Jeschke, Wolfgang; Bova, Ben (Hrsg.) – Titan-14

_Classic SF: Das Ende des Konsumterrors und andere heitere Anlässe_

Die Großen der Sciencefiction wird mit ihren Meisterwerken bereits in der sogenannten „Sciencefiction Hall of Fame“ verewigt, welche natürlich in Buchform veröffentlicht wurde (statt sie in Granit zu meißeln). Daher können Freunde dieses Genres noch heute die ersten und wichtigsten Errungenschaften in der Entwicklung eines Genres nachlesen und begutachten, das inzwischen die ganze Welt erobert und zahlreiche Medien durchdrungen hat.

In der vorliegenden Ausgabe des Auswahlbandes Nr. 14 von „Titan“, der deutschen Ausgabe der „SF Hall of Fame“, sind Novellen von Frederik Pohl, James H. Schmitz und Theodore Cogswell gesammelt.

Die Kriterien der deutschen Bände waren nicht Novität um jeden Preis, sondern vielmehr Qualität und bibliophile Rarität, denn TITAN sollte in der Heyne-Reihe „Science Fiction Classics“ erscheinen. Folglich konnten Erzählungen enthalten sein, die schon einmal in Deutschland woanders erschienen waren, aber zumeist nicht mehr greifbar waren. TITAN sollte nach dem Willen des deutschen Herausgebers Wolfgang Jeschke ausschließlich Erzählungen in ungekürzter Fassung und sorgfältiger Neuübersetzung enthalten. Mithin war TITAN von vornherein etwas für Sammler und Kenner, aber auch für alle, die Spaß an einer gut erzählten phantastischen Geschichte haben.

_Die Herausgeber _

1) Wolfgang Jeschke, geboren 1936 in Tetschen, Tschechei, wuchs in Asperg bei Ludwigsburg auf und studierte Anglistik, Germanistik sowie Philosophie in München. Nach Verlagsredaktionsjobs wurde er 1969-1971 Herausgeber der Reihe „Sciencefiction für Kenner“ im Kichtenberg Verlag, ab 1973 Mitherausgeber und ab 1977 alleiniger Herausgeber der bis 2001 einflussreichsten deutschen Sciencefiction-Reihe Deutschlands beim Heyne Verlag, München. Von 1977 bis 2001/02 gab er regelmäßig Anthologien – insgesamt über 400 – heraus, darunter die Einzigen mit gesamteuropäischen Autoren.

Seit 1955 veröffentlicht er eigene Arbeiten, die in ganz Europa übersetzt und z.T. für den Rundfunk bearbeitet wurden. Er schrieb mehrere Hörspiele, darunter „Sibyllen im Herkules oder Instant Biester“ (1986). Seine erster Roman ist „Der letzte Tag der Schöpfung“ (1981) befasst sich wie viele seiner Erzählungen mit Zeitreise und der Möglichkeit eines alternativen Geschichtsverlaufs. Sehr empfehlenswert ist auch die Novelle „Osiris Land“ (1982 und 1986). Eine seiner Storysammlungen trägt den Titel „Schlechte Nachrichten aus dem Vatikan“.

2) Ben Bova, Jahrgang 1932, ist schon über 70 und ein verdammt erfahrener Bursche. 1956 bis 1971 arbeitete er als technischer Redakteur für die NASA und ein Forschungslabor, bevor er die Nachfolge des bekanntesten Sciencefiction-Herausgebers aller Zeiten antreten durfte, die von John W. Campbell. Campbell war die Grundlage für das „Goldene Zeitalter der Scienc Ffiction“, indem er mit seinem Magazin „Analog Science Fiction“ jungen Autoren wie Asimov, Heinlein, van Vogt und anderen ein Forum gab. Hier entstand der „Foundation“-Zyklus und andere Future History-Zyklen.

