

Interessant ist dabei, wie sich dabei das Spielverständnis und damit das eigene Handeln verändert. In den verschiedenen Testrunden war zum Beispiel zu beobachten, dass man sich immer deutlicher von einer Offensivstrategie verabschiedete, um über Vermeidungsstrategien den Gegner auf andere Art und Weise in die Enge zu treiben. Dies ist dann auch der Zeitpunkt, an dem man heraus hat, wie und wo man ansetzen muss, um ein Maximum an angeschlossenen Inseln zu erreichen. Dort nämlich, wo ich dem Kontrahenten den Weg verbaut habe, bleibt mehr Raum für mich – und schon hat man einen elementaren Bereich des Spielplans beschlagnahmt, bevor der Gegenspieler noch reagieren kann.

Die Idee für „Ponte del Diavolo“ hat Ebel schlussendlich also sehr gut von Alex Randolph transferiert und auch entscheidend verarbeitet. Das Ziel, eine intuitivere Variante von „Twixt“ zu erstellen, darf man ebenfalls als sehr gut gelungen bezeichnen, denn im direkten Vergleich ist „Ponte del Diavolo“ weitaus deutlicher auf gezielte und langfristige Vorausplanung angelegt.

Mich persönlich hat der neueste Titel aus dem Hause |Hans im Glück| gerade deswegen überzeugt, weil hier mit simpelsten Mitteln ein maximaler Spaßeffekt erzielt und gleichermaßen ein gehöriges Langzeitpotenzial integriert wurde. Hat man einmal gespielt, kommt man nur schwer wieder von „Ponte del Diavolo“ los, gerade dann, wenn man sich nach einer Niederlage beweisen will, dass man es noch besser kann als zuvor gezeigt. Das Fazit kann daher auch nur eindeutig positiv sein. Der Verlag hat ein weiteres tolles Strategiespiel mit ins Programm aufgenommen und in diesem Genre definitiv ein vorzeitiges Saisonhighlight veröffentlicht. Wer dieses Jahr in Essen mitreden möchte, sollte „Ponte del Diavolo“ kennen, gespielt haben und bestenfalls besitzen.

|Alter: ab 10 Jahre
Spieleranzahl: 2
Spieldauer: 15 bis 30 Minuten|

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