John Norman – The Chieftain. Day of the Dog (The Telnarian Histories 1)

Alternative Geschichte? Germanen und Vandalen attackieren das Römische Reich

Die Trilogie der Telnariarischen Historien wird von einem Historiker erzählt, der auf ungezählte Quellen zurückgreift, um einen großen Wendepunkt in der Geschichte des intergalaktischen Imperiums von Telnaria zu beschreiben. Dabei will er sich eines Urteils und einer Meinung strikt enthalten.

Die Story dreht sich um den Aufstieg eines zunächst namenlosen Barbaren, der erst Gladiator („Dog“) und dann Häuptling eines Stammes wird: Otto. Allerdings wird er bei seinem Aufstieg erst von einer Frau verraten und dann von einem anderen Häuptling, der unter der Fuchtel einer anderen Frau steht.

Der Autor

In seinem bis dato 35 Bände umfassenden Gor-Zyklus erzählt der amerikanische College-Professor John Norman (er heißt eigentlich John Lange, ist verheiratet und hat drei Kinder) die Abenteuer von Menschen auf der Welt Gor, einem Planeten, der sich in seiner Umlaufbahn um unsere Sonne der Erde genau gegenüber befindet. Gor ist somit eine Art Zwillingswelt, allerdings weitaus wilder, altertümlicher, wenig erforscht und von zwei Alienspezies umkämpft, den auf Gor im Verborgenen herrschenden Priesterkönigen und den sie bedrängenden Kurii. Raumschiffe der Priesterkönige verkehren zwischen Erde und Gor: Sie bringen geheime Technik, Gold und entführte junge Damen auf die Gegenerde.

Die Telnarischen Historien hingegen haben nichts mit Gor zu tun, außer dass es hier ebenfalls Barbaren und schöne Sklavinnen gibt. Außerdem gibt es hier ein Galaxien umspannendes Imperium, das wie jenes von Ar um seinen Fortbestand ringt. Science Fiction trifft Fantasy.

Die erweiterte Trilogie:

The Chieftain (1991)
The Captain (1992)
The King (1993)
The Usurper (2015)
The Emperor (2019)

Handlung

Durch einen unwahrscheinlichen Zwischenfall wird das Leben der Hauptfigur gerettet. Ein Krieger des Volkes, das die Mutter des Babys zusammen mit vielen Stammesangehörigen gefangengenommen hat, erbarmt sich des in der Wildnis liegen gelassenen Neugeborenen, statt es den Geiern und Wölfen zu überlassen. Der Grund ist unklar und wird nie ganz eindeutig benannt. Dafür werden die Folgen vom Chronisten dieser Historie umso genauer beschrieben.

Nachdem er seinen besten Freund Gathor im Streit um eine Frau in Notwehr erschlagen hat, muss Dog das Festungsdorf Sim Giadini auf der Welt Tangara verlassen (es wird in Band 4 eine Rolle spielen). Er ist für seinen Jähzorn bekannt, aber auch für seine körperliche Stärke, und hat schon einige Frauen kennengelernt.In der Provinzhauptstadt des Planeten Terennia gerät wieder in Schwierigkeiten, als er, statt die andere Wange hinzuhalten, die Betrüger tötet, die ihn ausrauben wollen.

Das falsche Urteil

Dummerweise finden es die Behörden Terennias überhaupt nicht witzig, wenn ein Mann Stärke zeigt. Sie hängen nämlich der Doktrin der Gleichheit von Mann und Frau an. Will heißen: Frauen ziehen sich wie Männer an, um nicht ihre Geschlechtsmerkmale zu zeigen, und Männer geben vor, den Unterschied zwischen Männlein und Weiblein nicht zu kennen. Ein muskelbepackter Mörder aus der Wildnis ist daher keineswegs willkommen. Die Richterin stellt ihn vor eine ausweglose Wahl, statt diese lebende Gefahr fortbestehen zu lassen. Doch zu ihrer Überraschung wählt Dog nicht die Kastration, sondern lieber den Tod in der Arena.

In der Arena laufen die Dinge allerdings nicht wie vorgesehen ab. Zwar sind mehrere Eunuchen mit Sumoringerstatur damit beschäftigt, Zwerge und Christen-ähnliche Sektenanhänger zu köpfen, doch Dog spart man sich zum Schluss auf – ein Fehler, wie sich zeigt. Es gelingt ihm nämlich, seine Fesseln zu sprengen und seine Widersacher zu besiegen, sogar ausgebildete Gladiatoren. Der anwesende Besitzer einer Gladiatorenschule setzt sich für sein Leben ein und nimmt Dog in die Ausbildung.

