Kizer, Amber – Meridian 2 – Flüsternde Seelen

_|Meridian|:_

Band 1: [„Meridian – Dunkle Umarmung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5877
Band 2: _“Flüsternde Seele“_

_Das Dunklebarger-Sanatorium_ ist so eine Art letzte Station für alte Menschen ohne Angehörige. Außerdem aber ist es auch noch so etwas wie ein Waisenhaus. Juliet ist mit ihren fast sechzehn Jahren das älteste der Kinder dort und kümmert sich so ziemlich um alles: ums Waschen und Kochen, um die alten Leute und die kleineren Kinder. Das wäre ja noch nicht einmal so schlimm, wenn die Heimleiterin nicht so eine boshafte Frau wäre …

_Da ist sie also,_ die Fortsetzung, mit der ich schon am Ende des letzten Bandes gerechnet hatte. Diesmal muß sich Meridian die Hauptrolle mit Juliet teilen.

Juliet zeichnet sich vor allem durch enorme innere Stärke aus. Obwohl sie für sich selbst keine Hoffnung mehr hat, tut sie alles, um diese den jüngeren Kindern zu erhalten: sie erzählt ihnen Geschichten, tröstet und beschützt sie, so gut sie kann.

Leider ist die Heimleiterin eine derart bösartige Person, daß es schon übertrieben wirkt, zumal man von ihren Gedanken und Motiven überhaupt nichts erfährt. Es wird lediglich festgestellt, sie sei gierig, aber das allein kann es nicht gewesen sein, denn Gier läßt sich auch ohne Sadismus befriedigen.

Meridian und Tens versuchen, Juliet zu helfen. Das ist aber nicht ganz einfach, denn zum einen weiß Juliet nichts über Fenestrae und deren Kampf gegen die Aternocti, und zum anderen hat auch Meridian in der kurzen Zeit längst nicht alles gelernt, was sie als Fenestrae wissen müßte. Und dann haben Meridian und Tens auch noch mit ihrer recht jungen Beziehung zu kämpfen.

Am Ende blieb die Charakterzeichnung eher durchwachsen. Juliet war in ihrer Verzweiflung sehr gut getroffen, und auch Meridians und Tens private Schwierigkeiten sind recht glaubhaft geraten, obwohl ich sie in der vorliegenden Ausführlichkeit nicht unbedingt gebraucht hätte. Die Heimleiterin konnte ich allerdings nicht ganz ernst nehmen, eine so extrem gezeichnete Person konnte eigentlich nur eine Ablenkung für den tatsächlichen Bösewicht sein. Manchmal ist weniger eben doch mehr.

Auch die Handlung als solche mutet beinahe märchenhaft an, so stark ist sie überzeichnet. Wie kommt es, daß Juliet nahezu zehn Jahre lang unauffindbar war, obwohl ihr Adoptivvater nach ihr gesucht hat? Außerdem war sie nicht das einzige Kind, das einfach verschwand. Einer Sozialarbeiterin ist das sogar aufgefallen. Warum also gibt es diesbezüglich keine polizeilichen Ermittlungen? Und was ist mit den Angestellten des Sanatoriums geschehen, die mißtrauisch geworden waren? Darüber schweigt die Autorin sich aus, was nicht schwierig ist, da dieser Part aus Juliets Sicht erzählt wird, und diese es schlicht nicht weiß. Hier treffen so viele Unwahrscheinlichkeiten zusammen, daß eine Verschwörungstheorie nötig wäre, um sie alle plausibel zu machen.

Enttäuscht war ich auch vom Showdown. Da ist von einem Plan die Rede, letztlich bestand dieser aber offenbar bloß darin, daß Juliets Verbündete sich zunächst versteckt halten, um dann der Reihe nach aufzutauchen und sich neben sie zu stellen. Unter einem Plan verstehe ich eigentlich etwas Aufwändigeres. Außerdem hätte ich wesentlich stärkere Bemühungen in Bezug auf Juliets Freund Kirian erwartet. Wenn sich eine Schlinge nicht lösen läßt, könnte man sie ja vielleicht auch abtrennen, auf die verschiedensten Arten. Aber nichts dergleichen.

_So bleibt unterm Strich_ eigentlich nicht mehr allzu viel übrig außer der gelungenen Charakterzeichnung der Hauptfiguren und der bedrückenden Atmosphäre im Sanatorium, die Amber Kizer hervorragend herausgearbeitet hat. Da sich die Erzählsicht so stark auf Meridian und Juliet konzentriert, ist alles, was unmittelbar mit ihnen zu tun hat, ebenfalls gut gelungen. Dafür wurden Nebencharaktere wie die Heimleiterin, aber auch Rumi und Joi so stark an den Rand gedrängt, daß sie nur oberflächlich beschrieben sind und dadurch unecht wirken: die Gutmenschen und ihr Gegenteil. Diese Klischeehaftigkeit hat der Geschichte genauso geschadet wie die extrem unwahrscheinlichen Grundvoraussetzungen, auf denen Juliets Situation und damit auch die gesamte Handlung aufgebaut sind. Schade. Wäre es der Autorin gelungen, ein glaubwürdigeres Szenario für ihre Figuren zu entwerfen, und hätte sie auch ihren Nebenfiguren etwas mehr Aufmerksamkeit gegönnt, hätte das ein richtig gutes Buch werden können.

Amber Kizer schreibt seit neun Jahren. Außer den beiden Bänden ihres Zyklus |Meridian| schreibt sie an einem weiteren Zyklus, der inzwischen ebenfalls zwei Bände umfaßt. Derzeit arbeitet sie an einem Einzelroman, der im Frühjahr 2012 erscheinen soll. Zu ihren Hobbies gehören Rosen und Kuchen Backen. Sie lebt mit zwei Hunden, zwei Katzen und einer Schar Hühner in der Nähe von Seattle.

|Taschenbuch: 425 Seiten
Originaltitel: Meridian – Wildcat Fireflies
Deutsch von Karin Dufner
ISBN-13: 978-3-426-28365-3|
[www.pan-verlag.de]http://www.pan-verlag.de
[www.amberkizer.com]http://www.amberkizer.com

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