Interview mit Derek Meister

|Derek Meister wurde 1973 in Hannover geboren. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für das Geschichtenerzählen und den Film. So entstanden in den 1980ern erste „Drehbücher“ und mit Freunden erste Spielfilme auf Super-8 im Wald hinterm Haus.

Die frühen Versuche verschlugen ihn 1995 an die Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam/Babelsberg. Dort studierte er Film- und Fernsehdramaturgie. Schon während des Studiums wurden erste Drehbücher unter anderem vom ZDF realisiert. 2003 beendete Derek Meister sein Studium zum Film- und Fernsehdramaturgen mit Diplom.

Er entwickelte die Krimiserie „Mit Herz und Handschellen“ mit, die 2003 erfolgreich auf |Sat.1| lief und wurde mit „Weg!“ für den FirstSteps-Preis nominiert. Außerdem gewann das Spiel „Wiggles“, für das er das Drehbuch verfasste, zahlreiche Branchenpreise.

Bekannteste Werke sind die historischen Kriminalromane um den Lübecker Kaufmann Rungholt. Der Band „Rungholts Ehre“ wurde für den Friedrich Glauser-Preis in der Sparte „Bestes Krimi-Debüt“ nominiert.

Derek Meister ist verheiratet und arbeitet seit 1999 als freier Autor in Berlin.|

_Michael Sterzik:_
Guten Tag, Herr Meister. Was machen Sie gerade? Sind Sie zu Hause? Fühlen Sie sich an ihrem derzeitigen Wohnort wohl? Wo ist dieser zurzeit überhaupt?

_Derek Meister:_
Vor kurzem sind meine Frau und ich von Berlin weggezogen aufs Land, nach Niedersachsen. Noch ist nicht alles an seinem Platz, aber ich genieße es sehr hier. Die Spaziergänge mit unserem Hund über die Felder bringen immer wieder frischen Wind in meine Gedanken.

_Michael Sterzik:_
Ich gratuliere zu den aktuellen Erfolgen!

_Derek Meister:_
Vielen Dank.

_Michael Sterzik:_
Schon „Rungholts Ehre“ lief ausgesprochen gut und auch der zweite Teil der Historischen Krimireihe, „Rungholts Sünde“, wurde begeistert von den Lesern aufgenommen. Was erwartet diese in „Knochenwald“? Wird der dritte Roman die Charaktere vertiefen und noch mehr von Rungholts Persönlichkeit preisgeben?

_Derek Meister:_
In „Knochenwald“ ist Rungholts Verhältnis zu Kirche, Glaube und Aberglaube Thema. Er kommt nach München, um sich endlich durch eine Absolution von seiner schweren Sünde zu befreien. Natürlich erfährt man auch hier etwas mehr über Rungholt, seine Denke, seine Welt. Wir lernen zum Beispiel seine erwachsene Tochter Margot kennen und erfahren, wie Rungholt über ihre Ehe mit einem armen Flößer denkt. Das Schöne an einer solchen Reihe ist ja gerade, dass man tiefer und tiefer in die Figuren gehen und sie von immer mehr Seiten beleuchten kann.

_Michael Sterzik:_
Was verbindet Sie mit Lübeck? Warum lassen Sie die Geschichte um den bärbeißigen Kaufmann Rungholt in dieser schönen und geschichtsreichen Hansestadt spielen?

_Derek Meister:_
Zuerst ergab sich Lübeck aus den Recherchen zum ersten Band als Haupthandlungsort – wer etwas zur Hansezeit spielen lassen möchte, kommt um die „Königin der Hanse“ kaum herum. Vor der Arbeit an Rungholt hatte ich Lübeck noch nicht besucht. Doch durch die Recherche-Reisen nach Lübeck ist mir die Stadt sehr ans Herz gewachsen. Und ich freue mich immer wieder, wenn ich sie besuchen kann.

_Michael Sterzik:_
Ist Rungholt charakterlich mit Ihnen verwandt?! Finden Sie sich in dieser Person wieder?

_Derek Meister:_
Nein. Meine Frau meint, dass Rungholts Schussligkeit, seine Brille immer zu verlegen, ebenso eine Macke von mir sei. Vielleicht hat sie Recht …

_Michael Sterzik:_
Wie sind Sie dazu gekommen, im historischen Genre eine Krimireihe zu schreiben? Gerade im historischen Bereich erfordert das ja eine Menge an Recherchearbeit, um authentisch zu erzählen.

_Derek Meister:_
Und genau darauf habe ich mich gefreut. Vor Rungholt habe ich hauptsächlich für das Fernsehen moderne Stoffe geschrieben, allerdings auch Krimis. Aber ich wollte endlich einmal in andere Welten als das Hier und Jetzt tauchen, recherchieren und fremde (historische) Sujets schaffen – und endlich einmal nicht aufs Budget achten müssen.

