Thiemeyer, Thomas / Schäfer, Lutz / Steck, Johannes – Magma (Lesung)

_Unterhaltsamer, spannender Geologiethriller_

Ein verschwundener Forscher, mysteriöse Kugeln aus Stein, eine Supernova im Sternbild Orion – die amerikanische Erdbebenforscherin Ella Jordan steht vor einem Rätsel. Als sie sich per Tauchboot zum tiefsten Punkt der Erdoberfläche hinunter wagt, scheinen die Ereignisse und Phänomene endlich einen schrecklichen Sinn zu ergeben.

Aus dem Tiefseegraben dringen seismische Signale, die viel zu regelmäßig sind, um natürlichen Ursprungs sein zu können. Doch plötzlich registrieren Ellas Kollegen von überall an den Bruchzonen der Kontinentalplatten Aktivitäten. Vulkane brechen aus, Erdbeben verwüsten die Erdoberfläche, das Klima droht zu kippen. Doch wo liegt der Schlüssel zu diesem Rätsel – und zur Rettung der Erde? (erweiterte und abgewandelte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Thomas Thiemeyer, geboren 1963, studierte Geografie und Geologie in Köln. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Stuttgart und arbeitet als selbständiger Illustrator und Umschlagdesigner. Seine Romane „Medusa“ und „Reptilia“ entwickelten sich zu Bestsellern.

Thomas Thiemeyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview vom September 2004]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=25
[Interview vom März 2007]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=74
[„Medusa“ 482
[„Reptilia“ 1615
[„Magma“ 3415

_Der Sprecher_

Johannes Steck, geboren 1966 in Würzburg, ist Absolvent der Schauspielschule Wien. Von 1990 bis 1996 hatte er Engagements an verschiedenen Theatern. Dem breiten Publikum ist er vor allem aus dem TV bekannt. Er spielte in zahlreichen TV-Serien. Steck arbeitet zudem als Radio-, Fernseh- und Synchronsprecher. Er hat schon diverse Hörbücher gelesen.

Regie führte Lutz Schäfer, der Tonmeister war Gerhard Wölfle, Tonregie führte Hardy Meiser. Die Aufnahme fand in den |Dorian Gray Studios| in Eichenau statt.

Das Titelbild, das der Autor geschaffen hat, entspricht dem der Buchausgabe beim |Droemer-Knaur|-Verlag.

_Handlung_

|PROLOG.| Am 19 Mai 1954 begegnet der italienische Geologe Francesco Mondari in den Südtiroler Alpen einem merkwürdigen Phänomen. Als sein Kompass spinnt, schaut er sich um und bemerkt einen Felsbrocken. Indem er diesen aufhämmert, legt er einen glänzenden Fremdkörper frei, der sich als superhart erweist – zu hart selbst für Diamant! Als Mondari den Hammer wiederholt einsetzt, erscheinen Risse und leuchtende Schriftzeichen auf dem kugelförmigen Gebilde. Die Helligkeit nimmt ebenso zu wie die Hitze. Der Stein teilt sich. Die Explosion fegt Mondari von den Beinen …

|Haupthandlung.|

Fünfzig Jahre später, am 22. März. Es ist zwar Frühlingsanfang, doch Schnee fällt in den Eifelbergen auf das große Radioteleskop von Effelsberg. Die Astrophysikerin Jan Zieglow betrachtet die neuesten Daten aus dem Sternbild Orion. Der Riesenstern Beteigeuze – er muss in einer Supernova explodiert sein! Sie informiert sofort ihren Chef Martin Enders von der Sensation, der nur meint: „Wir rufen sofort alle an!“

Dr. Ella Jordan von der George Washington Universität ist Spezialistin für Kontinentaldrift und Erdbeben. Sie hat den Zeitungsartikel über die neue Supernova gelesen, aber da dieser Stern 400 Lichtjahre entfernt ist, interessiert er sie nicht sonderlich. (Sollte er aber.) Gerade als sie als frischgebackene Professorin ihre Antrittslesung halten soll, treten Dekan Jagger und der Mineraloge Prof. Sonnenfeld ein und holen Ella aus der Vorlesung. Sie ist sauer, als Sonnenfeld ihren Job übernimmt. Noch saurer wird sie, als Jagger ihr in seinem Büro zwei unbekannte Gentlemen vorstellt, die ziemlich militärisch aussehen.

