Schliemann, Jens-Peter / Stockhausen, Reiner – Schillerstraße – Das Comedy-Spiel

_Comedy zum Selbermachen_

Deutsche Comedy ist bereits seit einigen Jahren ein zentrales Thema des Sat.1-Wochenendprogramms. Während die meisten Sendungen jedoch mittlerweile vollkommen abgeflacht sind und die Gags nur noch die wenigsten vor die Bildschirme locken, läuft die wohl beste und beliebteste TV-Comedy-Show nach wie vor mit großem Erfolg. Cordula Stratmann und Co. liefern Woche für Woche interaktive Stand-up-Action vom Feinsten und haben mit dem Aufbau ihrer Sendung Schritt für Schritt den deutschen Markt revolutioniert. Dies haben auch Jens-Peter Schliermann und Rainer Stockhausen erkannt und der populären Serie ein eigenes Brettspiel gewidmet, in dem man selber in die Rolle der Comedians schlüpfen kann. Doch ist die Variante zum Selbermachen auch genauso witzig wie ihre Vorlage?

_Spielidee_

Ähnlich wie in der wöchentlich ausgestrahlten Comedy-Show geht es auch im Brettspiel darum, Regieanweisungen zu befolgen und sich mitunter dabei zum Affen zu machen. Insgesamt stehen vier verschiedene Figuren zur Auswahl, mit denen man so illustre Orte wie das Klo, das Sofa oder das Fenster aufsuchen muss, um dort dann die auferlegte Anweisung aktiv durchzuführen. Ziel ist es dabei, mit jeder einzelnen Figur genau eine Aufgabe zu erfüllen oder aber an den fünf verschiedenen Spielorten jeweils eine Regieanweisung zu befolgen. Wem dies als Erstem gelingt, der darf sich zum Comedy-Star des Abends küren lassen.

_Spielmaterial_

• das Bühnenbild der Schillerstraße
• 4 Pappfiguren
• 132 Karten mit Regieanweisungen
• 1 Würfelscheibe
• 1 Sanduhr

Das Spielmaterial, hier auch Requisiten genannt, ist nicht besonders aufwendig gestaltet und eigentlich nur Mittel zum Zweck. Vier Pappfiguren, die mit der Sendung nicht viel gemeinsam haben, und einige recht lieblos gestaltete Karten – das macht nicht wirklich viel her. Das Bühnenbild ist ebenfalls nicht herausragend, wird jedoch mittels der Spielschachtel ganz gut ins Spiel integriert. Zumindest das steht auf der Haben-Seite. Insgesamt ist hier jedoch nichts Besonderes enthalten.

_Spielaufbau_

Nachdem die Bühne aufgebaut und die Karten nach Personen sortiert wurden, beginnt das Spiel mit demjenigen, der „Schillerstraße“ am häufigsten im TV gesehen hat. Gespielt wird nun reihum, und zwar in zwei Schritten. Zunächst einmal dreht man an der Würfelscheibe und ermittelt dadurch, um wie viele Felder er eine der vier Figuren, die er oder sie selber auswählen darf, ziehen darf. Um zu bestimmen, welche Figur man für seinen aktuellen Zug bestimmt, schaut man nun auf die Kartenstapel und orientiert sich an der Oberseite der Karten daran, wohin man diese Figur ziehen darf. Ist zum Beispiel das Symbol mit der Toilette abgebildet und die Figur befindet sich auf dem Spielplan auch in Reichweite der Toilette, würde es Sinn ergeben, seine Figur nun dorthin zu bewegen. Schwierig wird es, wenn keine der Figuren nach dem Drehen der Würfelscheibe in Reichweite der Symbole ist, die auf den jeweils obersten Karten der Stapel abgebildet sind. Dann nämlich kann man den ersten Teil des Auftrags nicht erfüllen und wird keine weitere Regieanweisung mehr bekommen.

Sollte es indes gelingen, eine Figur an den entsprechenden Ort zu bewegen, hat man bereits den ersten Teil seiner Aufgabe erfüllt. Nun jedoch beginnt erst die Action: Der jeweils linke Spieler desjenigen, der gerade am Zug ist, nimmt nun die Karte der Figur, mit der man sich bewegt hat, und liest die Regieanweisung vor. Wem es gelingt, diese Aufgabe auch noch zu meistern, der darf die Karte behalten.

Die Regieanweisungen sind nun in vier verschiedene Kategorien unterteilt, in denen die unterschiedlichen Anforderungen beschrieben sind. Es gibt solche, die man während des Zeitrahmens von einem Sanduhrdurchlauf schaffen muss, dann solche, die man bis zu seinem nächsten Zug erledigen muss, Aufgaben ohne Zeitvorgabe und zuletzt Regieanweisungen, in denen man einen Mitspieler einschätzen muss. Letztgenannte funktionieren so, dass man die einzelnen Abstufungen mit der Hand anzeigen muss, für welche der drei Möglichkeiten er sich beim Einschätzen entschieden hat.

Hat der Spieler nun die Regieanweisung umgesetzt, müssen die anderen Spieler bewerten, ob er die Aufgabe richtig zufriedenstellend oder nicht ausreichend gelöst hat. Im Zweifelsfall wird eine Mehrheitsabstimmung durchgeführt und dann entschieden.

Hat nun ein Spieler als Erster mit jeder Figur eine Regieanweisung gemeistert oder aber alternativ Karten mit Symbolen aller fünf Orte auf dem Spielplan gesammelt, ist das Spiel sofort zu Ende. Der betroffene Spieler hat dann natürlich gewonnen.

_Meine Meinung_

Es ist ja oft so, dass ausgerechnet solche Spiele, denen wie im Beispiel der „Schillerstraße“ schon große Vorschusslorbeeren wegen des überzeugenden Konzepts der interaktiven TV-Show vorauseilen, letztendlich eine herbe Enttäuschung sind. Und leider Gottes werden die diesbezüglichen Befürchtungen bei der Brettspiel-Adaption der TV-Sendung auch voll und ganz bestätigt. Zwar hat man versucht, den prinzipiellen Aufbau der Originalvorlage weitestgehend zu übernehmen, doch macht es schon einen großen Unterschied aus, ob die verschiedenen Regieanweisungen in eine grundlegende Story eingebunden sind oder aber, wie nun hier geschehen, diverse Aufgaben völlig losgelöst von einem übergeordneten Thema gelöst werden müssen. Aus genau diesem Grunde kommt der Humor bei den einzelnen Fragestellungen auch nicht so richtig durch.

Zwar ist es witzig anzusehen, wie sich der eine oder andere bei manch komischem Auftrag vergeblich abmüht, aber verglichen mit Genre-Vorreitern wie „Activity“ ist das Repertoire der Regieanweisungen eher langweiliger Natur und nur selten mit dem unendlichen Spaß zu vergleichen, der einem jeden Donnerstagabend von der Mattscheibe entgegenflimmert. Außerdem ist der vermeintliche Spielspaß auch noch arg begrenzt. 132 Karten hören sich zunächst nach viel an, aber wenn man nun die maximale Spielerzahl von acht Spielern voraussetzt, hat man die einzelnen Stapel möglicherweise schon in einer oder zwei Partien durchgespielt. Doch das ist nicht einmal der wesentliche Punkt. Entscheidend für den enttäuschenden Gesamteindruck ist, dass das Spiel hinsichtlich Kommunikationsaktivität und tatsächlicher Action sehr weit hinter den Erwartungen zurückbleibt und daher auch keinen weiteren Reiz für die Wiederholung einer Partie liefert. Verständlicher ausgedrückt könnte man auch von Langeweile sprechen.

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