Für seine Herausgeberschaft von Analog wurde Bova sechsmal (von 1973-79) mit einem der beiden wichtigsten Preise der Sciencefiction ausgezeichnet, dem Hugo Gernsback Award. Von 1978-82 gab er das Technik & Fiction-Magazin „Omni“ heraus. 1990-92 sprach er für alle Sciencefiction-Autoren Amerikas in seiner Eigenschaft als Präsident des Berufsvereinigung. Seit 1959 hat er eigene Bücher veröffentlicht, die sich oftmals an ein jugendliches Publikum richten, darunter die Kinsman- und Exiles-Zyklen.

Ebenso wie Robert Heinlein und Larry Niven ist Bova ein Verfechter der Idee, dass die Menschheit den Raum erobern muss, um überleben zu können. Und dies wird nur dann geschehen, wenn sich die Regierung zurückzieht und die Wirtschaft den Job übernimmt. Der Brite Stephen Baxter hat in seiner Multiversum-Trilogie diese Idee aufgegriffen und weiterentwickelt.

1992 begann Bova mit der Veröffentlichung seines bislang ehrgeizigsten Projekts: die Eroberung des Sonnensystems in möglichst detaillierter und doch abenteuerlicher Erzählform.

_Die Erzählungen_

_1) James H. Schmitz: „Die Hexen von Karres“ („The Witches of Karres“, 1949)_

Der Handelskapitän Pausert kommt von dem etwa provinziellen und sittenstrengen Planeten Nikkeldepain, aber wenn er mit seiner Handelsladung auf der imperialen Welt Porlumma Erfolg hat, darf er sich Hoffnungen machen, die Hand seiner Verlobten Illyla, der Tochter seines Geldgebers Rat Onswud, zu bekommen. Er sei denn, Rat Rapport, sein Rivale, käme ihm zuvor.

Da die Geschäfte auf Porlumma bestens gelaufen sind, begibt sich Pausert gutgelaunt vom Kneipenviertel zum Raumhaufen. Leider gerät er dabei in einige dunklen Seitengassen, wo sich sein Schicksal wandelt. Er gerät in den Streit zwischen Bäcker Bruth und seiner Sklavin Maleen. Weil sie wesentlich kleiner und schwächer aussieht, ergreift Pausert sofort für sie Partei und rettet sie vor dem Unhold. Das Gericht sieht die Sache jedoch etwas anders und will ihn zu Knast verdonnern. Es sei denn, er kaufe Maleen frei. Auch wenn ihn das einiges von seinem Gewinn kostet, lässt sich pausert das nicht zweimal sagen.

Maleen dankt ihm und besteht darauf, ihre beiden Schicksalsgenossinnen Goth und die Leewit freizukaufen. Erstaunlicherweise sind deren Besitzer froh, sie loszuwerden – gegen einen kleinen Obolus, versteht sich. Bevor Pausert nach Hause fliegen kann, will er die drei kinderartigen Mädchen zu ihrer Heimatwelt Karres zurückbringen. Denn Sklaven zu kaufen, ist auf Nikkeldepain streng verboten.

Auf dem Flug bemerkt er, dass sie über bemerkenswerte Fähigkeiten verfügen. Maleen hat die Gabe der Vorahnung und sieht (wieder mal Ärger) für Pausert voraus. Die Leewit kann durch Pfeifen jede Art von Kristall oder Getöpfertem zerspringen lassen. Goth schließlich teleportiert alles, was sie haben will. Zum Beispiel die Juwelen ihres Vorbesitzers ….

Zusammen bewerkstelligen die drei magiebegabten Mädchen, die von manchen als „Hexen“ bezeichnet werden, eine neue Art von Raumantrieb. Sie nennen das aus Draht und Magie gebaute Ding „Sheewash“. Es versetzt Pauserts alten Piratenjäger „Venture 7333“ auf einen Schlag um Lichtjahre weiter, verlangt der Hexe aber auch alle Körperenergie ab. Folglich futtern die drei Girls nach solch einem Stunt immer wie die Scheunendrescher.

