Robert A. Heinlein – Starship Troopers – Sternenkrieger

„Vorwärts, ihr Affen! Wollt ihr ewig leben?“ Dieses Zitat von Unbekannt, 1918, dürfte mittlerweile unter den Zuschauern des Films „Starship Troopers“ ausreichend in Erinnerung sein. So animiert, stürmten die Gefreiten freudig in die Schlacht, und „Schlacht“ muss man es wirklich nennen, das Gemetzel, das John Rico und seine Mitstreiter unter den „Bugs“, den „Fehlern der Evolution“, anrichten – oder umgekehrt, denn die Arachniden schlagen gnadenlos zurück. Doch nun zum Roman:

Der Autor

Robert A. Heinlein, nach mehreren Umfragen als einer der besten (manchmal sogar als |der| beste) Science-Fiction-Autor aller Zeiten bezeichnet, gewann mehr als einmal den |Hugo|-Literaturpreis (der nach Leserwahl vergeben wird) und gilt als eine der schöpferischsten und gleichzeitig umstrittensten Persönlichkeiten der SF. Für „Sternenkrieger“ / „Starship Troopers“ erhielt er 1959 den |Hugo Award|. Dieser Schlüsselroman zu Heinleins Werk gehört zu den umstrittensten Romanen des Genres.

Der Inhalt

J. Rico hat nie ernsthaft darüber nachgedacht, zur „Bundeswehr“ zu gehen. Dabei herrscht zu seiner Zeit ein Rechtssystem, das aus den Bürgern der Föderation erst vollberechtigte Bürger macht, wenn man seinen freiwilligen Wehrdienst abgeleistet hat. Zu den Rechten eines „echten“ Bürgers gehört unter anderem das Wahlrecht. Der Großteil der Bevölkerung (zumindest auf der Erde) verzichtet auf dieses Recht, entweder aus Pazifismus, Faulheit oder Desinteresse (Letztere verschreiben sich meist der Wirtschaft).

Aus Ricos Bekanntenkreis wollen sich zwei Freunde freiwillig melden: Carl, der zum Nachrichtendienst (Abteilung Elektronik) will, und Carmencita Ibanez, die zur Marine will, um Pilotin zu werden. Rico begleitet die beiden zur Meldestelle und entscheidet sich spontan für den Dienst – die Gründe sind ihm nicht ganz klar, aber trotz eindringlicher Warnungen des invaliden Empfangsoffiziers, der ihnen den Eid abnimmt, macht er seine Entscheidung nicht rückgängig. Während der Vereidigungszeremonie wird Rico bewusst, dass ihn dieser Eid im Extremfall nicht nur über die zwei obligatorischen Jahre als Zeitsoldat, sondern auf Lebenszeit verpflichtet!

Auf einer langen Liste vermerkt Rico seine primären Waffenwünsche – schlussendlich erhält er den letzten: die Mobile Infanterie (M.I.). Im Camp Currie (bekanntlich das härteste Ausbildungscamp der M.I.) absolviert er seine Ausbildung. Dabei sieht er viele Mitstreiter gehen, manche tot, manche freiwillig, manche entlassen. Er selbst ist kurz davor, das Handtuch zu werfen. Da erreicht ihn ein Brief seines ehemaligen Lehrers in Geschichte und Moral-Philosophie, Mr. Dubois (und wie er herausfindet, war Mr. Dubois Oberstleutnant der M.I.). Hier stellt sich heraus, dass Mr. Dubois den Jungen durchaus unterschwellig beeinflusst hat, denn er gratuliert ihm zum „Bergfest“ und drückt seinen Stolz aus. Rico merkt, wie ihm plötzlich nach aller Härte der Ausbildung die gleichen Anforderungen leicht von der Hand gehen – die Hürde ist genommen, der Weg zum Gefreiten frei.

Carl fällt bei einem Angriff der Bugs, Carmen taucht nur entfernt und kurz in seinem Gesichtsfeld auf, aber er ist ein M.I. Auf Anraten eines Freundes bewirbt er sich um ein Offizierspatent und verpflichtet sich endgültig als Berufssoldat. Sein Vater taucht auf und übernimmt seine Stelle bei den „Rauhnacken“ auf der Roger Young, während er die Ausbildung zum Offizier in einer anderen Einheit absolvieren soll. Während seines ersten Einsatzes als Unterleutnant (Training in der Befehlskette) kommt es zu einem Großangriff auf Planet P, um neue Erkenntnisse über die Bugs zu sammeln. Rico befürchtet Schlimmes, als sie eine andere Einheit ablösen sollen, aber nur noch auf Leichen stoßen …

Kritik

Im Gegensatz zum vielleicht bekannteren Film gibt es hier im Roman keine „Sunnyboys“ in Uniform, unfehlbar und stark. Rico und seine Gefährten sind normale Menschen, als Zivilisten in die Camps gekommen und zu Tötungsmaschinen gedrillt. Ihre Absprünge leisten sie trotz Drogen und Hypnose unter Todesangst, die sich erst direkt im Einsatz legt und den Reflexen die Herrschaft über den Körper gibt.

