Huston, Charlie – Clean Team, Das

Dass Charlie Huston sich auf verzwickte Geschichten über sympathische Verlierertypen versteht, hat er bereits mit seiner Hank-Thompson-Trilogie bewiesen. Nach seinem Ausflug in blutsaugende Gefilde mit der Vampir-Reihe um Joe Pitt kehrt Huston ein Stück weit wieder zurück zu den Wurzeln.

Hustons neue Romanreihe handelt wieder von einem echten Loser-Typen, der, kaum dass er seinen Hintern dann doch endlich mal vom Sofa erhebt, auch schon gleich in dicken Schwierigkeiten steckt.

Eigentlich hat Ex-Lehrer Webster Filmore Goodhue sich ein gemütliches Leben als leidenschaftlicher Müßiggänger aufgebaut. Würde da sein Kumpel und Mitbewohner Chev nur nicht immer an ihm herummosern. Da Chev aber nun einmal Webs letzter noch nicht vergraulter Freund ist, beugt Web sich schließlich dem Generve und nimmt den Job an, den Chevs Kumpel Po Sin ihm anbietet: Er steigt bei dessen „Clean Team“ ein.

Und so findet Web sich schon am nächsten Morgen – seinem ersten Arbeitstag – in einer herunter gekommenen Wohnung mitten in einem Heer von Kakerlaken wieder und trägt Tüten voller Exkremente zu einem Müllcontainer. Das „Clean Team“ ist halt auf Reinigungsarbeiten der ganz besonderen Art spezialisiert: Tatortreinigung. Wo immer beispielsweise ein Selbstmörder bei seinem Ableben all zu viel Dreck hinterlässt, gibt es Arbeit für das „Clean Team“. Sie machen Wohnungen wieder bewohnbar, putzen penibel jeden noch so kleinen Blutspritzer von den Tapeten und das alles so korrekt und diskret wie möglich.

Doch Tatortreinigung scheint in Los Angeles ein hart umkämpftes Terrain zu sein. Web gerät schon bald zwischen die Fronten rivalisierender Tatortreinigungsunternehmen. Und als wäre das nicht schon genug, handelt er sich schnell weitere Schwierigkeiten ein. Schon bei seinem zweiten Auftrag verguckt Web sich in Soledad, die Tochter eines steinreichen Selbstmörders aus Malibu. Ihr zur Liebe fährt er dann auch auf eigene Faust des Nachts mit dem Reinigungswagen zu einem schäbigen Motel, wo seine Fähigkeiten als Tatortreiniger gefragt sind. Damit handelt Web sich allerdings noch viel größere Schwierigkeiten ein und so nimmt der Schlamassel seinen Lauf …

Von Haus aus ist Charlie Huston Drehbuchautor und das kann er auch bei seinen Romanen nie so ganz verbergen. Er pflegt einen Stil der schnellen Schnitte und hat eine sehr direkte und gradlinige Art zu Erzählen. Das resultiert wie von selbst in einem hohen Erzähltempo. Gepaart mit der Vorliebe von Hustons Protagonisten für eine rüde, vulgäre Ausdrucksweise ergibt das Ganze einen Stil, der, dank Hustons lakonischer Art zu Erzählen, ein wenig an Filme wie „Pulp Fiction“ denken lässt.

Es ist eben auch Hustons Hang zur Ironie, der seine Antihelden so sympathisch macht. Das funktionierte bei Hank Thompson schon wunderbar und auch mit Webster Goodhue funktioniert es prächtig. Web lümmelt eigentlich tagein tagaus auf dem Sofa in dem schmierigen Tattoostudio seines Freundes Chev herum, der immer wieder mittels kleiner Botengänge versucht, Web dazu zu animieren, mal den Hintern vom Sofa zu erheben – mit mäßigem Erfolg.

Web war vor seinem Sofa-Leben Lehrer, möchte diese Zeit aber lieber abhaken und vergessen. Für ihn gibt es kein Zurück mehr, aber da es sich ohne Geld schlecht lebt und man schließlich nicht ewig seine zugekiffte Mutter anschnorren kann, ergreift Web die Chance, die sich ihm durch Chevs Kumpel Po Sin bietet: Den Umstieg in eine gänzlich andere Branche.

Tatortreinigung ist eine Sparte, wie sie einfach wunderbar passend für einen echten Antihelden á la Charlie Huston ist. Ein Berufszweig, wie er eigentlich nur in den USA existieren kann. Wenn Po Sin und sein „Clean Team“ Gehirnmasse von Tapeten und Schränken kratzen, wirkt das so surreal wie in einem Film der Coen-Brüder. Charlie Hustons Romane haben die Angewohnheit, sich vor dem inneren Auge wie ein rasanter, schwarzhumoriger Kinofilm abzuspulen.

Die Geschichte, in die Web sich dank seines neuen Jobs verstrickt, gibt dem Plot einen Großteil seines Tempos. Web wird ohne viel eigenes Zutun in einen krummen Deal hinein gezogen, aus dem er nicht so leicht heraus kommt, ohne um irgendjemandes Leben fürchten zu müssen. Und so entwickelt sich eine rasante, nicht immer ganz unblutige Geschichte, die sich größtenteils spannend und temporeich liest und den Spannungsbogen bis zum Ende auf hohem Niveau hält, wenngleich Huston seinem Protagonisten diesmal eine längere Warmlaufphase gönnt, als beispielsweise noch in [„Der Prügelknabe“ 1469 .

Charlie Huston ist sicherlich nicht unbedingt ein Autor, der für seinen Tiefgang bekannt ist, aber er schreibt unterhaltsame, temporeiche Geschichten, die sich anfühlen wie Kinofilme. Auch „Das Clean Team“ reiht sich in die Reihe sympathischer Antihelden-Geschichten ein, die Huston mit der Hank-Thompson-Reihe angefangen hat, wenngleich „Das Clean Team“ im Vergleich zum Auftaktroman „Der Prügelknabe“ aus der Hank-Thompson-Reihe dann doch den Kürzeren zieht. „Der Prügelknabe“ und auch der Nachfolger [„Der Gejagte“ 1518 ist im Vergleich zu „Das Clean Team“ dann doch noch etwas rasanter und lässt auch Hustons Humor noch besser durchschimmern.

Bleibt unterm Strich ein durchaus guter Eindruck zurück. „Das Clean Team“ ist in jedem Fall ein unterhaltsamer, leicht schwarzhumorig angehauchter und sympathischer Antihelden-Roman. Dennoch wird der Eindruck dadurch etwas getrübt, dass man weiß, dass Huston es schon mal besser gemacht hat. Die drei Romane aus der Hank-Thompson-Reihe „Der Prügelknabe“, „Der Gejagte“ und [„Ein gefährlicher Mann“ 3142 legen die Latte auf jeden Fall sehr hoch und so schafft Huston es dann doch nicht ganz, das hohe Niveau seiner Vorgängerromane zu erreichen.

|Taschenbuch: 496 Seiten
ISBN-13: 978-3453407305
Originaltitel: |The Mystic Arts of Erasing all Signs|
Übersetzt von Alexander Wagner|
http://www.heyne.de/

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