Im Weltraum

Die Tochter jener Richterin auf Terennia befindet sich Monate später an Bord des Vergnügungsschiffes von Pulendius, des Besitzers der Gladiatorenschule, in der Dog seine Ausbildung vervollkommnet hat. Dog ist jetzt in der Leibwache von Pulendius und somit bei dessen Abendessen zugegen. Ein Blick auf die Gerichtsbeamtin, die bildschön und heute aufreizend gekleidet ist, und sein Hass erwacht wieder.

Das entgeht auch der jungen Frau nicht, die sich eigentlich auf dem Weg zu einer Welt des Imperiums befindet, um einen Finanzbeamten zu heiraten – eine arrangierte Heirat, die ihrer Familie mehr Einfluss verschaffen soll. Denn diese Familie rühmt sich kaiserlichen Blutes, und die junge Frau bildet sich wunder was darauf ein. Und jetzt wird sie von einem niederen Gladiatoren mit Blicken ausgezogen – unglaublich! Sie verleiht ihrer Empörung Ausdruck, doch Pulendius und seine Gäste haben für solchen Aufstand nur Heiterkeit übrig. Sie wissen, dass im Grunde alle Frauen nur eine Sehnsucht haben: sich zu Füßen eines Mannes als Sklavin behandelt zu sehen.

Sie hätte es besser wissen sollen, als den Gladiator – es ist natürlich Dog – wiedersehen zu wollen. Statt dessen begibt sie sich in Hangar 19 des Schiffes, wo in einer kleinen Arena ein Zweikampf veranstaltet wird. Dog tritt auf Pulendius‘ Geheiß gegen einen Feind des Imperiums an. Der Barbarenkönig Ortog wurde mit Hilfe von Verrätern auf der Welt Tinos gefangengenommen. Das ist ein Glücksfall, denn Ortogs Gefolgsleute sind Raumpiraten, die schon mehrfach imperiale Schiffe und Überfälle auf imperiale Welten ausgeführt haben.

Raumpiraten

Doch zu Pulendius’ und der anwesenden Reichsoffiziere Überraschung weigert sich Dog, dem unterlegenen Ortog den Todesstoß zu versetzen. Doch ein ranghoher Marineoffizier kann Ortog den Gnadenschuss nicht versetzen, weil das Schiff, die „Alaria“, eine plötzliche Kurskorrektur vornimmt: Sie befindet sich im Gefecht mit Ortog-Raumpiraten. Nach einen direkten Treffer fallen die Lichter aus, und als sie wieder angehen, ist Ortog verschwunden. Die junge Gerichtsbeamtin bringt sich eilends in Sicherheit.

Die Raumpiraten brauchen drei Tage, um die Widerstandsnester auf der „Alaria“ völlig zu besiegen. Doch schon vorher machen sich bei der jungen Gerichtsbeamtin Hunger und Durst schmerzhaft bemerkbar. Sämtliche Systeme zur Lebenserhaltung sind ausgefallen, und die Eroberer brauchen die Flüchtenden und Dürstenden nur noch einzusammeln. Die Gerichtsbeamtin entgeht den Durchsuchungen um Haaresbreite, doch fällt sie auf ihrer Nahrungssuche fast den Sklavenjägern der Eroberer in die Hände. Vormals freie Frauen betteln nun nackt auf Händen und Knien um ein bisschen Essen. Sie ist entsetzt, aber zu allem entschlossen.

Statt dessen gelingt es Dog, die Gerichtsbeamtin gefangenzunehmen und in sein Versteck zu schleppen. Dort hat er bereits eine Sklavin namens Janina und Gerune, eine Prinzessin der Otungen, gefangen. Mit einem genialen Plan – Janina ist als Prinzessin verkleidet und Gerune stolpert nackt vor den Eroberern durch die Gänge – schlagen sie sich nach Hangar 19 durch. Dort kommt es zu einem üblen Gerangel, um an die letzten zwei Rettungskapseln heranzukommen.

Auf der Waldwelt

Die Gerichtsbeamtin verrät Dog und entkommt mit jenem Marineoffizier, der Ortog töten wollte. Dog entkommt mit Janina, die Gerunes Gewänder trägt. In der Wildnis der Welt Varna werden sie von einem Stamm Waldbewohner gefangengenommen, der den Otungen tributpflichtig ist und schwer darunter leidet. Dog bietet den Wolfungen an, ihr Häuptling (siehe Titel!) zu sein. Obwohl die Otungen das verboten haben, nehmen die Wolfungen das Angebot an. Dog hat offensichtlich einen Plan.

