Jary, Micaela – geheime Königin, Die

Religionsunruhen gehören zu den Dingen auf dieser Welt, die immer wieder die Nachrichten füllen. Allerdings denkt man beim Wort „Religionsunruhen“ heutzutage eher an den Islam. Dabei ist die Weste der Christen auch nicht gerade weiß.

Micaela Jarys historischer Roman „Die geheime Königin“ spielt im 16. Jahrhundert zur Zeit der großen französischen Unruhen zwischen Protestanten und Katholiken.

Die junge Protestantin Isabelle gehört zum Hofstaat von Diane de Poitiers, der Mätresse von König Henri, die er seit Jahren vergöttert und mehr an seinen Regierungsgeschäften beteiligt als Königin Catherine de Médicis. Es weiß allerdings niemand von der religiösen Gesinnung Isabelles, denn sie ist nicht die, die sie vorzugeben scheint. Als Spionin für die Protestanten versucht sie, Diane, die geheime Königin, auszuhorchen und verfolgt dabei noch einen eigenen Rachefeldzug. Schloss Chenonceau, wo Diane residiert, gehörte früher Isabelles Familie, die das Schloss durch einen intriganten Prozess an die Mätresse verlor.

Doch Isabelles Pläne zur Rache an Diane werden gestört, als sie den Hauptmann Gabriel de Montgommery kennen lernt und dem jungen, geschmeidigen Charmeur verfällt. Hin- und hergerissen zwischen ihrem Auftrag und ihrer Religion, versucht sie, ihm aus dem Weg zu gehen, doch er kommt ihr auf die Schliche …

Jarys Roman basiert auf realen historischen Ereignissen, allerdings hat sich die Autorin die Freiheit herausgenommen, diese an einigen Stellen etwas zu ändern. Gabriel de Montgommery zum Beispiel war in Wirklichkeit ein verheirateter Familienvater, doch Jary benutzt ihn als jungen, schneidigen Kavalier.

Gegen dieses Vorgehen ist an und für sich von Laienseite (ein Historiker mag das vielleicht anders sehen) aus nichts zu sagen. Trotzdem ist es kein Freibrief, um die Charaktere übertrieben schwülstig darzustellen, wie in diesem Fall geschehen. Der Klappentextzusatz „Ein packendes Liebesepos …“ wird dezent übererfüllt. Besonders die Figur der Isabelle trieft auf manchen Seiten geradezu vor Pathetik und romantischem Gehabe. Die Art und Weise, wie sie Gabriel verfällt, erinnert stellenweise stark an einen Groschenroman, und das trägt nicht gerade dazu bei, dass „Die geheime Königin“ sehr realistisch wirkt. Außerdem fragt man sich als Leser, wieso ausgerechnet diese junge Dame als Spionin ausgewählt wurde, wo sie doch in schöner Regelmäßigkeit in Ohnmacht fällt oder sich gefährlich verhaspelt. Warum sie trotzdem nicht entdeckt wird, ist wirklich ein Wunder.

Die historischen Tatsachen werden nicht nur anhand der Zeittabelle im Anhang aufgeführt, sondern direkt in die Geschichte eingebunden. Da Isabelle als Spionin arbeitet, hat sie ein eigenes Interesse an den Ereignissen, wie zum Beispiel der Verhaftung eines hohen Protestanten. Man kann also durchaus noch etwas lernen, wenn man „Die geheime Königin“ liest.

Die Handlung hat ohne Frage ihre Momente, besonders wenn nicht sicher ist, auf welcher Seite Gabriel de Montgommery nun eigentlich steht, aber genauso hat sie auch ihre Längen. Insgesamt fehlt es dem gesamten Roman an Spannung. Isabelles Seelenleben gibt leider auch nicht genug her, um diesen Makel auszugleichen. Die knapp 450 Seiten Buch werden dadurch stellenweise zu Quälerei, denn neben der Handlung und den Charakteren hat auch der Schreibstil nicht viel zu bieten.

„Die geheime Königin“ liest sich wie jeder andere durchschnittliche Historienroman auch. Trocken, ohne großartige Stilmittel, aber dafür mit einer Menge schwülstig-archaischer Ausdrücke, die das Lesen mehr verkomplizieren als es plastisch zu gestalten. Der Schreibstil sorgt insgesamt nicht für einen reibungslosen Verlauf der Geschichte, sondern ist im Gegenteil oft schuld daran, dass die Handlung sich zieht.

„Die geheime Königin“ ist ein wenig angestaubt, ein wenig langweilig und ein wenig schwülstig – also nicht gerade die beste Leseempfehlung.

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