Palmer, Rob – Gejagt

Rob Palmer ist Juraprofessor und Anwalt. Anders als man es vielleicht erwartet, spielt sein erster Roman „Gejagt“ aber nicht in einem stickigen Gerichtssaal, sondern in einem ganz anderen Milieu.

Ben Tennant arbeitet für ein Zeugenschutzprogramm, wo er die Antragsteller auf Zeugenschutz auf Herz und Nieren auf ihre Eignung überprüft. Nebenbei besorgt er bedrohten Leuten aber auch privat eine neue Existenz, doch diese kleine Nebentätigkeit wird ihm eines Tages zum Verhängnis. Er organisiert der gerissenen Betrügerin Patrice Callan, deren Äußeres ihn nicht unbeeindruckt lässt, ein neues Leben. Wenig später steht die CIA bei ihm vor der Tür und verlangt, dass er den Aufenthaltsort von Patrice bekannt gibt. Man glaubt, dass ihr Leben in Gefahr ist, aber Ben stellt das in Frage. Die angeblichen Sonderermittler gehen in seinen Augen dafür zu brutal vor.

Nachdem er diesen Leuten entkommen ist, macht er sich selbst auf die Suche nach der schönen Betrügerin. Doch er ist nicht alleine. Als er sie gefunden hat, merkt er, dass man Patrice bereits auf die Schliche gekommen ist, und gemeinsam mit Patrices Tochter Cherry gelingt es ihnen zu fliehen. Doch sie haben mehr als nur einen Feind, wie sie schließlich feststellen, denn Patrice besitzt etwas von unschätzbarem Wert: Ein ehemaliger Lover hat ihr den Schlüssel für ein Bankschließfach vermacht, in dem sich etwas befindet, das für die einen einen monetären und für die anderen einen ideellen Wert hat – und es kann großen Schaden anrichten. Es versteht sich von selbst, dass die beiden, die sich immer näher kommen, den Schlüssel nicht herausrücken wollen, doch dann wird Cherry entführt und es scheint, dass sie keine andere Wahl mehr haben …

Rob Palmers Debütroman wirkt auf weiten Strecken sehr bemüht und kann trotz des Einfallsreichtums des Autors kaum Spannung aufbauen. Dazu fehlt es an einer fesselnden Atmosphäre. Außerdem sind die Verwicklungen, in welche die beiden Protagonisten geraten, an einigen Stellen zu unübersichtlich. Das Ende des Romans ist zwar nicht vorhersehbar, aber es fehlt eine geschickte Spannungskurve, die die Erwartungen des Lesers ankurbelt. Die wüste Hetzjagd auf Patrice und Ben wirkt zu sehr in die Länge gezogen und bietet wenig Abwechslung. Das ist schade, denn an und für sich hat man das Gefühl, dass der Autor sich bemüht hat.

Das zeigt sich vor allem an den Personen. Ben hat eine Gabe, die ihn für seine Arbeit beim Zeugenschutzprogramm geradezu prädestiniert. Er erkennt an Benehmen, Kleidung und Auftreten einer Person, was ihre Absichten sind und häufig auch noch Dinge, welche die Person lieber verbergen würde. Er besitzt eine starke Intuition, und Palmer gelingt es, diese Besonderheit authentisch herüberzubringen und sie im ganzen Buch immer wieder auftauchen zu lassen. Ansonsten wirkt der Protagonist etwas blass und alltäglich. Seine Vergangenheit wird nur selten thematisiert und seine Gedanken und Gefühle gehen innerhalb der Handlung ein wenig unter.

Die anderen Charaktere haben ein ähnliches Problem. Auch sie wirken schablonenhaft, nicht besonders gut ausgearbeitet. Das trägt zusätzlich dazu bei, dass die Spannung flach bleibt. Es passiert einfach zu selten etwas, das wirklich originell ist und hängenbleibt. Der Schreibstil kann über dieses Manko nicht hinweghelfen. Er ist darauf bedacht, möglichst detailliert zu berichten, und besitzt nur einen geringen Wiedererkennungswert. Palmer verfügt über einen guten Wortschatz und formuliert sauber und abwechslungsreich, doch er wirkt dabei streckenweise zu bemüht.

Rob Palmers Debütroman „Gejagt“ zeigt vielversprechende Ansätze. Die Handlung ist gut ausgedacht, doch leider ist die Umsetzung nicht besonders spannend. Die Charaktere wirken – trotz guter Ansätze – blass, genau wie der Schreibstil. Beides ist nicht unbedingt schlecht, aber definitiv noch ausbaufähig. „Gejagt“ ist ein durchschnittlicher Thriller, der sich kaum aus der Masse heraushebt.

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