Gloge, Andreas / Sassenberg, Volker – Point Whitmark: Der Seelenkünder (1/2) (Folge 29) (Hörspiel)

Der Hörspielmarkt boomt wie selten zuvor; neue Serien schießen wie Pilze aus dem Boden, etablierte Reihen finden immer mehr Zulauf, und während man vor lauter Auswahl schon fast den Überblick verliert, sind die Produktionsteams in der Pflicht, ihren bisherigen Meisterstücken immer noch eins draufzusetzen. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich in letzter Zeit allerdings auch eine Unsitte eingespielt, die in der Draufsicht sicherlich gar nicht mal so schlecht wirkt, bei näherer Betrachtung aber lediglich in den seltensten Fällen auch wirklich effektiv ist. Die Rede ist von Doppelfolgen, denen man zwar zutrauen darf, einen etwas komplexeren und breiteren Epos zuzulassen, die jedoch auch die Unart mit sich führen, phasenweise über echte Längen zu verfügen. Nach 28 straffen Episoden ist nun auch „Point Whitmark“ mit einem solchen Zweiteiler beehrt worden. Und siehe da: Einige der bekannten Probleme treffen auch auf „Der Seelenkünder“ zu!

_Story:_

Im benachbarten Hafenstädtchen Casa Vargas veranstalten Jay, Tom und Derek eine außergewöhnliche Radioshow in der direkten Nähe des Strands. Das Trio hat sich eine menschliche Nachahmung des einstigen Hofastronomen Ramiro Luiz del Santos geangelt, der das Publikum mit einigen Tricks und mystischen Darbietungen bei Laune halten soll. Doch während seines Auftritts geschieht etwas Unfassbares: Jay verschwindet plötzlich spurlos, während die Nebelmaschine ihren Betrieb beschleunigt. Und als die beiden Freunde ihn wiederentdecken, steht er immer noch unter Hypnose und verhält sich völlig eigenartig. Erst nach einiger Zeit kommen Tom und Derek wieder an ihn heran und nutzen die Trance zu ihrem Vorteil. Doch zu diesem Zeitpunkt ist ihnen bereits klar, dass ihr Pseudo-Astronom eine viel elementarere Rolle spielt als die des Entertainers. Stattdessen ist er auf der Suche nach dem schwarzen Okular, mit dessen macht man seine Mitmenschen angeblich beherrschen soll. Und offensichtlich hat das Artefakt seine Wirkung bei Jay bereits hinterlassen …

_Sprecher:_

Erzähler – Jürg LöwJay Lawrence – Sven Plate
Tom Cole – Kim Hasper
Derek Ashby – Gerrit Schmidt-Foss
Ramiro Luiz des Santos – Bodo Henkel
Inquisitor – Gerald Paradies
Arturo – Dominik Freiberger
Cesar Uria – Holger Michel
Nestor Benitez – Bert Stevens
Percy Briggs – Günter Burchert

Idee & Konzeption: Volker Sassenberg
Drehbuch: Andreas Gloge & Volker Sassenberg
Regie: Volker Sassenberg
Musik: Matthias Günthert, Volker Sassenberg, Markus Segschneider, Manuel Rösler
Ton & Schnitt: Volker Sassenberg & Marc Sander
Tonassistenz: Ramona Heinisch
Illustration: Ingo Masjoshusmann

_Persönlicher Eindruck:_

Nach dem mystischen, mittelalterlichen Intro steigen die Erwartungen an die neue „Point Whitmark“-Episode bereits exponentiell; der Querverweis in das Spanien des 17. Jahrhundert, dazu ein paar undurchdringliche Informationen, und schon ist die Grundlage für ein neues Abenteuer geschaffen. Allerdings hat Regisseur Volker Sassenberg diese Einleitung nur pro forma vorangeschoben, ohne im späteren Verlauf noch einmal näher darauf einzugehen – obschon ein gewisser Querverweis auf jene Ära in der Thematik der Handlung begründet ist. Stattdessen lässt er seine drei Helden Jay, Tom und Derek mit Vorliebe zum Zuge kommen und bereitet im Eiltempo die nächste Grundlage, auf der nun die tatsächliche, aktuelle Story fußt.

