Marr, Melissa – Gegen das Sommerlicht

Schon von Kindesbeinen an werden dem Mädchen Ashlyn, das bei seiner Großmutter wohnt und von klein auf Wesenheiten sehen kann, welche für andere Menschen unsichtbar sind, drei Regeln eingetrichtert. Erstens: Schau unsichtbare Elfen nicht an. Zweitens: Antworte niemals unsichtbaren Elfen. Und Drittens: Errege niemals die Aufmerksamkeit von Elfen.

Lange Zeit konnte Ash dadurch ein ganz normales Leben führen, bis sich von einem Augenblick zum nächsten für sie alles verändern soll. Denn unbewusst erregt sie die Aufmerksamkeit zweier Elfen, von denen einer ein Elfenkönig zu sein scheint. Dieser beginnt nun, sie zu umgarnen und dazu zu bringen, sich in ihn zu verlieben. Ashlyn, die nur zu gut über die Bosheit solcher Kreaturen Bescheid weiß, versucht mit allen Mitteln, sich dem Elfen, der Keenan heißt, zu entziehen.

Bald schon vertraut sich Ash ihrem besten Freund Seth an, der ihr helfen will, doch je mehr Ashlyn versucht, mehr über die Absichten des Elfen zu erfahren, desto tiefer wird sie unfreiwillig in die Welt der Elfen hineingezogen … und schon bald scheint es für sie kein Zurück mehr zu geben.

_Eindrücke:_

Die Geschichte in „Gegen das Sommerlicht“ hat auf jeden Fall etwas Interessantes an sich. Sie spielt in unserer Welt und unserer Zeit, wird aber von Elfen und anderen Wesenheiten bevölkert, die sich vor dem Auge der Menschen verbergen. Im Gegensatz zu vielen anderen Fantasy-Geschichten, die von Elfen und Feen handeln, ist „Gegen das Sommerlicht“ allerdings keine, die von der Schönheit und Güte der Elfen erzählt. In dieser Erzählung sind die Elfen bösartig und gefährlich und erinnern in jeder Hinsicht an die Sagen und Mythen aus der Feenwelt aus Irland. Sie spielen den Menschen böse Streiche, blenden sie, wenn sie unerlaubt von ihrer Existenz erfahren, und locken sie mit Musik, Speisen und Getränken in ihre Märchenwelt, aus der es kein Zurück mehr in die reale Welt gibt. Natürlich gibt es Mittel und Wege, um sich vor den Elfen zu schützen, wie zum Beispiel Eisen, von dem sich Elfen fernhalten müssen, oder bestimmte Kräuter und Tees, aber so richtig helfen tun selbst diese Dinge nicht, wenn man einmal die Aufmerksamkeit eines Elfen erregt hat.

Genau das passiert Ashlyn. Und als wäre diese Tatsache an sich nicht schon schlimm genug: Es ist kein normaler Elf, der es auf die junge Frau abgesehen hat. Bei ihrem Verfolger handelt es sich um den Sommerkönig Keenan, einen sehr mächtigen Elfen, der Ashlyn zu seiner Sommerkönigin machen will. Schon seit mehreren Jahrhunderten sucht er die Richtige, die mit ihm über das Elfenvolk regieren kann und die Macht seiner Mutter, der bösen Winterkönigin, bricht. Doch Ashlyn ist ganz und gar nicht so willig, wie es alle Mädchen bei Keenans Anblick vor ihr waren. Denn sie weiß, dass er ein gefährlicher Elf ist, und versucht sich so gut wie möglich von ihm fern zu halten. Außerdem ist da auch noch ihr bester Freund Seth, zu dem sie alsbald ein wesentlich engeres Verhältnis aufbaut als ihre Freundschaft.

An sich gefällt mir die Idee des Buches recht gut. Zwar kann man wohl schlecht sagen, dass es sich um eine neuwertige und innovative handelt, aber das muss es ja auch nicht unbedingt. Allerdings hat es an der Umsetzung der Geschichte meiner Meinung nach etwas gehapert, sodass das Buch letztlich nicht ganz so gut war, wie ich mir erhofft hatte.

