Felden, Thorsten / Meininghaus, Jan – Signum Mortis – Erinys

|Das Lack-und-Leder-Weibchen Erinys dient dem Musikmagazin |Sonic Seducer| als Maskottchen. Comicstrips in Zeitungen nicht unähnlich, tritt sie dort einmal im Monat auf und unterhält die Leser mit düsterem Gerede. Der kürzlich bei |Ehapa| erschienene Sammelband „Signum Mortis“ stellt den gegenwärtigen Höhepunkt der Serie dar. Man fragt sich allerdings, ob das wirklich sein musste.|

„Schwarz ist eigentlich keine Farbe.“ Meine Kunstlehrerin war immer recht penibel. Sie wusste, dass ich die Farbe mochte und häufig schwarze Kleidung trug. Während ich pinselte, genoss ich die Vorstellung, dass meine Hose und mein Pullover streng genommen gar keine Farbe hatten, sondern sich irgendwie abhoben. Die ihnen innewohnende Verneinung machte sie meiner Ansicht nach zu etwas Besonderem. Was ich übersah: Innen und Außen sind zwei verschiedene Dinge.

Vermutlich geht es Thorsten Felden und Jan Meininghaus mit ihrem Werk „Signum Mortis – Erinys“ ähnlich. Auf jeden Fall hat ihre Hauptfigur eine Affinität zu Schwarz. Erinys, eine junge Frau mit schweren Stiefeln, enger Lederhose und einem Lackoberteil, wandert in den Straßen einer namenlosen Stadt umher. Sie bewegt sich im Niemandsland zwischen Leben und Tod, weiß nicht so recht, woher sie kommt und wohin sie geht. Der Name Erinys erinnert nicht umsonst an die Erinyen, jene griechischen Rachegöttinnen, die überall dort auftraten, wo zu Unrecht Blut vergossen wurde.

Erinys Existenz ist ein merkwürdiger Schwebezustand, der das ganze Album über anhält. Obwohl Nebenfiguren wie die Gerichtsmedizinerin oder der Kommissar auftauchen, ist sie weitgehend mit sich selbst beschäftigt. Sie befindet sich in einer inneren Isolation und ist auf der Suche nach sich selbst. Auf ihrer Reise begegnet sie urbanen Bösewichtern wie dem Kinderschänder oder dem Drogendealer. Durch eine Berührung an der Stirn entzieht sie ihnen das Leben.

Die Geschichte wendet sich an einen pubertären Leser, gaukelt Tiefgang vor und bleibt dabei Teil der Oberfläche, die sie eigentlich durchbrechen will. Erinys ist ein Trendprodukt. Seelenlos und distanziert tritt die Protagonistin dem Leser entgegen. Von emotionaler Anteilnahme kann da keine Rede sein, die Spannung bleibt auf der Strecke. Auf gleiche Weise dümpelt der visuelle Teil des Werks vor sich hin. Die Seiten sind als Kollagen und Bilderfolgen gestaltet, überzeichnet und von dunklen Tönen geprägt. Originell oder einprägsam kann man diese Arbeit nicht nennen.

Schlagen wir den Bogen zurück zum Anfang. Schwarz ist eigentlich keine Farbe. Und „Signum Mortis – Erinys“ ist eigentlich keine tiefgreifende Geschichte über Leben und Tod und den Sinn der Welt, obwohl die Autoren diesen Eindruck gerne erwecken würden. Eigentlich ist der Band eine Foto-Love-Story, allerdings nicht für die Pop-Hörer der |Bravo|, sondern für die Gothic- und Metal-Freunde des |Sonic Seducer|. In Erinys geht es zwar nicht um Dreiecksbeziehungen und den ersten Koitus, aber die Qualitäten ähneln sich. Nichts Besonderes, eben in Schwarz.

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