King, Stephen – dunkle Turm, Der (Graphic Novel – Band 1)

Stephen Kings monumentale Western-Endzeit-Saga „Der dunkle Turm“ ist nicht nur das ambitionierteste Werk des renommierten Horror-Autors, sondern auch eines der umfangreichsten Epen, die der moderne Fantasy-Markt je zu Gesicht bekommen hat. Ganze 34 Jahre verbrachte King damit, die sieben Bände fertigzustellen und die sehr komplexe Story reifen und gedeihen zu lassen. Mit dem Abschluss der Serie im Jahr 2004 schien er schließlich eine Jahrhundertaufgabe bewältigt zu haben, von der in der Folge noch oftmals die Rede sein sollte.

Das Potenzial von „Der dunkle Turm“ schien damit jedoch noch lange nicht erschöpft: unter anderem maachte sich auch der Comic-Markt an der Saga zu schaffen und versuchte aus dem Grundstock der Story noch mehr herauszuholen. Gemeinsam mit Peter David, Robin Furth, Jae Lee und Richard Isanove erarbeitete King schließlich eine Art Prolog zu seinem Meisterstück, der schlicht und einfach unter dem Hauptbanner „Der dunkle Turm“ veröffentlicht wird.

_Story:_

Das Schicksal von Roland Deschain ist in jenem Moment besiegelt, als er sich dazu entschließt, seinen Ausbilder herauszufordern und den Werdegang zum Revolvermann zu beschleunigen. Mit Geschick und Cleverness überlistet die junge Kämpfernatur den Nahkampfspezialisten und befreit damit auch seine engsten Freunde Cuthbert und Alain, mit denen er fortan durch die Baronie Majis reist, um für Recht und Ordnung zu sorgen.
Mit dem Segen seines Vaters begibt er sich auf die Suche nach den Gegenspielern des Bundes, die im Auftrag des intriganten Farson eine neue Revolte anzetteln wollen. Doch der angeblich gute Mann ist heimtückisch und schlecht und greift kompromisslos durch, wenn es um die bevorstehende Invasion seiner Kriegsmaschinerie geht. Derweil wird auch Roland von der Liebe geschwächt; als er eines Tages eher zufällig die hübsche Susan Delgado trifft, ist es um ihn geschehen. Doch das Mädchen ist dem Bürgermeister versprochen und soll in einer der nächsten Mondnächte von ihm entjungfert werden. Als Roland und seine Begleiter die Sache untersuchen, machen sie sich zu Feinden der Sheriffs und landen auf der Fahndungsliste an oberster Stelle. Doch Roland kennt keine Furcht: Ungeachtet der Hetzjagd, die um ihn und seine Freunde betrieben wird, kämpft er für seine Liebe und schwört, die verschwörerischen Pläne von Farson und dessen rechter Hand Martin, der einst seine Mutter verführte, zu durchkreuzen und ihrem Leben ein Ende zu bereiten …

_Persönlicher Eindruck:_

Einen Comic zu einer so komplexen Story, wie sie „Der dunkle Turm“ nun mal bietet, zu erstellen, ist mitunter ein riskantes Unterfangen: Setzt man nun voraus, dass der Freund der illustrierten Kunst Kings Original bereits kennt? Oder kann man völlig unvoreingenommen in die Welt von Roland Deschain eintauchen und dennoch uneingeschränkt genießen, was die Comic-Variante als Alternative zu den sieben Episoden des Kultwerkes bietet?

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, da es zweifelsohne einfacher ist, die Zusammenhänge zu verstehen, wenn man die Romanserie bereits verschlungen hat. Gerade dem Setting und den einzelnen Hintergründen zu Figuren wie Farson und auch Roland kann man definitiv besser folgen, wenn die Zuständigkeiten und Positionen geklärt sind, bevor man sich an die vermeintliche Vorgeschichte heranwagt. Andererseits wird man nicht zu tief ins kalte Wasser geschmissen, wenn man ohne Vorerfahrung in die Geschichte stürzt. Das Autorenteam gibt dem Leser genügend Zeit, sich mit der Umgebung und den wichtigsten Figuren vertraut zu machen, steigert schließlich das Tempo, verirrt sich aber niemals in Teilabschnitten, die einer näheren Erklärung bedürften – selbst wenn vor allem die Kapitel vier und fünf (von insgesamt sieben) etwas verzwickt sind und stellenweise auch von einer schwer vermeidbaren Hektik überlagert werden.

Die Story selber bleibt indes geheimnisvoll und wird von einer schwer greifbaren Spannung angetrieben. Es ist stellenweise kaum möglich, den Kern zu greifen, da sich die Geschichte immer wieder zu neuen Schwerpunkten verlagert und der übergeordnete Kampf zwischen Roland und Co. auf der einen und Farson und seinen Gefährten auf der anderen Seite immer wieder zugunsten der Abhandlung sehr fokussiert abgearbeiteter Nebenschauplätze weichen muss. Zudem erscheinen immer neue Figuren auf dem Tablett, werden hier eiskalt serviert, können aber über ihren Abgang noch nicht viel aussagen. Man kann lediglich ihre Motive abschätzen, jedoch nicht genau festlegen, welche Rolle sie in der weiteren Handlung noch einnehmen werden. Kings Comic-Team springt sehr häufig zwischen den Szenarien, lässt den Leser im Dunkeln tappen, gibt ihm aber dennoch das Gefühl, die absolute Kontrolle über den Plot zu gewinnen. Und genau mit diesem Wissen blättert man von Seite zu Seite, wartet auf neue Mysterien, wird stetig von unverhofften Entwicklungen überrascht, lernt aber erst auf den letzten Seiten, wie und wo man alles einzuordnen und zu sortieren hat.

Insofern steht die Comic-Ausgabe dem Original in gar nichts nach, selbst wenn die Komplexität hier nicht ganz so dominant auf die Story übergreift wie in der Romanvorlage. Doch was Spannung, Darstellung und Präsentation betrifft – wo zum Beispiel hat man sonst schon einmal einen so ironischen Erzähler erlebt – wird die Einzigartigkeit von „Der dunkle Turm“ auch in der illustrierten Fassung adaptiert und die Faszination bewahrt, die das teils verstörende Epos im Original auszeichnet. Zwar sei empfohlen, die sieben Bücher zunächst zu lesen, bevor man sich an die Nachwehen begibt. Doch auch als Einzelband und unabhängige Story ist das hier besprochene Werk dringend zu empfehlen – wenn nicht zuletzt in umgekehrter Form als Appetizer für das große Ganze!

|Softcover: 240 Seiten
Originaltitel: Dark Tower: The Gunslinger Born
Text: Robin Furth, Peter David
Zeichnungen: Jae Lee, Richard Isanove
ISBN-13: 978-3453265783|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

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