Karres, von die Girls entführt wurden, ist eine grüne Welt voller Wälder und erstaunlich weniger Leute, findet Pausert. Aber Maleens Mutter empfängt ihn sehr freundlich und verköstigt ihn drei Wochen lang, die wie im Flug vergehen. Erst dann fällt ihm wieder ein, dass ja zu Hause eine Verlobte auf ihn wartet. Zum Abschied bekommt er jede Menge Kostbarkeiten geschenkt. Leider sind sie auf Nikkeldepain alle unverkäuflich, wie Pausert weiß.

Nikkeldepain ist so streng wie eh und je und schickt statt des Zollboots gleich die Cops. Mit an Bord des Polizeikreuzers sind aber auch Illyla, ihr Vater und der Rivale Rapport. Sechs Anklagen wegen diverser hat Pausert zu gewärtigen, doch das ist nicht das Schlimmste: Illyla hat gleich nach seiner Abreise den Rivalen geheiratet! Pausert zückt seine Pistole und jagt alle von Bord. Soll sie der Teufel holen!

Um den anderen Polizeikreuzern zu entgehen, ist allerdings der Sheewash-Antrieb nötig. Gut also, dass sich die kleine Hexe Goth an Bord teleportiert hat. Und sie hat eine große Bitte: Ihre Welt Karres ist verschwunden und muss dringend wiedergefunden werden. Außerdem werde sie in nur vier Jahren erwachsen und suche noch einen Mann …

|Mein Eindruck|

Der einzige Grund, warum Ben Bova diese Erzählung in die Ruhmeshalle der (amerikanischen) Sciencefiction aufgenommen haben kann, ist die Verbindung aus dem SF-Hintergrund der bemannten Raumfahrt und dem Fantasy-Hintergrund von magiebegabten Frauen, sogenannten Hexen. Die magischen Girls sind auch wirklich nett, neigen allerdings zu allerlei Schabernack. Und sobald sich der etwas provinzielle und verknöcherte Kapitän Pausert seiner Vorurteile gegenüber fremden Rassen entledigt hat, kommen die Mädels auch als Heiratskandidatinnen in Frage.

Alles andere jedoch ist völlig abgedroschen. Die Planetenabenteuer von Handelskapitänen sind ebenso Legion wie ihre Begegnungen mit exotischen Frauen, von denen die meisten die jeweils aktuellen Klischees erfüllen. Auch von Spannung lässt sich wenig finden, jedenfalls nicht im heutigen Sinne. Die exotischen Abenteuer der Pulp Fiction verlangen nach Raumgefechten, diversen Diebstählen und einem Entkommen in letzter Sekunde.

Für die fremde Welt Karres, wo sich der Erdling wie selbstverständlich besten Klimas erfreut (als müssten alle Welten erdähnlich sein), hat sich kein spannender Plot finden lassen, etwa eine Jagd auf Großraubtiere, bei der sich der Held hätte bewähren können. Stattdessen trinkt er Tee, raucht Pfeife und liest ein Buch über die „alte Jerde“. Gerade so, als mache er Urlaub in der Südsee, sodass nur noch die Hula-Mädchen fehlen.

In der Tat: Das einzige Element, das der Story Würze verleiht, sind die Gegensätze zwischen der puritanischen Provinz Nikkeldepain, die für die Nachkriegs-USA steht, und die Exotik, für die Karres und seine magiebegabten Bewohnerinnen stehen. Nachträglich liefert der Autor noch einen Grund, warum sich der Held, ein wahrer Jedermann, für Karres entscheidet: Sein Großonkel Threbus ist der Vater von Goth. Folglich sind er und das Mädel seines Herzens sogar verwandt!

Die Romanfassung von „Die Hexen von Karres“ erschien 1966 und ist wie die Story eine Space Opera. Zum Glück hat Schmitz mehrfach Psi- und magiebegabte Frauen als Protagonistinnen verwendet und so die SF der sechziger Jahre wirklich weitergebracht.