Das größte Problem in „Gegen das Sommerlicht“ sind die Charaktere. Egal ob es um die Protagonisten oder um die Nebencharaktere geht, keiner kann in der Geschichte so wirklich überzeugen. Die meiste Zeit wirken die Charaktere sehr flach und es fällt recht schwer, sich von ihnen ein tiefer gehendes Bild zu machen, geschweige denn mit ihnen mitzufühlen. Der Charakter von Ashlyn geht anfangs noch, doch später werden ihre Reaktionen immer unrealistischer und ihre Sprache pubertärer, unter anderem, wenn sie bezüglich des Daseins der Sommerkönigin von einem „Job“ spricht. Seth, ihr bester Freund, ist da schon ein wenig besser gelungen, aber auch bei ihm gibt es einige Dinge, die mich gestört haben. Beispielsweise fand ich die Tatsache, dass er Ashlyns Geständnis, sie könne Elfen sehen, welche für die normalen Menschen unsichtbar sind, ohne Weiteres aufgenommen und geglaubt hat. Ich meine, wer würde so etwas schon (und vor allem: ohne Beweise) sofort glauben?

Doch die Krönung des Ganzen bildet dabei noch Keenan. Dieser wird zu Anfang als unglaublich schön und unwiderstehlich beschrieben und strahlt noch eine gewisse Stärke aus. Später aber, als er merkt, dass er bei Ashlyn nicht landen kann, wird er immer zimperlicher und erinnert eher an ein unsicheres Weichei als einen mächtigen Elfenkönig. Dabei fällt es dem Leser letztendlich auch immer schwerer, die einzelnen Charaktere, insbesondere Keenan und Ashlyn, wirklich ernst zu nehmen.

Was den Schreibstil von Melissa Marr angeht, bin ich mit meiner Meinung etwas zwiegespalten. Einerseits gefällt mir ihre Art, die Geschichte zu erzählen, ganz gut, doch einige Aspekte trüben dieses Bild etwas. Sie umschreibt das Aussehen und das Verhalten der Elfen stets malerisch und sehr passend. Keenan stellt sie beispielsweise mit Worten dar, die an den Sommer erinnern, und seine Mutter, die Winterkönigin, beschreibt sie gefühlskalt. Das ist ihr ganz gut gelungen. Andererseits wechselt sie, insbesondere dann, wenn sie Ashlyn oder ihre Freunde sprechen lässt, immer wieder zwischenzeitlich in einen aufgesetzten Jugendjargon, der einfach nicht so recht in die Geschichte hineinpassen will. Zwar kann man nun sagen, dass es nicht unrealistisch ist, wenn Jugendliche wie Ashlyn in einer leichten Jugendsprache sprechen, aber es wirkt in diesem Fall einfach nicht authentisch. Da das aber nicht allzu oft der Fall gewesen ist, lässt sich über diesen kleinen Schönheitsmakel noch einmal hinwegsehen.

Auch über das Ende der Geschichte habe ich mich etwas gewundert. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie Melissa Marr das Problem wohl lösen wird. Ashlyn liebt Seth und umgekehrt, aber auch Keenan hat ein Auge auf Ashlyn geworfen, und von ihrer Vereinigung hängt ein großer Teil des Elfenvolks ab. An sich ein interessantes Dilemma, dessen Ausgang für die meisten Leser nicht gerade vorhersehbar ist und aus dem man sicherlich ein gutes Ende hätte machen können. Allerdings hat es sich die Autorin meiner Meinung nach etwas zu einfach gemacht. Das Problem wird auf eine ziemlich simple Art und Weise gelöst und plötzlich ist alles wieder gut, obwohl es kurz davor noch eine unüberwindbare Katastrophe zu sein schien. Ich hätte mir hier eindeutig ein etwas innovativeres und ruhig auch dramatischeres Ende für die Geschichte gewünscht.

_Fazit:_

Letztendlich kann das Buch nicht wirklich überzeugen, aber ein kompletter Reinfall ist es auch nicht. Die Idee an sich ist ganz nett, aber leider wurde sie nicht ganz so gut umgesetzt, wie man es sich gewünscht hätte.

_Melissa Marr:_

Die Autorin Melissa Marr studierte Literatur und unterrichtet an verschiedenen Colleges. Sie arbeitet gerne in seltsamen Bars, reist viel herum und interessiert sich für Tattoos. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Virginia. Vor kurzem erschien der zweite Band ihrer Geschichte, „Gegen die Finsternis“.

|Wicked Lovely|:

Band 1: Gegen das Sommerlicht (Wicked Lovely)
Band 2: Gegen die Finsternis (Ink Exchange)
Band 3: Fragile Eternity

|Originaltitel: Wicked Lovely
Aus dem Englischen von Birgit Schmitz
347 Seiten, Hardcover
ISBN-13: 978-3-551-58168-8|
http://www.carlsen.de
http://www.melissa-marr.com

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