Giovetti, Paola – gefallene Engel, Der. Über den Teufel und das Böse in der Welt

„Der gefallene Engel“ ist eine interessante Arbeit über den Teufelsglauben, verfasst von einer italienischen Geisteswissenschaftlerin und damit einmal mehr ein notwendiger Beitrag dahin, dass auch Frauen vermehrt beginnen, sich in wissenschaftlichen Arbeiten mit der Teufelsthematik auseinander zu setzen. Denn dies geschieht auf andere Weise als es frühere männliche Kollegen taten. In ihrem Werk erscheint der Teufel nicht als das „Böse“, sondern sie greift auf alte Mythologien zurück und auf Aspekte des luciferischen Prinzips eines „Lichtbringers“, der z. B. bei den Griechen als Prometheus – welcher Zeus das Feuer raubte und es den Menschen brachte – in hohem Ansehen stand. Hervorragend ist ihre Aufarbeitung der Thematik in den romantischen Schriften und in der Kunst, Musik, Literatur – wo man ja über Dante, Goethe, Schiller, Baudelaire, Hugo, Dostojewski und viele andere im Teufelsthema sehr fündig werden kann. Aus dieser kulturhistorischen Sichtweise gelangt sie auch zu den heutigen psychologischen Auslegungen, ausgehend vor allem von der „Schatten“-Thematik bei C. G. Jung bis hin zu seinem bahnbrechenden Buch „Antwort auf Hiob“. Den inquisitorischen Diffamierungen gegenüber „schwarzen Messen“ und anderen Ausschweifungen der Satanisten hält sie den Spiegel der mittelalterlichen Hexenverbrennungen und des damit verbundenen „Aberglaubens“ an Besessenheiten entgegen und beruft sich dabei auf die Arbeiten von Sigmund Freud, der dies alles als absurde Phantasien des Unbewussten enttarnte. Das „Böse“ erkennt sie durchaus in politischer Hinsicht und führt Beispiele wie Adolf Hitler, die Golfkriege gegen Hussein oder die Konflikte im Balkan auf. Den Teufel kann sie darin nicht erkennen.

Nicht zuletzt aufgrund der reichhaltigen Bebilderung eine sehr schöne Arbeit, welche die Faszination des Lucifers in kulturspezifischer Hinsicht zusammenfasst. Im Grunde ist dies in etwa die Position wie sie in Deutschland auch der Orden „In Nomine Satanas“ (INS) vertritt. Leider gelingt ihr aber nicht der Sprung, den Teufel aus weiblicher Sicht ganz anders als patriarchalisch-traditionell neu zu definieren, wie es z. B. die deutsche Autorin Dagmar Scherf in ihrem Buch „Der Teufel und das Weib“ erstmalig vorlegte. In Italien war das Buch von Giovetti in der „Edizioni Mediterranee“ 1997 erschienen. Dieser Verlag ist einer der niveauvollsten okkulten Verlage Italiens, leider in Deutschland bisher nicht so sehr bekannt. Vor allem die umfassende Julius-Evola-Ausgaben dieser Edition warten noch auf ihre deutschen Übersetzungen. Es ist begrüßenswert, dass ein Großverlag wie |Hugendubel|, dem |Kailash| angehört, sich zu einer solche Übersetzung entschließen konnte und das macht Hoffnung, dass auch andere Titel dieses bedeutenden Verlages demnächst in deutscher Sprache zugänglich werden.