_2) Frederik Pohl: „Die Midas-Seuche“ („The Midas Plague“, 1954)_

Morey Fry heiratet Cherry, die Tochter von Richter Elon, der vier Klassen über ihm steht, und ist verständlicherweise selig. Zumindest bis zu dem Tag, an dem sie sich tränenreich beschwert, dass ihr all der Konsum zuviel ist. „Können wir nicht einfach zu Hause einen schönen Abend verbringen, statt in die Oper zu gehen, Liebling?“ Morey wird angst und bange, denn mit dieser Einstellung kämen sie in Teufels Küche – und in eine noch tiefere Klasse! Wie sollen sie denn ihre Konsumrationierungsmarken aufbrauchen, wenn nicht durch fleißiges Konsumieren? All die guten Dinge, die die Roboter herstellen, müssen doch auch verbraucht werden, oder? Und dann ist da noch der Konsumrationierungsausschuss (KRA), der darüber wacht, dass auch jeder genügend – seiner Klasse entsprechend – konsumiert.

Doch das noch fleißigere Essen hilft nichts – er bekommt einen Anpfiff von seinem Chef, dem der KRA seine Bemängelung von Moreys Konsumverhalten schon mitgeteilt hat. Morey muss sich etwas einfallen lassen. Aber er will auch nicht auf die schiefe Bahn geraten und irgendwelche gefälschten Rationierungsmarken kaufen oder so. Gute Güte! Als Cherry dies aus Barmherzigkeit tut, wird er richtig wütend.

Zum Glück gerät er – eher unfreiwillig – in die Bar, wo die Bigelows ihn darüber aufklären, dass die Roboter nichts Gutes seien, sondern den Menschen die Arbeit wegnähmen. Morey findet das Ehepaar Bigelow etwas exzentrisch, aber mit jedem Drink, den er auf Kosten ihres Rationsmarkenhefts trinkt, sympathischer. Schließlich ist er derartig abgefüllt, dass er nicht mehr weiß, wie er nach Hause gekommen ist und was er dort gemacht hat.

Wenige Tage später bekommt er ein Lob von seinem Chef: Morey wird in die Top-Klasse befördert und kann sich nun endlich ein kleineres Haus leisten. Cherry ist außer sich vor Freude und Stolz auf ihn, aber er weiß nicht so recht, womit er das verdient hat. Erst als ihm sein Leibdiener Henry berichtet, dass der Schnaps ausgegangen sei, schwant ihm, dass in seinem eigenen Haus etwas nicht ganz in Ordnung ist …

|Mein Eindruck|

Der frühere Kommunist Pohl schildert in seiner humorvollen Satire eine Konsumgesellschaft, in der das Vorrecht auf Konsum und Luxus, wie es in den 1950er Jahren in den USA entstand, in sein Gegenteil verkehrt worden ist: in Konsumzwang und -terror. Die Menschen haben das Recht zu arbeiten erst zu erwerben, denn alle Arbeit wird schließlich von Robotern erledigt, ebenso jede Art von Produktion. Die Ressourcen der Erde werden dafür restlos ausgebeutet.

Damit die Produktion überhaupt sinnvoll erscheint, muss am anderen Ende der Versorgungslinie entsprechend viel konsumiert werden. So lautet zumindest die verquere Logik der herrschenden Klasse – die durchaus einiges für sich hat, wenn man sich den Sinn und Zweck von Werbung und Vermarktung näher anschaut.

Moreys im Suff begangene „revolutionäre Heldentat“ besteht nun darin, die Roboter in seinem Heim auch gleich zu den Konsumenten gemacht zu haben. So ist der Kreislauf geschlossen: Roboter produzieren und konsumieren, während sich die Menschen zufrieden zurücklehnen können: Wenn sie etwas brauchen sollten, dann leisten sie sich nur, was sie benötigen. Cherry ist wieder happy und Morey ist der Held des neuen Zeitalters. „Ach wie gut, dass niemand weiß“, dass ihm die Idee dazu im Suff gekommen ist.

