Ethan Cross – Ich bin die Nacht

Francis Ackerman junior ist ein eiskalter Serienkiller. Kaltblütig fordert er seine Opfer zu einem Spiel auf, bei dem es um Leben und Tod geht. Doch bislang hat Ackerman sein Spiel noch nie verloren, sein Opfer noch nie gewonnen… Nachdem er aus einer geschlossenen Anstalt fliehen konnte, ist Ackerman wieder auf freiem Fuß. Nachdem er zwei Trooper umgebracht hat, findet er in einer alten Dame das perfekte neue Opfer. Er gibt ihr drei Minuten Zeit, um sich in ihrem Haus zu verstecken und weitere drei, in der er sie suchen kommt. Entdeckt er sie in dieser Zeit nicht, kommt sie mit dem Leben davon. Doch Maureen Hill hat keine Chance: Sie flieht durch die gut versteckte Dachbodenluke, muss aber kurz darauf hören, wie Ackerman ihr zielsicher folgt.

Der ehemalige Cop Marcus Williams ist der neue Nachbar von Maureen Hill. Gemeinsam mit seiner neuen Freundin Maggie findet er die alte Dame grausam ermordet auf. Die beiden rufen Maggies Vater hinzu – den Sheriff der kleinen Stadt Asherton. Sofort hat er Francis Ackerman in Verdacht. Kurze Zeit später kommt Marcus Williams erneut in Maureens Haus und stellt fest, dass nach dem Mörder noch jemand im Haus gewesen sein muss. Als er den Sheriff damit konfrontiert, muss er feststellen, dass dieser Ackerman in seine Gewalt gebracht hat und vorhat, diesen umzubringen. Marcus muss nun ebenfalls um sein Leben fürchten und kann nur mit Mühe und Not fliehen.

Marcus findet Unterschlupf bei einer hilfsbereiten Familie. Doch bald darauf steht der Sheriff mit einer Reihe Kollegen vor der Tür und erschießt den Familienvater eiskalt. In Asherton verbreitet nicht allein Francis Ackerman Angst und Schrecken …

Gut gestartet, aber schnell gescheitert…

Der Thriller beginnt rasant: Francis Ackerman ermordet an einer Tankstelle einen Trooper und stellt den zweiten vor eine grausame Wahl: Er soll seine eigene Frau und sich selbst erschießen, um die Kinder zu retten. Die erste blutige Spur ist ausgelegt, aber nur wenige Seiten später ermordet Ackerman auch die sympathische alte Frau, die sich so verzweifelt auf den Dachboden hatte retten wollen. „Ich bin die Nacht“ beginnt wie ein klassischer Thriller mit einem eiskalten Serienmörder in der Hauptrolle.

Als dann auch noch Marcus Williams – der ehemalige Cop mit der dubiosen Vergangenheit – seinen Auftritt hat, ist klar: In Marcus hat Ackerman seinen Widersacher gefunden. Doch dann erfährt das Buch eine drastische Wende: Denn der Sheriff hat ebenfalls Dreck am Stecken. Er hat Ackerman geschnappt, will ihn aber nicht etwa ausliefern, sondern ihn selbst umbringen. Und bei diesem Vorhaben geht auch der Sheriff über Leichen.

Nach rund 150 Seiten ist plötzlich gar nicht mehr klar, worum es eigentlich gehen soll. Ackerman rückt immer mehr in den Hintergrund, stattdessen erleben wir Marcus auf seiner Flucht vor dem Sheriff. Immer neue Leute tauchen auf und spielen alle ein doppeltes Spiel. In diesem Buch ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Nach rund 250 Seiten deckt Marcus schließlich ein Komplott auf, in das nicht nur der Sheriff verstrickt ist, sondern sogar der amerikanische Präsident! Spätestens an dieser Stelle sind wir im Reich des Märchens angekommen. Was Ethan Cross hier in seinem Debütroman auffährt, ist eine wilde Sammlung hanebüchener Abstrusitäten. Nicht ein Charakter ist glaubwürdig, stattdessen schmeißt Cross mit Klischees nur so um sich. Wenn beispielsweise eine Kleinfamilie im texanischen Asherton eine geladene Waffe unter dem Bett liegen hat, obwohl zwei kleine Kinder dort leben.

Schlimm, schlimmer, Ethan Cross

Doch das Buch hat nicht nur inhaltliche Schwächen, sondern auch handwerkliche. An manchen Stellen hakt offensichtlich die Übersetzung, aber was noch schlimmer auffällt: Ethan Cross führt viele Situationen nicht aus, sondern bricht Szenen mittendrin ab, ohne wesentliche Dinge zu erklären. Beispielsweise verfolgt Ackerman zielgerichtet Maureen Hill auf den Dachboden, obwohl Cross vorher noch geschrieben hatte, wie super die Dachbodenluke versteckt sei. Wie aber konnte er dann wissen, dass Maureen sich genau dort versteckt? Anderes Beispiel: Auch dem Trooper Jim gibt er die Chance, vor ihm zu flüchten. An dieser Stelle endet das Kapitel und im nächsten sieht Ackerman einen Fernsehbericht, in dem ganz nebenbei von Jims Ableben berichtet wird. Letztes Beispiel: Ackerman telefoniert zwischendurch mit einem Pater, dem er von seinen Taten berichtet. Der will ihn davon natürlich abhalten. Später erfahren wir, dass diese Telefonate nur in Ackermans Einbildung stattgefunden haben. Ob es den Pater aber mal gegeben hat oder er eine reine Fantasiefigur ist? Keine Ahnung. Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele, in denen Ethan Cross eine Erklärung leider schuldig bleibt. Sehr unbefriedigend.

Sehr negativ fällt auch auf, dass Ethan Cross offensichtlich nicht wusste, was er eigentlich schreiben will: einen Verschwörungskrimi oder einen klassischen Serienmörder-Thriller. Er versucht sich an einem Mix aus beidem und scheitert dabei kläglich. Mir gefiel auch die Charakterisierung Ackermans nicht. Im Klappentext wird er als eiskalter Killer dargestellt, der noch kein Spiel verloren hat. Im Buch aber gibt es beispielsweise die Mutter zweiter Kinder, die zweimal gegen Ackermans Spielregeln verstößt und trotzdem mit dem Leben davonkommt. Das ist zwar erfreutlich für die Frau, aber total inkonsequent.

Grauenhaft

So gern ich das Buch anfangs auch gelesen habe, so grauenhaft fand ich es ab der Hälfte. Ethan Cross versucht sich an einem wilden Genremix, nutzt immer wieder Klischees und schildert eine hanebüchene Situation nach der anderen. Glaubwürdig ist an diesem Buch leider gar nichts. Schade. Was gut begonnen hat, endete umso schlimmer.

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Paperback: 400 Seiten
Originaltitel: The Shepard
ISBN-13: 978-3404169238
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