Friedmann, Celia S. – Kathedrale der Dämonen (Kaltfeuer 3)

Als die Menschen vor mehr als eintausend Jahren aus ihrem künstlichen Schlaf erwachten, um den Planeten Arna zu kolonisieren, ahnten sie nicht, wie gefährlich der Planet ist. Einer der Kolonisten vollführte ein Ritual, um Arna gnädig zu stimmen, um die Dämonen und Geister zu bändigen, die dem Unterbewusstsein der Kolonisten entsprangen.

Heute befindet sich Arna auf dem Stand des irdischen Mittelalters. Der Planet ist von einer Kraft umgeben, die sich Fae nennt und manipuliert werden kann. Doch das Fae ist gefährlich. So versagen alle Dinge, die zu viel Technik benötigen. Unter anderem schon simple Dampfkraft oder Schwarzpulverwaffen.

In dieser Welt lebt Pater Damien Kilcannon Vryce, der dem einzig wahren Gott dient. Er ist unterwegs nach Osten, um dort – auf einem unbekannten Kontinent – einen verborgenen Feind zu bekämpfen, der vielleicht die ganze Welt bedroht. Damien steht Gerald Tarrant zur Seite, ehemaliger Neograf von Merentha. Einst war er Begründer von Damiens Glauben – nun ist er der Teufel persönlich. Die beiden Männer werden von der Rakh Hesseth begleitet, die durch Geralds dunkle Macht menschliches Aussehen erhält.

Tatsächlich stoßen sie auf Zivilisation. Die Überlebenden einer vor Jahrhunderten verschollenen Expedition haben ein neues Reich gegründet und leben dort nach den Lehren, die einst vom Neograf von Merentha niedergeschrieben wurden. In diesem Gottesstaat gibt es funktionierende Technik, niemand ängstigt sich vor Dämonen und Monster, alle verehren den einen wahren Gott. Damien glaubt sich im Garten Eden, denn in seiner Heimat versagten die Menschen im Bemühen darin, dem rechten Glauben zu folgen. Doch Gerald Tarrant öffnet Damien rasch die Augen und reißt dem Feind die Maske herunter, hinter der er sich versteckt. Gerald, Damien und Hesseth fliehen …

Die Abenteuer von Damien und Gerald sind einfach faszinierend. Beide Männer sind scheinbar unterschiedlich, doch ihre Seelen weisen tiefe Abgründe auf. So ist Gerald ein skrupelloser Mörder, ein Vampir, der sich an der Angst seiner Opfer weidet. Und obwohl Damien ihn vernichten müsste, vertraut er diesem Mann, nährt ihn und lässt ihn jagen. Ganz nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Doch Damien ist sich bewusst, dass er auf einem schmalen Grat wandelt und jederzeit abstürzen kann. Hier arbeiten Licht und Schatten zusammen, kämpfen stets gegeneinander an und ergießen sich in Gegensätzen. Die Spannung bleibt am kochen, denn es ist fraglich, ob Gut oder Böse obsiegt – falls eine Seite überhaupt triumphieren wird.

Die emotionale Spannung baut sich also zwischen diesen beiden Männern auf. Die Figur der Hesseth wirkt noch blass, besitzt aber eine exotische Anziehungskraft. Bleibt abzuwarten, ob ihr Part in den nächsten zwei Bänden des Zyklus‘ stärker wird. Immerhin wurde der Originalroman „When True Night Falls“ (DAW Books Inc., New York) in drei Teile gespalten („Kathedrale der Dämonen“, „Tal der Nebel“, „Burg der Illusionen“). Dies geschieht zwar mit dem Einverständnis der Autorin, ist trotzdem unglücklich gemacht, da der Kaltfeuer-Zyklus vor allem im Ganzen besticht und die deutschsprachigen Bände künstlich gebrochene Spannungsbögen besitzen. Vom Preis ganz zu schweigen. Dafür hat sich der Verlag um anständige, zusammenpassende Titelbilder bemüht, die im Manga-Stil daherkommen und zu gefallen wissen.

Nun, trotz der Teilung ist „Kathedrale der Dämonen“ ein guter Roman, der sich flüssig lesen lässt. Friedman besitzt einen packenden Stil, der vom Übersetzer entsprechend eingefangen wurde. Bereits die ersten Seiten fesseln die Aufmerksamkeit, da C. S. Friedman erst einmal in die Vergangenheit reist und eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Arnas beleuchtet. Dann wechselt die Autorin in eine real wirkende Traumsequenz, um anschließend mit ihrer Geschichte zu beginnen. Ein kontroverses Stilmittel, das gefällt.

Neben den ausgeklügelten Helden buhlen auch die Antagonisten um die Gunst der Leser. Auch sie haben ihre dunklen Geheimnisse, die nicht gelüftet werden. Ausgefeilt, mit Ecken und Kanten, herausfordernd und gefährdet – auch die Gegenseite besitzt eine große Anziehungskraft.

Obwohl Celia S. Friedman viel Wert auf Charakterentwicklung und Emotionen legt, weiß sie auch blutige und harte Szenen zu beschreiben. So liest man plötzlich von verwesenden Kreaturen, ausgeweideten Menschen und Kindern, die als Dämonenköder dienen. Das ist nichts für zart besaitete Menschen.

„Kathedrale der Dämonen“ ist ein packendes Buch. Bleibt abzuwarten, wie dem Roman die Dreiteilung bekommt. Der Auftakt ist jedenfalls sehr gelungen.

|Originaltitel: When True Night Falls (1993)
Übersetzung: Ronald M. Hahn|

_Günther Lietz_ © 2004
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|