Die Perversion und der Zynismus, die eindeutig sowohl im Roman als auch im Film stecken, sind deutlich unterschiedlich gearbeitet: Wo im Film großartige Propaganda über Werbung, Nachrichten und dergleichen vorherrscht, gibt Heinlein im Roman philosophische Gedankengänge (die zum Teil äußerst gesellschaftskritisch sind) des Ich-Erzählers Rico sowie Passagen aus dessen Erinnerung an die Unterrichtseinheiten „Geschichte und Moral-Philosophie“ wider, was insgesamt sehr überzeugend wirkt. Tatsächlich kann man die Gedankengänge nachvollziehen, die hinter dieser „Militärdiktatur“ stehen.

Ich kannte bisher von Heinlein nur einen Jugendroman („Roter Planet“). Nun, durch die „Sternenkrieger“ aufmerksam gemacht, hat sich mir deutlich gezeigt, warum Heinlein zu den Besten seines Fachs gehört. In diesem Roman entwirft er eine Zukunftsgesellschaft, die sich wie automatisch aus der Misere unserer heutigen „pseudodemokratischen“ Gesellschaft entwickelt hat, indem sich sowohl das Moralverständnis als auch das Verantwortungsgefühl (beides soll laut Mr. Dubois im direkten Gegensatz stehen) entscheidend veränderten: Aus dem absoluten Chaos nach dem Zusammenbruch der Demokratien sorgten Kriegsveteranen langsam für Ordnung – ihre Entwürfe vom Wahlrecht der Veteranen hätten sich bis in die Gegenwart der „Sternenkrieger“ durchgesetzt, da nur ein Veteran die echte Verantwortung für das Volk besitzen könne und nicht von persönlichem Machtstreben oder ähnlichen Aspekten, die die Demokratie unmöglich machten, geleitet würde.

Ich sehe in den als philosophische Gedanken Ricos getarnten Kritiken Heinleins keine Glorifizierung des Militarismus und Darwinismus (nach dem Recht des Stärkeren), sondern die berechtigte Kritik an Regierungen und Gesellschaften, die hohe Moralvorstellungen (vielleicht sogar durch sie geschaffen) der Massen benutzen, um politische Entscheidungen zu rechtfertigen, die eigentlich im krassen Gegensatz zu dieser Moral stehen und im Endeffekt nicht aus einem Verantwortungsgefühl heraus entstanden sind, sondern aus Aspekten des persönlichen Vorteils.

Die großen Kontroversen um diesen Roman zeigen deutlich, dass Heinlein entsprechend mehrdeutig zu interpretieren ist.

Zurück von der Philosophie zum Handwerklichen des Romans. Heinlein ist wahrlich ein Meister des Wortes. Er fängt den Leser ein, bewegt sich aber in einer verständlichen Sprache und regt trotzdem mit jedem Kapitel zu neuem Nachdenken und neue Gedanken an. Die Entwicklung Ricos vom zurückhaltenden Rekruten über die höheren Positionen der Gefreiten bis zum Offizier geht mit einer geistigen Entwicklung einher, die den großen Unterschied in der Motivation eines einfachen Gefreiten und eines Offiziers überblicken lässt und zu manchen interessanten Erkenntnissen führt (zum Beispiel die Bezeichnung der Rekruten und Gefreiten als „Affen“ und Ricos Gedankenspiel dazu: beleidigend und anstachelnd für die einen, kann es für die anderen ganz andere Bedeutungen haben, die sich aus der Evolution des Menschen ableiten …).

Fazit

Absolut empfehlenswert für Unterhaltung und Gehirnschmalz; das Thema mag inzwischen vielfältig geschildert worden sein, doch zählt Heinleins Werk zur hohen Kunst der Schriftstellerei. Ganz anders als der Film wirkt der Roman in verblüffend ähnlicher Weise, geht jedoch einige andere Wege und kratzt nicht nur an der Oberfläche.

Taschenbuch: 336 Seiten
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