Pötzsch, Oliver – Henkerstochter und der König der Bettler, Die

_Die |Kuisl|-Serie:_

01 [„Die Henkerstochter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4987
02 „Die Henkerstochter und der schwarze Mönch“
03 _“Die Henkerstochter und der König der Bettler“_

_Auch im dritten_ historischen Roman von Oliver Pötzsch, „Die Henkerstochter und der König der Bettler“, geht es rasant und spannend zu, diesmal allerdings muss Jakob Kuisl sich seiner Vergangenheit stellen und erfährt selbst, was die Qualen der Folter einem Mann antun können.

_Inhalt_

Wir befinden uns im Jahr 1662, zwei Jahre nach den Ereignissen in „Die Henkerstochter und der schwarze Mönch“. Der junge Medicus Simon Fronwieser und die Tochter des Schongauer Henkers Jakob Kuisl, Magdalena, sind ein Paar. Doch die verliebte Verbindung der beiden jungen Menschen ist nicht gern gesehen und findet im Verborgenen statt. Magdalena gilt als ehrlos, auch wenn sie zusammen mit einer Hebamme in Schongau arbeitet und das tägliche Leid der Schongauer Bürger behandelt. In deren Augen ist Magdalena eine zu tabuisierende Person, die in „Unehrlichkeit“ als eine Henkerstochter geboren wurde. Ihr Freund Simon Fronwieser ist ein talentierter, aber unausgebildeter Medicus, der sich ständig mit seinem Vater, dem in Schongau ansässigen Arzt, überwirft. Trotzdem verbindet Simon und den Henker Jakob Kuisl eine tiefe und respektvolle Freundschaft.

Nach einem Vorfall bei einem bekannten Ratsherrn hat Magdalena gestrichen die Nase voll und verliert die Geduld mit den Schongauer Bürgern, die ihr mit Hass und Feindlichkeit begegnen, sodass in der Nacht die Situation fast eskaliert. Jakob Kuisl kann seiner Tochter in der gefährlichen Situation nicht zur Seite stehen, da er sich auf die Reise nach Regensburg aufgemacht hat, um seiner Schwester Lisbeth zu helfen, die schwer erkrankt sein soll.

Die Reise nach Regensburg auf dem Floß ist ein gefährliches Abenteuer, und nur mit Hilfe von Jakob Kuisl erreicht das wackelige Floß die Reichsstadt Regensburg. Auf dem Floß folgt dem Henker ein Blick voller Hass, den sich Jakob Kuisl nicht erklären kann: Woher kennt er den Mann? Hat er ihn schon einmal foltern oder aus der Stadt peitschen müssen?

Es scheint wie verflucht zu sein. Kuisl wird von den Stadtwachen vor den Toren der Stadt Regensburg provoziert und sieht sich wenig später im Gefängnis wieder. Allerdings wird er schon nach einer Nacht entlassen und macht sich zum Badehaus seiner Schwester und ihrem Mann auf. Dort findet er die beiden mit durchgeschnittener Kehle im Badezuber vor. Wie bestellt tauchen urplötzlich die städtischen Büttel auf, verhaften den Schongauer Henker und bezichtigen ihn des Mordes.

Jakob Kuisl, der immer und immer wieder seine Unschuld beteuert, macht sich mit seinem Sturschädel nicht gerade beliebt, und vor dem Rat der Stadt gelingt es ihm nicht, die Herren von Regensburg von seiner Unschuld zu überzeugen. In einer peinlichen Befragung soll sein Geständnis erzwungen werden. Der erfahrene Regensburger Henker Teuber zeigt nun seinem inhaftierten Kollegen die fürchterlichen Folterwerkzeuge, die Jakob selbst bald spüren soll: Streckbank, Stachelwalze, Seilzug und Daumenschrauben. Zwar kann Jakob Kuisl seinen Kollegen davon überzeugen, dass es einige Ungereimtheiten bei diesem brutalen Mord gibt, der ihm zur Last gelegt wird, doch muss der Regensburger Henker dem Auftrag des Rates Folge leisten, und die Folter an Kuisl beginnt.

Kuisl ist sich sicher, dass alles eine perfekt inszenierte Falle gewesen ist, und dass jemand, aus welchen Gründen auch immer, den Henker sterben sehen möchte.

Inzwischen entschließen sich die Henkerstochter Magdalana und ihr Liebster Simon, der Stadt Schongau den Rücken zu kehren, die ihr nur mit Hass und nun auch mit Gewalt begegnet. In Regensburg möchte das junge Paar in einer gewissen Anonymität von vorne anfangen und ihre Liebe zusammen ausleben. Als die beiden in Regensburg ankommen, erfahren sie schnell von dem Monster Jakob Kuisl, der seine eigene Schwester brutal umgebracht hat und nun unter den Händen des Henkers seine Tat gestehen soll.

Magdalena und Simon geraten schnell in eine städtische Intrige und haben nur die Möglichkeit, ihr Schicksal in die Hände des Bettlerkönigs zu legen, um Jakob Kuisl zu befreien. Doch auch dieser hat seine eigenen Interessen, die er durchsetzen möchte.