_Michael Sterzik:_
Wie viele Romane haben Sie mit Rungholt geplant und werden diese immer in Lübeck spielen?

_Derek Meister:_
Rungholt ist und bleibt ein Hanser. In „Knochenwald“ zieht er ja bereits in den Süden, und als Kaufmann könnte Rungholt viel herumkommen – aber er scheut ja das Wasser! Und Lübeck ist und bleibt seine Heimat. Gerade schreibe ich den vierten Band, der wieder in Lübeck spielt.

_Michael Sterzik:_
Warum haben Sie für den dritten Band nicht Hamburg oder eine andere Hansestadt an der Ostseeküste gewählt?

_Derek Meister:_
Ich wollte Rungholt bewusst in die Fremde schicken, einmal ohne seinen gewohnten Rückhalt agieren lassen. Dass er dann bis nach München reisen musste, ergab sich durch das Gadenjahr, das tatsächlich 1392 in München stattfand, und das ja ganz wunderbar zu seinem Wunsch nach Absolution passte.

_Michael Sterzik:_
Sie sind ein erfahrener und recht erfolgreichen Drehbuchautor. Planen Sie, die Rungholt-Reihe zu verfilmen?

_Derek Meister:_
Nein. Ursprünglich hat mich auch die „Unverfilmbarkeit“ gereizt, denn eine authentische und atmosphärische Ausstattung würde doch ein üppiges Budget erfordern. Wenn dies jedoch jemand bereit ist aufzubringen, lasse ich mit mir handeln. Keine Frage.

_Michael Sterzik:_
Sie hatten vor Kurzem eine Lesung in Lübeck, in der St.-Petri-Kirche. Und diese war ein voller Erfolg. Welches Gefühl hatten Sie dabei, vor ca. 600 Menschen „Rungholt“ vorzulesen, ein Heimspiel für Ihren Protagonisten?

_Derek Meister:_
Mir ist schon das Herz in die Hose gerutscht. Vor so vielen Leuten hatte ich noch nie gelesen. Aber ich bin froh, wenn die Lesung den Zuhörern Spaß gemacht hat. Die Atmosphäre in der schönen Hallenkirche war großartig und die Lübecker sind immer ein tolles Publikum.

_Michael Sterzik:_
Ihre Frau und Sie sie schreiben für Kinder die Reihe „Drachenhof Feuerfels“. War es Ihre eigene Idee oder hat Sie Ihre Frau in diese phantastische Welt geschubst?

_Derek Meister:_
Eine Welt zu haben, in der es keine Pferde gibt, dafür aber nur Drachen, war zuerst meine Idee, doch in langen Spaziergängen haben wir zusammen die konkrete Welt des Grinfjördtals und die Heldinnen entwickelt.

_Michael Sterzik:_
Wird es beispielsweise eine Zeichentrickserie von dieser Reihe geben?

_Derek Meister:_
Noch nicht. Nein. Denkbar wäre dies aber durchaus.

_Michael Sterzik:_
Die phantastische Kinder- und Jugendliteratur erlebt seit der Geburt von „Harry Potter“ einen wahren Aufschwung. Meinen Sie, dieser sich noch weiter entwickeln wird?

_Derek Meister:_
Das ist schwer zu sagen, auf jeden Fall verwischen seit Harry Potter mehr und mehr die Grenzen zwischen „Kinderbuch“ und „Erwachsenenliteratur“, was ich persönlich für eine gute Entwicklung halte. Ich selbst habe diese Unterscheidungen niemals wirklich gemacht. Wenn eine Geschichte spannend ist, sollte es Erwachsenen nicht peinlich sein müssen, sie zu lesen, nur weil „Kinderkram“ wie Hexen und Zauberer darin vorkommen.

_Michael Sterzik:_
Welche Drehbücher haben Sie in Planung? Werden das Kino- oder eher Fernsehfilme werden?

_Derek Meister:_
Momentan schreibe ich neben den Büchern für verschiedene Fernsehsender. Im Herbst 2008 wird voraussichtlich ein TV-Movie von mir bei |RTL| laufen: „Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen“.

_Michael Sterzik:_
Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Schreiben Sie jeden Tag und dann gleichzeitig an mehreren Projekten?

_Derek Meister:_
Bis auf die Wochenenden habe ich jeden Tag ein Pensum von ca. 2000 Wörtern, das ich versuche einzuhalten. Neben den Büchern arbeite ich meistens parallel auch an einem Drehbuch. Aber ich blocke die Tage oder Wochen lieber, denn ständig in den Stoffen zu springen, ist nicht unbedingt meins.

_Michael Sterzik:_
Vielen Dank für das Interview, Herr Meister!

inhalt


http://www.rungholt-das-buch.de
http://www.feuerfels.com

Porträtfoto © Anke Jacob

_Derek Meister auf |Buchwurm.info|:_
[„Rungholts Ehre“ 4460
[„Rungholts Sünde“ 4767