Auch die Gerichtsbeamtin und der Marineoffizier schaffen es mit ihrer Rettungskapsel, auf Varna notzulanden. Sie weigert sich allerdings, niedere Frauenarbeiten wie etwa Holz- und Wasserholen zu verrichten. Daher wird sie als letzte von den Wolfungen gefangen genommen. Während die anderen drei sofort versklavt werden, spart sich Dog seine Rache an der Gerichtsbeamtin bis zuletzt auf. Sie hat zwar den Sklavenstatus, darf aber von niemandem angerührt werden. Infolgedessen befindet sie sich nicht nur weiter in Unwissenheit, sondern auch im sexuellen Notstand. Alle ihre Gefährten dürfen vögeln, bis sie den Verstand verlieren, nur sie ist tabu. Und Dog hat ja seine Janina.

Die Wolfungen

Es kann aber nicht ausbleiben, dass die Otungen ihren Tribut einfordern. Ihre Abgesandten Hendrix und Gundlicht staunen nicht schlecht über den Wohlstand der Wolfungen. Doch sie trauen ihren Ohren nicht, als sich Dog, der sich jetzt Otto nennen lässt, weigert, ihnen den geforderten Tribut zu geben. Auch die Drohung, den Wald niederzubrennen und diese Welt mit Schiffskanonen zu pulverisieren, zieht bei ihm nicht. Mit vielen Tricks übertölpelt er die beiden bewaffneten Otungen.

Er hat obendrein ein probates Gegenmittel: Mit Hilfe von Gerunes Gewändern kann er beweisen, dass sie nackt vor ihm gestanden hat, als wäre sie eine gewöhnliche Sklavin. Wenn die Otungen diese Schmach abwaschen wollen, muss Ortog, ihr Rebellenkönig, die Herausforderung Ottos annehmen. Selbst die Planetenvernichtung kann die Ehre der Otungen nicht wiederherstellen. Die Abgesandten nehmen die Gewänder als Beweisstücke mit und überbringen die Herausforderung Ottos an Ortog. Ob sie wohl angenommen wird?

Mein Eindruck

Ich habe die Handlung deswegen so detailliert und bis zum Schluss zusammengefasst, weil sie nirgendwo im Internet wiedergegeben wird – und schon gar nicht in deutscher Sprache. Man möge mir daher nachsehen, dass ich das (vorläufige) Ende dieses Abenteuers verrate.

Der Roman hat mehrere grobe Fehler, und im Folgeband werden zwei davon behoben.

Die Chronik

Erstens wird die ganze Geschichte nicht als eigenständige Chronik erzählt, sondern von einem Historiker, der das Vorwort alleine bestreitet, berichtet und mit zum Teil ellenlangen Erklärungen versehen. Dadurch wird der Lesefluss nicht unbeträchtlich aufgehalten, und der kluge – oder eilige – Leser kann sich im Grunde diese Stellen sparen. Es geht um fast ein Viertel des Buches.

Zweitens findet nur ein- oder zweimal jene von jedem Norman-Leser gewünschte Versklavung einer Frau statt, bei der sich die patricharchalische Phantasie austoben kann. Einmal wird Gerune zur Sklavin gemacht, aber leider nur für wenige Stunden, zum anderen die Gerichtsbeamtin – ebenfalls nur zum Schein. Ihr Unterwerfung wird nicht vollzogen. Beide unvollkommenen Ansätze werden erst in Band 2 zu Ende geführt. Die Sklavin Janina zählt nicht, da sie ja bereits Sklavin ist.

Kaum Psychologie

Das für einen Mainstream-Leser größte Manko des Romans – ja, des gesamten Zyklus – besteht in der mangelhaft bis gar nicht dargestellten Psychologie der Hauptfigur Otto. Obwohl er ein sehr intelligenter Bursche ist, so erlaubt uns doch der Autor bzw. der Historiker kaum jemals, einen Einblick in die Vorgänge, die in seiner Seele stattfinden müssen.