_Kritik_

Es wird nun sehr persönlich für den Henker Jakob Kuisl und seine Familie. Aber auch Simon Fronwieser, der immer wieder nicht einer Meinung mit seinem in Selbstmitleid badenden Vater ist, muss sein Leben und damit auch seine Ziele neu finden.

Der Autor Oliver Pötzsch schleudert seinen Jakob Kuisl in die Konfrontation mit seiner Vergangenheit, die dieser am liebsten aus seinen Leben gestrichen hätte. Im großen Krieg (1618-1648) war Jakob Kuisl Soldat, Offizier einer Bande von brutalen Schlächtern, die mordeten, vergewaltigten und plünderten, wo sie nur konnten. Und so erfährt der Leser viel über die Vergangenheit des brummigen Henkers, der es immer gut verstanden hat, seine Vergangenheit nicht erklären zu müssen. Auch die Vergangenheit seiner Ehefrau, die er über alles liebt, bekommt nun eine vervollständigte, runde Erklärung.

Erzählt wird dieser historische Roman in zwei Handlungssträngen aus der jeweiligen Perspektive der Protagonisten: Jakob Kuisl, der inhaftiert und unter Folter einen Ausweg sucht, und Magdalena und Simon, die unterdessen unter Zeitdruck einen Weg finden müssen, die Intrige aufzuklären, um Jakob Kuisl zu befreien.

Beide Parts sind ungemein spannend, aber hauptsächlich wird sich der Leser auf das Schicksal des Henkers konzentrieren, der nun mit seinem eigenen Beruf konfrontiert wird. Allerdings auf der Seite des hilflosen Opfers, auf das die Tortur wartet, und er vermag nur seinen starken Willen als Waffe einzusetzen. Hier zeigt Jakob Kuisl auch ganz andere Aspekte seines Charakters. Alleine in der Dunkelheit seiner Zelle, kommen die Schatten seiner Vergangenheit näher, und diesmal muss sich der stattliche Henker ihnen stellen. Auch unter der Folter wird ihm klar, dass man ihn brechen kann, und er weiß nicht, wann der Zeitpunkt kommen wird. So stark und bärbeißig er in den letzten beiden Romanen auftrat, so schwach und vor allem verletzlich, auch psychisch gesehen, zeigt sich nun das andere, menschliche Gesicht des Henkers.

Ganz nebenbei vermag es der Autor noch, einen vielschichtigen und realistischen Blick in dieses Jahrhundert zu werfen. Durch die Beschreibung der Politik und der sozialen Strukturen der Gesellschaft ermöglicht es der Autor, dem Leser zu zeigen, wie interessant diese Zeiten waren, aber auch wie schwer es die Bevölkerung hatte und welchen täglichen Gefahren sie ausgesetzt war.

Die Geschichte spielt hauptsächlich in ´, und das, so erzählt der Autor im Nachwort, ist seine Liebeserklärung an die Stadt. Und er beschreibt so einige Sehenswürdigkeiten und Orte dieser schönen bayrischen Stadt, die eine bewegte Geschichte besitzt. Oliver Pötzsch erzählt in seinem Rundgang mehr über die Orte, die Magdalena und Simon zwangsläufig passieren, was bei dem Leser, der vielleicht selbst in Regensburg oder Umgebung ansässig ist, einige geschichtliche Wissenslücken schließen wird.

Durchweg ist der vorliegende dritte Teil der „Henkerstochter“ der intensivste, was durch die persönlichen Erlebnisse der Protagonisten erklärbar ist. Spannend und abwechslungsreich sind die Erlebnisse der Protagonisten, und die sind vielseitig formuliert, sodass der Leser den Wendungen und Irrungen gut folgen kann. Doch einige Überraschungen wissen den Lesespaß gut zu fördern.

Einen großen Minuspunkt stellt die städtische Intrige da, denn diese ist so haarsträubend, dass man sich als Leser doch am Ende etwas ärgern muss. Unrealistischer kann es gar nimmer sein, und nach der Auflösung war ich doch ein wenig enttäuscht. Doch diesen Aussetzer umschifft Oliver Pötzsch am Ende doch noch, denn wie gesagt: Manchmal ist ein „Ende“ doch nur ein neuer „Anfang“ und der Leser wird sich auf den vierten Teil freuen. Denn das Ende birgt so viel Potenzial, dass man doch zu gerne wissen möchte, wie es denn nun weitergeht.

_Fazit_

Der stärkste, intensivste und zugleich sensibelste Teil um die Abenteuer der Kuisl. Historie kann spannend sein, wenn Oliver Pötzsch sie beschreibt. Fabelhafte Unterhaltung, die überzeugt, Spannung, die sich gezielt aufbaut, und Charaktere, in denen man sich wiederfindet. Bravo, Herr Pötzsch!

|Taschenbuch: 589 Seiten
ISBN-13: 978-3548281148|
[www.oliver-poetzsch.de/]http://www.oliver-poetzsch.de
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