Lalet, Michel / Lévi, Laurent – Abalone Quattro

_Taktische Erweiterung für Familien und Freaks_

Zum klassischen „Abalone“-Spiel muss auf diesen Seiten wohl kaum noch etwas geschrieben werden; das berüchtigte Duell der Kugeln begeistert bereits seit knapp zwei Dekaden, genauer gesagt seit 1989, generationenübergreifend einen weltweit stetig wachsenden Spielerkreis. Doch insgeheim bleib „Abalone“ immer nur das Zwei-Spieler-Spiel, dessen massiver Suchtfaktor so manches Mal dafür sorgte, dass der eine oder andere Begeisterte nachsehend und eine halbe Ewigkeit darauf warten musste, bis er schließlich auch einmal ins Spiel eingreifen und sich selber an einer Partie beteiligen konnte. Persönliche Erfahrungen mit dem Klassiker zeigen beispielsweise, dass das prinzipiell so simple Strategie-Spiel teilweise die Stundenmarke knacken kann, sofern sich zwei gleichwertige Gegner gegenübersitzen.

Diesen Mechanismus haben die Designer des Originals vor geraumer Zeit ausgehebelt. In „Abalone Quattro“ können bis zu vier Spieler gleichzeitig die Kugeln schieben bzw. der Konkurrenz die Kugel geben. Die Regeln wurden für den Mehrspielermodus ein wenig erweitert, der Schwierigkeitsgrad dadurch aber auch stellenweise erhöht. Doch die wohl wichtigste und erfreulichste Neuerung ist wohl die, dass man nun tatsächlich mit mehreren Leuten zur Tat schreiten kann und niemand mehr so schnell ob zu langer Wartezeiten auf ’seine‘ Partie in Frustrationen gerät. Oder?

_Das Spiel_

„Abalone“ in seiner reinen Form ist leicht erklärt; zwei Spieler mit jeweils 14 Kugeln treten gegeneinander an und versuchen, insgesamt sechs Kugeln des Gegners aus dem sechseckigen Feld zu stoßen, bevor ihm oder ihr das gelungen ist. Die Regeln besagen, dass man seine Kugeln in aneinanderhängenden Reihen aus bis zu drei Kugeln fortbewegen kann, ganz gleich, in welche Richtung. Um die Kugeln der Konkurrenz indes wegzustoßen, ist ein Frontalangriff notwendig. Dies bedeutet, man muss eine Überzahl bei den eigenen Kugeln schaffen, diese gegen eine geringere Kugelmenge des Gegners anstoßen und dessen Kugeln schließlich um ein Feld nach hinten bewegen. Im günstigsten Falle fällt dabei eine dieser Kugeln hinter die Begrenzung und wird schließlich ganz aus dem Spiel genommen. Ein solcher Zug würde in dem Fall einen Punkt bedeuten. Sechs Punkte wiederum reichen zum Sieg.

In der Variante zu dritt sieht das Ganze nun schon anders aus. Es wird lediglich mit elf Kugeln gespielt, wobei die Regeln zunächst die gleichen sind. Allerdings kann man Überzahlen auch doppelt nutzen. Sollte Spieler schwarz zum Beispiel mit drei seiner Kugeln auf zwei rote treffen, darf er diese natürlich verschieben. Sollten jedoch auch noch zwei andersfarbige Kugeln in derselben Linie direkt hinter diesen roten Kugeln liegen, können auch diese verschoben werden, da ja auch ihnen gegenüber eine Überzahl besteht. Ein direkter Kontakt zum Gegner ist also nicht immer zwangsläufig erforderlich, um diesen in eine nachteilige Situation zu bringen. Eine Gefahr lauert bei dieser Variante allerdings: Zwei Spieler könnten sich zusammenrotten und einen Gegner gemeinsam bearbeiten, um nachher den Sieg unter sich auszumachen. Allerdings ist auch hier schnell geblufft, so dass sich das Blatt selbst bei sicher geglaubter Souveränität noch rasch wenden kann. Und ein Sieg erfordert ebenfalls sechs herausbeförderte Kugeln beider Gegner, ist also verhältnismäßig schneller gemacht.

Die Quattro-Fassung sieht schließlich vor, dass sich jeweils zwei Spieler zu Teams zusammenschließen und im üppigeren Duell gegeneinander antreten. Die Zugbedingungen bleiben hierbei gleich, wobei die Option, auch Kugeln seines Partners zu verschieben, mitunter ein wichtiges Element sein kann, welches nicht zu unterschätzen ist. Sechs Kugeln des gegnerischen Teams reichen schließlich, um den Kontrahenten den Garaus zu machen und die Teamwertung für sich zu entscheiden.

_Persönlicher Eindruck_

Zunächst einmal war ich ein wenig perplex. Das Spielbrett wurde im Vergleich zum herkömmlichen „Abalone“ nicht verändert, und wenn man es mal grob betrachtet, hätte es auch gereicht, einfach zwei weitere Sätze Kugeln auf den Markt zu bringen, um Erstkäufern gegenüber ein wenig Fairness zu zeigen. Diesbezüglich ist die modifizierte Version des Klassikers also schon ein wenig bedenklich. Andererseits ist „Abalone Quattro“ sicherlich eine Aufwertung des Zweispieler-Mechanismus, besonders in der noch taktischeren Variante zu viert. Durch die neuen Optionen und die manchmal schwieriger zu erkennenden Überzahlsituationen wird der Modus ungleich komplexer und erfordert scharfe Sinne, da schon ein minimaler Fehler für eine etwaige Niederlage verantwortlich sein kann.

Weniger gefallen hat indes das Spiel mit drei Personen. Zwangsläufig wird ein Spieler hier Opfer eines eigentlich unfairen Bündnisses, welchem er sich nur mit Müh und Not, wahrscheinlich aber wohl kaum wird erwehren können. Als Trainingsmodus ist aber gerade dies interessant, da man hier lernt, sich aus vielen aufeinander folgenden Überzahlen herauszuwinden und Taktiken für spätere Revanchespiele zu übernehmen. Grundsätzlich schlecht ist also auch diese Variante nicht, ein dringender Kaufgrund aber ebenso wenig.

Insgesamt hängt die Entscheidung der Verpflichtung ausschließlich davon ab, ob man bereits im Besitz des Ursprungstitels ist. In diesem Fall nämlich stellt der finanzielle Neuaufwand ein beträchtliches Hindernis dar, welches man wohl nur mit lockerer Brieftasche rechtfertigen kann. Allen anderen sei aber als Einstieg in die Welt von „Abalone“ das Nachfolgeprodukt empfohlen. Eine Bereicherung für den gesamten Mechanismus ist „Abalone Quattro“ nämlich zweifelsohne!

http://www.hasbro.de/mcp.php/de/app/products/overview/102/index.html

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