Esteban und Billings sind vom Office for Naval Research (ONR), der Behörde für Meeresforschung, und bitten Ella erstens um Hilfe, zweitens laden sie sie auf eine Expedition in den elf Kilometer hinab reichenden Tiefseegraben bei den Marianen-Inseln ein. Ella bestätigt, dass von dort sehr merkwürdige, weil regelmäßige seismische Erschütterungen gemessen werden, deren Ursprung ein Rätsel ist. Ella ist geplättet, als Esteban ihr auf seinem Laptop-PC Echtzeitwerte von dieser Gegend zeigt. Der Puls erscheint genau alle zwei Stunden 48 Minuten. Wer verursacht den Puls? Die Frage kann sie beantworten, wenn sie mitkommt und hinabtaucht. Gebongt!

Bevor sie nach Guam abreist, wo das US-Militär einen Marinestützpunkt unterhält, warnt ein anonymer Anrufer sie vor der Teilnahme an der Tauchfahrt. Er zitiert sogar aus ihren psychologischen Akten, so dass sie sich geradezu entblößt vorkommt, aber das hält sie nicht davon ab, am 25. März auf Guam einzutreffen. Sie hat an Joaquin Esteban Gefallen gefunden und mit ihm das Bett geteilt. Ihr Ex ist schon wieder verheiratet und hat ihre zehnjährige Tochter Cathy mitgenommen. Sie braucht wegen eines One-Night-Stands keine Gewissensbisse zu haben, sagt sie sich.

Beim Abendessen mit Admiral Arthur J. Johnson bekommt Ella den Schweizer Wissenschaftler Konrad Martin vorgestellt. Er erscheint Ella wie ein kalter und harter Mann, dieser angebliche Marinegeologe. Es dauert nicht lange, und die beiden streiten sich über ihr Fachgebiet, weil Martin in Ellas Augen „Bullshit“ redet. Der Admiral und Esteban müssen vermittelt eingreifen. Ellas Argwohn ist jedoch geweckt, und sie behält diesen angeblichen Schweizer genau im Auge. Da erhält Admiral Johnson die Nachricht, dass die Streitkräfte in Alarmbereitschaft gemäß DEFCON 4 versetzt worden sind!

In der Nachrichtenzentrale der Pazifikstreitkräfte erfährt Ella, was los ist. Überall am so genannten „Feuerring“ der Vulkane, der den Rand des Pazifikbeckens umgibt, haben sich Erdbeben ereignet und Risse zwischen den Kontinentalplatten aufgetan. Aus diesen Rissen dringe flüssiges Gestein, so genanntes Magma, aus dem Erdinneren. Was das Phänomen so furchteinflößend macht, ist die Tatsache, dass dies alles gleichzeitig passiert, als würde es gesteuert …

Das japanische U-Boot |Yakasuka| mit dem Tauchboot |Shinkai| läuft bereit am nächsten Tag aus, um einem Sturm zuvorzukommen, der im Anzug ist. Ella findet Kapitän Yamagata sehr sympathisch, aber auch Konrad Martin ist an Bord, und das verursacht ihr ein mulmiges Gefühl. Wenige Stunden später informiert Esteban sie, dass er glaubt, eine Bombe sei an Bord. Er sei in Wahrheit Geheimagent. Na toll, meint Ella, die sich hintergangen fühlt. Diese Offenbarungen kommen wohl ein wenig spät.

