McDermid, Val – Erfinder des Todes, Die

_Der Autorenkiller: eine makabre Art von Literaturkritik?_

Eine Mordserie rafft einen bekannten Krimiautor Englands nach dem anderen dahin, pikanterweise nach genau jener Methode, die die Betroffenen zuvor in ihren Büchern so eloquent geschildert haben. Verwechselt der Täter etwa Dichtung und Wahrheit?
Profilerin Fiona Cameron bangt zunehmend um ihren Lebensgefährten, den Thrillerautor Kit Martin. Schon bald bewahrheiten sich ihre schlimmsten Alpträume. Und die Polizei ist natürlich wieder mal auf dem Holzweg …

_Die Autorin_

Die 1955 geborene Val McDermid wuchs in Kirkcaldy, einem schottischen Bergbaugebiet nahe St. Andrews, auf und studierte dann Englisch in Oxford. Nach Jahren als Literaturdozentin und als Journalistin bei namhaften englischen Zeitungen lebt sie heute als freie Schriftstellerin in Manchester und an der Nordseeküste. Sie gilt als eine der interessantesten neuen britischen Autorinnen im Spannungsgenre – und ist außerdem Krimikritikerin. Ihre Bücher erscheinen weltweit in 20 Sprachen. Für „Das Lied der Sirenen“ erhielt sie 1995 den Gold Dagger Award der britischen Crime Writers‘ Association.

„Tony Hill & Carol Jordan“-Reihe:
1) [„Das Lied der Sirenen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1498
2) „Schlussblende“
3) „Ein kalter Strom“
4) „Tödliche Worte“

Weitere Romane:

5) [„Echo einer Winternacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=703
6) [„Die Erfinder des Todes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2602
7) [„Das Moor des Vergessens“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6607
8) „Ein Ort für die Ewigkeit“
9) [„Nacht unter Tag“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6201

_Handlung_

Fiona Cameron ist Profilerin und hat als Täterpsychologin mit ihren Tipps der Metropolitan Police schon so manchen Serientäter finden helfen. Seit ihr kleine Schwester Leslie vor Jahren ermordet wurde, ohne dass man den Täter aufspüren konnte, lastet ein dunkler Schatten – ihre Dämonen – auf Fionas Seele. Die Tätigkeit als Profilerin verschafft ihr Erlösung. Bislang hat sie hervorragend mit Steve Preston zusammengearbeitet, doch seit dem letzten Fall gehen sie getrennte Wege.

Als der „Hampstead-Heath-Mörder“ soll Francis Blake in diesem Londoner Park Susan Blanchett, Mutter von Zwillingen, vergewaltigt und ermordet haben. Allerdings wird Blake vor dem Gericht Old Bailey freigesprochen. Der Grund: Die Polizei, also Preston, habe unlautere Ermittlungsmethoden eingesetzt. Blake, der acht Monate lang in Haft war, fordert Entschädigung für die Zerstörung seines Lebens. Kann man ihm nicht verdenken, deshalb wird er überwacht. Er wird später noch wichtig.

Während Steve Preston also immer noch den wahren Mörder Susan Blanchetts und anderer Vergewaltigungsopfer sucht, beunruhigt Fiona Cameron eine andere Serie von Morden. In Edinburgh wurde der schwule Krimiautor Drew Shand ermordet aufgefunden. Seltsamer folgte der Tathergang fast genau jenem Szenario, das Shand in seinem Serienkiller-Roman „Copycat“ gezeichnet hatte – die Morde Jack the Rippers. Dieser Mord erschüttert Fionas Lebensgefährten: Kit Martin ist selbst Krimiautor und war Shands Kumpel. Erst Fionas Besorgnis um ihn führt ihm die Möglichkeit vor Augen, selbst zum Ziel des Killers zu werden.

Als sowohl er als auch seine Kollegin Georgia lester einen Drohbrief erhalten, ist Fiona verständlicherweise alarmiert. Angeblich sollen die beiden Arbeiten kopiert haben – Blödsinn. Im Internet findet sie die Site „Murder behind the headlines“ (Mord hinter den Schlagzeilen) und stößt auf weitere Informationen. Weniger später wird die Autorin Jane Elias tot aufgefunden – ermordet nach einem Schema aus ihrem Roman „Death on arrival“.

