Waite, Urban – Schreckensbleich

Urban Waite wollte eigentlich Ingenieur werden, hat sich dann aber doch fürs Schreiben entschieden. Dass das kein schlechter Entschluss war, kann man in seinem Debüt „Schreckensbleich“ nachlesen.

_Phil Hunt züchtet_ zusammen mit seiner Frau Nora Pferde in der Nähe von Seattle. Um ein wenig zusätzliches Geld zu verdienen, schmuggelt er außerdem Drogen. Eines Tages wird er dabei von Bobby Drake, einem ambitionierten Jungsheriff, beobachtet. Der setzt Hunts Partner fest und erwischt auch den Pferdezüchter beinahe.

Hunts Auftraggeber gefällt es gar nicht, dass Hunt den Deal vermasselt hat. Nachdem sein Partner im Gefängnis ermordet wird, weiß Hunt, dass man es auch auf ihn abgesehen hat. Tatsächlich heftet sich Grady, der psychopathische Killer, auf seine Fersen – doch er ist nicht der Einzige. Auch Drake lässt der Fall keine Ruhe. Doch er kommt jedes Mal einen Schritt zu spät. Sowohl Hunt als auch Grady, der die Kontrolle über sich verliert und seinen Weg mit Leichen pflastert, sind ihm immer voraus. Aber dann vergreift sich Grady an der falschen Person …

_Urban Waite hat_ einen beachtlichen Debütroman geschrieben, der vor allem durch seinen Schreibstil gefällt. Waite zeichnet mit wenigen, aber sehr treffenden Worten das karge (Innen-)Leben dreier Männer nach, die sich gegenseitig jagen. Die nüchterne Atmosphäre, die der Autor dabei schafft, passt sehr gut zur Geschichte. Gelegentliche rhetorische Spielereien lockern den Roman auf und geben ihm ein eigenes Gesicht.

Die Handlung selbst klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas langweilig. Immerhin handelt es sich nicht um eine typische Krimistory, bei der ein unbekannter Mörder gesucht wird. Alle handelnden Personen sind bekannt, im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, wann sie ihre jeweiligen Ziele erreichen. Diese Jagd schildert Waite spannend und authentisch. Durch geschickte Wendungen baut er immer wieder Spannung auf, die drei Haupterzählperspektiven von Hunt, Drake und Grady sorgen dafür, dass man keinen Moment der Geschichte verpasst.

Die drei Figuren, die im Mittelpunkt stehen, sind sauber ausgearbeitet und sind authentisch. Gerade Drake und Hunt wirken, wie man sich Leute, die in einer ländlichen Gegend aufwachsen, vorstellt: wortkarge Einzelkämpfer, die lieber alles selbst machen als sich helfen zu lassen. Gradys Charakter ist naturgemäß etwas anders. Nicht umsonst wird er im Klappentext als psychopathischer Auftragskiller vorgestellt. Bei dem Versuch, sein Innenleben darzustellen, schlägt Waite sich, im Vergleich, ganz gut. Grady hat zwar diese typischen wahnsinnigen Züge, es bleibt aber in einem annehmbaren Rahmen. Trotzdem enttäuscht der Killer. Im Vergleich mit den anderen beiden Protagonisten und den sorgfältig gezeichneten Nebenfiguren wirkt er doch etwas beliebig.

_Alles in allem_ ist Urban Waite mit seinem ersten Roman jedoch ein tolles Buch gelungen – dank angenehm nüchternem, dabei aber trotzdem lebendigem Schreibstil und der tollen Figuren. Dass noch nicht alles stimmig ist, darf man bei einem Debütroman ruhig nachsehen.

|Taschenbuch, 360 Seiten
Originaltitel: The Terror of Living
Deutsch von Marie-Luise Bezzenberger
ISBN-13: 978-3426507766|
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