_3) Theodore Cogswell: „Der Generalinspekteur kommt“ („The Spectre General“, 1952)_

Das alte kaiserliche Sternenreich ist inzwischen vom Galaktischen Protektorat abgelöst worden, aber dieser Wandel hat sich noch nicht bis zum 427. Instandhaltungsbataillon herumgesprochen. Hier sind 5000 ausgebildete Techniker, die keinerlei Maschinen haben und den Pflug selbst ziehen müssen. Ausgestattet mit Kopfschmuck, Kriegsbemalung und Tomahawk geben sie dennoch ein schmuckes Bild ab.

Kurt Dixon wurde soeben von Oberst Harris zum Leutnant ernannt, als er sich auch schon vor Oberst Blick, der Oberst Harris kurzerhand absetzt, verstecken muss. In der alten Waffenkammer findet er das optimale Versteck: einen gepanzerten Raumanzug. Allerdings kriegt er ihn nicht mehr auf und drückt die falschen Knöpfe – ab geht die Post!

Ein Aufklärer des Protektorats fischt ihn 600.000 km über der Planetenoberfläche auf. Der Aufklärer sucht eigentlich einen abtrünnigen Kommandanten, doch seine Maschinen versagen der Reihe nach, weil niemand auf seinem Stützpunkt noch die nötigen technischen Kenntnisse besitzt. Als nun der Techniker Kurt Dixon an Bord kommt, gibt es für ihn jede Menge an Bord zu tun. Der Pilot beschließt, dass er sich diesen Wunderknaben nicht so schnell wieder abluchsen lässt, und bringt ihn zum Flottenkommandanten Krogson.

Wie der kleine Aufklärer hat auch die Flotte ihre besten Tage längst hinter sich. Die Dechiffriermaschine pfeift auf dem letzten Loch, und die Feuerleitzentrale gehorcht nicht mehr. Auch hier sieht Dixon, dass es für ihn eine Menge zu tun gibt. Als ihm Krogson erlaubt, die Feuerleitzentrale zu reparieren, tut er dies so, dass ein Tastendruck genügt, damit die Flotte sich selbst in die Luft sprengt. Kein Schlachtschiff soll sein Bataillon vernichten!

Er verlangt Oberst Harris zu sprechen, und nach einer Weile kann dieser mit Dixon und Krogson sprechen. Da Angriff keine Option mehr für die Flotte ist, könnten die Mannschaften doch landen, oder? Leider nein, meint Harrris, denn er könnte 50.000 Mann weder verköstigen noch ihnen trauen. Da kommt die Nachricht von einem Putsch auf der Zentralwelt des Protektorats: Krogson werde jetzt per Haftbefehl gesucht. Es gibt also kein Zurück.

Aber es gibt wieder eine Zukunft für die Flotte – wenn sie sich dem Kaiserreich anschließt. Und so kommt es, dass Krogson als Generalinspekteur der Kaiserlichen Raumflotte auf dem Stützpunkt des 427. Bataillons landet. Und wer weiß, wohin ihn sein Weg noch führen könnte?

|Mein Eindruck|

Diese Novelle war Cogwells erste Veröffentlichung im SF-Genre und gleich ein Erfolg. Da er im Spanischen Bürgerkrieg sowie im 2. Weltkrieg beim Militär war, kannte er sich bestens mit den Narrheiten in den Rängen des Barras aus. Die Offiziere sehen auf die Soldaten herab und sägen einander am jeweiligen Stuhl. Dabei haben sie keinen blassen Schimmer von Technik, sondern sind auf die entsprechenden Soldaten angewiesen.

Andererseits zeigt die humorvolle Erzählung, dass sich die Geschichte gewissermaßen in Zyklen bewegt. Das Kaiserreich ist tot, aber nicht ganz. Doch das Protektorat liegt bereits in den letzten Zügen, weil sich die Kommandanten untereinander bekämpfen. lang lebe also das Kaiserreich – zumindest bis zum nächsten Zyklus.

Ein paar nette Details unterfüttern die Parodie. Da sind die indianische Aufmachung der imperialen Techniker, komplett Tomahawks für die Duelle. Man kann sie keineswegs ernstnehmen. Aber auch die Leute vom Protektorat sind Pappkameraden. Diese Sowjetmenschen mögen über die großen Kanonen verfügen, doch ihre eigene bürokratische Befehlsstruktur wird ihnen zum Verhängnis. Erst wenn sich die Kaiserlichen mit den verbannten Protektoratsleuten zusammentun, wird eine dritte Macht geschaffen, der die Zukunft gehört.