|Schweiz|

Unterdessen bereitet sich ein Wissenschaftler in einem Bunker unter den Schweizer Alpen auf das nahe Ende der |Shinkai| vor. Prof. Elias Weizman arbeitet in seinem eigenen kleinen Gravitationslabor, das zu der Forschungseinrichtung von Elaine Kowarski gehört. Ihr Vater Lev Kowarski gründete das Labor 1954 nach dem Vorfall mit Francesco Mondari. Was niemand außer Elains Mitarbeitern weiß: Die Metallkugel, die damals explodiert sein soll, existiert immer noch, und zwar in einem geheimen Hochsicherheitsraum. Die Kugel gibt alle zwei Stunden und 48 Minuten einen Puls ab. Genau wie die seismische Quelle am Grund des Marianengrabens. Prof. Weizman sitzt vor seinem Laptop, den Finger über der ENTER-Taste, um den Befehl zu geben …

|Deutschland|

Im Radioobservatorium von Effelsberg beginnt Martin Enders, sich zunehmend über seine Mitarbeiterin Jan Zieglow zu wundern. Was treibt sie eigentlich? Sie hat in den 20 Millisekunden vor der Supernova-Explosion Beteigeuzes merkwürdige Signale entdeckt. Und jetzt redet sie auch noch von Aliens, um Himmels willen!

|Vor Guam|

Die |Shinkai| erreicht fast den Grund der Challengertiefe im Marianengraben, fast 11.000 Meter unter der Meeresoberfläche. Da entdeckt der Kapitän zu seinem Entsetzen, dass der Meeresboden geradezu glüht! Sein Boot hat keinen Hitzeschild. Sie müssen sofort umkehren. Ella, die protestiert, zeigt ihm einen Felsbuckel, der eine Zuflucht bietet. Von dort kommen die seismischen Impulse. Erste Untersuchungen zeigen, dass es sich um eine metallische Kugeln mit einem Durchmesser von 200 Metern handelt. Das Ding stamme nicht von der Erde, wird Ella klar, es ist außerirdischen Ursprungs.

Als Yamagata die Kugel anbohren lässt, rührt sich etwas. Konrad Martin warnt vor einem Magma-Geysir. Angst schnürt Ella die Kehle zu. Die |Shinkai| versucht einen Notstart. Bloß weg hier! Ein Blitz blendet sie, ein Knall dröhnt in ihren Ohren, massive Schwerkraft zerrt an ihr. Sie verliert das Bewusstsein …

_Mein Eindruck_

Von dieser Stelle weitet sich der Horizont allmählich aus, bis er die globale Ebene erreicht hat. Schließlich muss jemand alle Puzzleteilchen zusammensetzen, um das Rätsel der mysteriösen Kugeln zu lösen, die irgendjemand queerbeet über die Welt verstreut hat, und zwar fatalerweise genau dort, wo die Bruchstellen der Erdkruste liegen. Die Kugeln erzeugen, genau wie die im Marianengraben, seismische Wellen, die sich gegenseitig verstärken. Die Folgen kann man sich leicht ausrechnen. Doch wer löst das Rätsel und worin besteht die Lösung? Dreimal darf man raten: natürlich die Hauptfigur Ella Jordan.

Wie es aussieht, haben die Aliens vom Beteigeuze die Erdlinge auf den Prüfstand gestellt. Die menschliche Qualifikation zum Überleben scheint von gewissen Faktoren abzuhängen, aber von welchen? Kann Ella Jordan die Lösung schnell genug finden, bevor die ganze Erdkruste ihre ameisenhaften Bewohner abwirft und verschlingt?

In seiner globalen Sicht und dem Postulat, dass die Menschheit ihre Überlebensfähigkeit beweisen muss, nähert sich der Autor Kollegen wie Eschbach (in [„Ausgebrannt“) 3487 und Kim Stanley Robinson (seine letzte Trilogie über den Klimawandel) deutlich an. Doch bleibt er auch dem Thriller und dem Abenteuerroman verpflichtet und entführt den Leser an eine Reihe exotischer Schauplätze, um dessen Lust am Sonderbaren zu befriedigen. Dazu gehören auch sibirische Pelzjäger und eine Übernachtung neben einem Gestaltwandler …