Als auch Georgia vermisst wird, schaltet Fiona Chefinspektorin Duvall von der Metropolitan Police ein. Doch die springt auf einen Typen an, der ihre Pressekonferenz massiv stört, indem er sich als Urheber der Mordserie an Krimiautoren denunziert. Dieser Charles Radford lenkt die Duvall derartig ab, dass sie wichtige Hinweise in andere Richtung missachtet. Steve Preston ist es mit Hilfe einer von Fiona empfohlenen Profilerin, Terry Fowler, gelungen, einen Verdächtigen, einzukreisen: Gerard Coyle könnte der wahre „Hampstead-Heath-Mörder“ sein.

Die Lage spitzt sich dramatisch zu, als Fiona in Edinburgh weilt: Ihr Geliebter Kit Martin wird entführt und soll nach dem Schema aus seinem Roman „The blood painter“ in einem Ferienhaus sterben: Der Täter will ihm das Blut so lange abnehmen und damit die Wände bemalen, bis das Opfer stirbt. Als Fiona die Gefahr erkennt, in der Kit schwebt, ist es schon fast zu spät.

Kann sie noch rechtzeitig zu Kit gelangen, um seinen Tod zu verhindern? Und wer verbirgt sich hinter seinem Entführer?

_Mein Eindruck_

„Die Erfinder des Todes“ ist ein wirklich ausgefuchst clever konstruierter Thriller, der aber einem bekannten Strickmuster folgt. Man führe den Leser auf eine Fährte, die sich zunächst als Irrweg erweist. Dann stelle man eine zweite, scheinbar separate Serie von Taten in den Vordergrund, der von Fährte Nummer 1 ablenkt. Irgendwann werden sich die beiden Handlungsstränge derartig negativ stören, dass der Leser wirklich mit der Hauptfigur – in diesem Fall Fiona – zu zweifeln beginnt, ob das alles noch gut ausgehen kann. An diesem Punkt lasse man der Action sämtliche Zügel schießen, bis es einen oder besser noch zwei Showdowns geben kann.

Val McDermid folgt dem vielfach erprobten Strickmuster auf sehr erfolgreiche Weise. Allerdings ist ihr Anliegen ein ganz anderes, als irgendwelche blutigen Morde bis ins Detail zu schildern, zu sezieren und aufzuklären, wie das etwa Thomas Harris („Das Schweigen der Lämmer“) gemacht hat.

Denn diesmal geraten die Krimiautoren als „Erfinder des Todes“ selbst in die Schusslinie. Und die letzten Absätze, in denen Fiona Resümee zieht, machen klar, warum der Täter die Autoren auf dem Kieker hat. Sie machen die Profiler zu allmächtigen Halbgöttern, die zu allem fähig sind. Und wenn sie dann bizarrste Serienmorde aufklären, glauben die Leser – und später die Kino- und TV-Zuschauer der Verfilmungen – sogar noch, dass die Morde nicht so schlimm sein können: Es gibt ja Leute, die sie aufklären und die Täter der Gerechtigkeit zuführen können.

Der Autorenkiller übt eine makabre Art von Literaturkritik: Er demonstriert den Autoren am eigenen Leibe, wie es sich anfühlt, selbst à la livre ermordet zu werden. Das hat einen gewissen ironischen Charme. Aber es verdeckt das ernsthafte Anliegen der Autorin, die Leser aufzurütteln, zwischen erfundenen und realen Morden und Polizisten bzw. Profilern zu unterscheiden. Man kann ihr zum Vorwurf machen, sie setze selbst die kritisierten Methoden ein. Das haut aber nicht hin, denn weder schildert sie die Greueltaten noch werden diese schon verfilmt.

_Unterm Strich_

„Die Erfinder des Todes“ ist ein ungewöhnlich spannendes Krimiwerk. Geschrieben von einer Kennerin sowohl der Polizeiarbeit wie auch der Krimischreibergemeinde, weiß das Buch sowohl zu unterhalten als auch aufzuklären. Und der actionreiche Showdown in den schottischen Bergen schadet auch nicht. Ich kann das Buch jedem Krimi- und natürlich jedem McDermid-Fan wärmstens empfehlen.

|Taschenbuch: 540 Seiten
Originaltitel: Killing the Shadows (2000)
Aus dem US-Englischen von Doris Styron
ISBN-13: 978-3426622476|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de

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