_Die Übersetzung _

Ich konnte keine Druckfehler finden. Das belegt den hohen Qualitätsanspruch, den der Herausgeber Wolfgang Jeschke mit dieser Reihe einzulösen versuchte. Aber wie so häufig bei diesen frühen Übersetzungen wird der Begriff „Radio“ einfach mit „Funk“ und „Funkgerät“ gleichgesetzt. Es handelt sich also nicht um einen Funkempfänger, sondern stets auch um einen Sender – oder gleich um die ganze Funktechnik.

_Unterm Strich_

In erstaunlicher Einhelligkeit ziehen die drei Novellen auf humorvolle Weise diverse Phänomene durch den Kakao. Man ist versucht, von einem Fun & Play-Auswahlband zu sprechen – ein würdiger Abschluss des zweiten Hall-of-Fame-Bandes.

Da wären zunächst die drei jungen, unartigen Hexen, die den braven Handelskapitän zu einem recht unbürgerlichen Sinnes- und Lebenswandel verhelfen. Während er sein puritanisch-engstirniges Zuhause (und die einstige Verlobte) zurücklässt, lässt er sich auf dem idyllisch-magischen Planeten der Magie nieder. Wer da nicht gleich an „Avatar“ erinnert wird, der kennt die amerikanische Seele nicht. Die Sehnsucht nach Magie, Wildnis und Entdeckung ist so stark wie eh und je. Bemerkenswert ist die dominante Rolle der Frauen in diesem Szenario.

In Fred Pohls Satire auf die Konsumgesellschaft wird der Konsumterror, der in den 1950er Jahren entstand und durch das Fernsehen geschürt wurde, auf die Schippe genommen. Gleichzeitig bietet der kommunistische Autor eine satirische Lösung des Problems an: Die Werktätigen dürfen bzw. müssen die Früchte ihrer Produktivkraft selbst genießen. Frei nach Marx.

Die dritte Novelle nimmt die närrischen Gepflogenheiten des Militärs auf die Schippe, zeigt aber auch auf, wie zyklisch und selbstzerstörerisch die vom Militär bestimmte Geschichtsepoche ist. Klarer Fall: Wer nichts produziert, sondern nur verbraucht, wird irgendwann selbst sein eigenes Opfer – die Maschinen fallen auseinander. Dabei sind die technisch fortschrittlichen Kaiserlichen alles andere als ein Vorbild: Mangels Maschinen müssen die Hochgebildeten selbst den Pflug ziehen.

Dass diese Parodien und Satiren heute nur noch ein müdes Lächeln hervorrufen dürften, liegt auf der Hand. Deshalb bieten sie vor allem dem Kenner des Genres, seinen Traditionen und Klischees ein besonderes Vergnügen. Hier wurden seinerzeit Klischees und Tabus gebrochen. Doch wenn die „Ruhmeshalle der SF“ nur aus solchen Storys bestünde, wäre es schlecht um sie bestellt.

|Taschenbuch: 173 Seiten
Originaltitel: Science Fiction Hall of Fame Band 2B, 1973
Aus dem US-Englischen von Heinz Nagel|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

_Die |Titan|-Reihe bei Buchwurm.info:_
[„Titan-1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4724
[„Titan-2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7346
[„Titan-3“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7347
[„Titan-4“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7086
[„Titan-5“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7087
[„Titan-6“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4327
[„Titan-7“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4486
[„Titan-8“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3747
[„Titan-9“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4274
[„Titan-10“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3687
[„Titan-11“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4509
[„Titan-12“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538
[„Titan-13“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538
[„Titan-14“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7348
[„Titan-15“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538
[„Titan-16“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538
[„Titan-18“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538
[„Titan-19“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538
[„Titan-20“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538

Schreibe einen Kommentar