Das Garn ist unterhaltsam gesponnen. Weitere Zutaten sind finstere Hintermänner und noch finsterere Auftragskiller, eine Reihe von Liebesabenteuern der Heldin und selbstverständlich Entkommen in letzter Sekunde (San Francisco). Ob das mit den Strahlen vom Beteigeuze so hinhaut, das wissen bloß die Teilchenphysiker, und ob man die seismischen Wellen so hochschaukeln kann, das Mutter Gäa speiübel davon wird, ist auch noch nicht getestet worden. Der Spekulation ist also Tür und Tor geöffnet. Aber das macht das Buch noch nicht zur Sciencefiction. Dem Leser, der von SF eh nichts hält, kann das nur recht sein. Abenteuerroman und Thriller reichen ihm eventuell vollkommen aus.

|Der Sprecher|

Dem Sprecher gelingt es, die durch die Klischees vorgegebenen Figuren einigermaßen zum Leben zu erwecken. Die Frauenstimmen sind stets einen Tick höher als die der Männer, versteht sich, aber das macht die Frauen noch längst nicht zu hilflosen Spielbällen der Ereignisse. Im Gegenteil, eine Frau wie Elaine Kowarski leitet ein wichtiges Unternehmen, und Ella setzt sich mit Jan Zieglow gegen einen Auftragskiller zur Wehr.

Bei den männlichen Figuren kann Steck jedoch sein Potenzial für sehr tiefe Stimmlagen voll ausspielen. In den Szenen, die in Sibirien spielen, tritt ein bäriger Typ mit einer tiefen, rauen Stimme auf, und auch Joaquin Esteban ist mit einem recht männlichen Timbre ausgestattet. Dann gibt es allerdings noch die „unmännlichen“ Männer: Konrad Martin und sein Auftraggeber Elias Weizmann sind da an erster Stelle zu nennen, aber auch Martin Enders. Wen wundert’s, dass sie allesamt den Löffel abgeben müssen?

Die besondere Dramatik bestimmter Szenen unterstreicht der Sprecher durch entsprechenden Stimmeinsatz: Er ruft und schreit empört oder aufgeregt auf. Das hat man sich aber nicht als Tohuwabohu vorzustellen, vielmehr findet dieser Einsatz von Lautstärke sehr fein dosiert statt. Vielleicht damit niemand beim Zuhören einschläft.

Das Hörbuch verfügt weder über Geräusche noch über Musik, aber dafür ist es recht preisgünstig.

|Das Booklet|

Das Booklet informiert lediglich über die Mitwirkenden und über den Autor (s. o.). Die Information über den Sprecher findet sich auf der Rückseite des Hörbuchs. Ansonsten gibt es jede Menge Werbung.

_Unterm Strich_

„Magma“ ist ein unterhaltsamer Abenteuerthriller mit Science-Fiction-Elementen, der die Kenntnisse über die Geologie und Seismologie als Hintergrund benutzt, um eine actionreiche und gut durchdachte Handlung auf den Weg zu bringen. Für die gehörige Portion Unterhaltung sorgen Action, Gefahren, Katastrophen, diverse Bösewichte und ein ziemlich großes kognitives Rätsel, das die Heldin zu lösen hat (und das hier nicht enthüllt werden darf).

Wer sich also lehrreich unterhalten lassen will, ist hier an der richtigen Adresse. „Ernsthafte“ SF-Leser möchten vielleicht lieber einen Bogen um das Buch machen, obwohl es durchaus schlechtere Bücher über die Tiefsee und die Geheimnisse der Geologie geben dürfte.

|Das Hörbuch|

Johannes Steck macht seine Sache wie stets recht gut und unterhält den Hörer mit einem kompetenten und keineswegs eintönigen Vortrag. Er weiß die Figuren stimmlich zu charakterisieren, so dass man sie unterscheiden kann, und engagiert sich in spannenden oder emotionalen Szenen auch lautstark.

|Buchausgabe Hardcover: Knaur, Februar 2007; Taschenbuch: Knaur, April 2008
462 Minuten auf 6 CDs|
http://www.AME-hoeren.de

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