Und es geht in den nächsten Minuten enorm temporeich vorwärts; das Verschwinden von Jay, der Unfall bei der Radioshow, die nebulösen Bekanntschaften, die Tom und Derek innerhalb von wenigen Minuten machen und schließlich das eigenartige ‚Comeback‘ ddes Freundes, dessen Trance-Zustand schließlich den Ausschlag für die weiteren Ermittlungen der drei Hobbydetektive gibt. So weit, so gut. Jedoch ist das Problem mit den oben angeführten Längen trotz des ordentlichen Tempos relativ bald gegeben; die Handlung windet sich um ihren eigentlichen Kern und gibt zahlreiche Infos über das Okular und seine mögliche Herkunft, entwickelt sich aber auch mit durchgetretenem Gaspedal nicht so recht vorwärts. Immer wieder kehrt man zum Ausgangspunkt zurück, und auch wenn die Rollen der einzelnen Figuren mit wachsender Spieldauer klarer werden und auch der Background ein Stückweit gelüftet wird, hat man mehrfach das Gefühl, dass hier inhaltlich einiges gestreckt wurde, damit der Rahmen eines Zweiteilers auch nie gefährdet wird.

Der Plot hat indes genügend Potenzial, begründet durch die Thematik, schließlich aber auch durch die fantastische Performance der handelnden Akteure. Vor allem Sven Plate als verwirrter Jay Lawrence spielt seinen Part formidabel und glaubhaft und steht an der Spitze einer guten Teamleistung, die auch von Bodo Henkel und Dominik Freiberger in den Nebenrollen gut ausgekleidet wird. Nichtsdestotrotz könnte man einige Passagen womöglich kompakter ausfüllen und sich in der Breitenauslegung der Story ein wenig einschränken, damit der Fokus noch deutlicher herausgearbeitet wird. Dies macht sich vor allem dadurch bemerkbar, dass Erzähler Jürg Löw häufig ins Geschehen eingreift und mit einigen längeren Überleitungen das ausführt, was die Action alleine nicht mehr leisten kann. An der wirklich gut inszenierten Atmosphäre ändert dies Gott sei Dank nichts, wobei hier vor allem die jederzeit passend eingesetzten Effekte und die prima Soundkulisse eine bedeutsame Rolle spielen. Und trotzdem: Ohne das Projekt ‚Doppelfolge‘ als solches zu verurteilen, hat man im Gefühl, dass man hier in einigen Passagen direkter hätte agieren können.

Nichtsdestotrotz hat „Point Whitmark“ nun einmal einen Standard etabliert, den auch der erste Teil von „Der Seelenkünder“ problemlos halten kann. Womöglich wird die Fortsetzung, die nach einem nicht ganz so geschickt platzierten Cliffhanger angesetzt wird, auch die kleinen Schwierigkeiten der ersten Episode kaschieren können. Das Thema ist jedenfalls interessant, die Performer bestens aufgelegt und die atmosphärische Darstellung ebenfalls wieder stark. Fehlt nur noch ein wenig Zielstrebigkeit, damit die Kritik schnell wieder kaschiert werden kann!

|Audio-CD mit 64 Minuten Spieldauer
Empfohlen ab 8 Jahren
ISBN-13: 978-3-8291-2323-5|

_|Point Whitmark| bei |Buchwurm.info|:_
Folge 1: [„Die Bucht der 22 Schreie“ 5128
Folge 2: [„Die rote Hand des teufels“ 5256
Folge 22: [„Die blutenden Schlüssel“ 4793
Folge 23: [„Der Duft der Finsternis“ 5058
Folge 24: [„Am Tag der großen Flut“ 5410
Folge 25: [„Die fiebrigen Tränen“ 5551
Folge 26: [„Die Diener der Pest“ 5743
Folge 27: [„Eiland der Gespenster“ 5817
Folge 28: [„Der leere Raum“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6175

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