Es gibt allerdings eine objektive Entsprechung dafür, quasi als Ersatz. Eine dieser Szenen ist bereits ganz am Anfang zu finden. Otto, damals noch Dog, malocht auf einem Acker, als er eine Ameise beobachtet, die ein Sandkorn einen Mikrohügel hinaufrollt. Soll er ihr helfen? Oder alles bei der natürlichen Ordnung der Dinge belassen? Kann der Eingriff eines Einzelnen einen Unterschied machen? Offenbar doch, denn wenn sich viele Einzelne zusammenschlössen, so könnten sie wie ein Ameisenheer ihre Umgebung verändern. Ginge das nicht auch mit den Zuständen, wie sie derzeit im Imperium herrschen, das v.a. auf Sklaverei und Ausbeutung aufgebaut ist? In diesem Aspekt ist die eigentliche Rechtfertigung für den Bericht über Otto zu sehen.

Erstaunlicherweise ist die Gerichtsbeamtin wesentlich genauer gezeichnet, was ihre Psychologie anbelangt. Die intensivste Szene ist jene Sequenz, als sie auf der „Alaria“ um ihr Überleben ringt, nachdem es weder Wasser noch Essen mehr gibt. Soll sie sich den Eroberern als Sklavin unterwerfen – sie, eine, die zeitlebens eine „Gleiche“ gewesen ist?

Das Imperium

Ein viertes Manko ist die Einfallslosigkeit, mit der John Norman die Zustände aus dem alten römischen Imperium auf das Telnaria-Imperium übertragen hat. Aber wenigstens kennt er sich als Historiker damit aus, denn er hat schon in den 35 GOR-Romanen x-mal über die inneren Strukturen eines solchen Imperiums geschrieben, v.a. auch über die Bedeutung der Sklaverei. (Warum war beispielsweise die sklavenbasierte Wirtschaft so erfolgreich?)

Dass Kriegsschiffe von Offizieren und Mannschaften bemannt sind, aber auf Vergnügungsjachten Gladiatoren und Sklavinnen dienen, scheint keinerlei Widerspruch zu sein. Es handelt sich ebenfalls um Zustände wie im alten Rom. Raumpiraten von barbarischen Welten, die die Flotte und Randwelten angreifen? Kein Problem, auch das ist ein Phänomen, mit dem sich das römische Imperium dauernd herumzuschlagen hatte. (Man erinnere sich an den Anfang des Spielfilms „Gladiator“ und die Schlacht gegen die Germanen.)

Witzig ist es für einen deutschen Leser, von Stämmen wie Otungen und Wolfungen zu lesen, die allesamt entweder den Vandali oder den Alemanni angehören. Diese Stämme, der Historiker weiß es, machten den Römer im 5. und 6. Jahrhundert schwer zu schaffen, weil sie das westliche Imperium einfach durchwanderten, nachdem West-Rom im Jahr 410 gefallen war. Hat hier Tacitus’ Schrift „De Germania“ Pate gestanden? Bei einem Professor wie John Norman – das ist John Lange – kann man davon ausgehen.

Unterm Strich

Der erste Band dieses Telnarian-Zyklus wartet mit einem interessanten Weltentwurf, mit ein oder zwei interessanten Figuren und einer mit Action gespickten Handlung auf. Die Action findet in diversen Kämpfen statt, nicht nur auf einer Welt, sondern auch in einem Raumschiff. John Norman könnte genauso gut SF schreiben, wenn er nicht jedesmal auf sein Standardthema der Sklaverei in einem Imperium zurückgreifen müsste – denn nur dies wird offenbar von ihm erwartet.

Wer inzwischen sämtliche 35 GOR-Bände gelesen hat und weiteren „Stoff“ sucht, wird mit diesem Zyklus sicherlich einschlägig bedient. Leider ist das Niveau nicht sonderlich hoch, und Humor sucht man ebenfalls vergeblich. Mein Tipp: Einfach die vielen Erklärungen überspringen, obwohl sich darin manche nützliche Info verbirgt. Diese Passagen sind leicht zu entdecken, weil sie entweder FETT oder KURSIV gedruckt sind.

Hinweis

Die Gefechte werden teils mit Schwertern, teils mit schweren Gewehren ausgetragen. Letztere kommen in einem Fantasyroman üblicherweise nicht vor, erstere nicht in einem SF-Roman. Doch die telnarischen Chroniken sind typische Crossover-Romane, sowohl Fantasy als auch SF. Das macht ihren besonderen Reiz aus.

E-Book
Originaltitel: The Telnarian Histories: The Chieftain, 1991
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 294 Seiten
ISBN-13: 978-0446361491
Sprache: Englisch
Questar Books (vormals Warner, jetzt ein inaktives Imprint der Hachette Group)
http://hachettebookgroup.com/

Der Autor vergibt: (2.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 2,00 von 5)