Interview mit Tanja Heitmann

_Um Sie den Lesern vorzustellen, würden Sie uns etwas über sich persönlich erzählen?_

Gern! Ich bin ein Mensch, der die Kunst beherrscht, Teetasse und Buch gleichzeitig in den Händen zu halten, und dabei pädagogisch wertvolle Kommentare zu Lego-Bauwerken von mir zu geben. Womit meine wichtigsten Persönlichkeits-Bausteine genannt wären: Kind – Buch – Multitaskingfähig. Na ja, und dann ist da auch noch die Sache mit meinem Hang zur Fantastik … über die lese ich nicht nur wahnsinnig gern, sondern lasse sie auch in meine Bücher einfließen.

_Zählen Sie sich selber zu den Bücherwürmern? Welche Autoren und Genre bevorzugen Sie?_

Ich gehöre zu der Sorte Mensch, deren Motto lautet: Ich lese, also bin ich. Dabei greife ich überwiegend zu fantastischer Literatur, gern auch Kinder- oder Jugendbuch, da bin ich ganz offen, solange ich von der Geschichte nur verzaubert werde.

_Ihr aktueller Buchtipp für unsere Leser?_

Gerade verschlinge ich alles von Kevin Brooks, dessen Bücher zwar fantastisch, die Geschichten jedoch realistisch sind. Außerdem liegt gerade „Der magische Dieb“ von Sarah Prineas auf dem Nachttisch und begeistert nicht nur meinen Sohn.

_Welche Interessen und Hobbys haben Sie außer dem Lesen?_

Hobbys keine, aber Leidenschaften: Ich liebe Malerei und finde alles wunderbar, was mit Gärten oder Parks zu tun hat. Außerdem bin ich eine echte Spaziergängerin, vor allem am Meer. Oh, und alles, was mit Essen zu tun hat – ob nun selber kochen oder verspeisen.

_Wie kamen sie zum Schreiben, gab es da einen bestimmten Auslöser? Was hat Sie inspiriert?_

Der Held meines ersten Romans – der Vampir Adam aus „Morgenrot“ – war auf seine Weise so eindringlich, dass ich mich an meinen Laptop gesetzt und seine Geschichte aufgeschrieben habe, anstatt sie als Tagtraum vorbeiziehen zu lassen.

_Wie teilen Sie sich Ihre Zeit zum Schreiben ein, und haben Sie dabei bestimmte Vorlieben, was die Umgebung oder die Tageszeit betrifft?_

Da das Schreiben mit meinem sechsjährigen Sohn und dem Brotjob als Literaturagentin konkurriert, bekommt es immer die Zeit, die irgendwie übrig bleibt. Dafür habe ich einen festen Platz, an dem meine Romane entstehen: am Küchentisch, in der Nähe zum Kühlschrank … womit wohl so ziemlich alles über meine Vorliebe beim Schreiben gesagt ist.

_In ein paar Tagen erscheint Ihr neuer Roman „Traumsplitter“. Wie schon in „Morgenrot“ und „Wintermond“ spielt hier ein Dämon, diesmal ein Inkubus (Anm.: männlicher Traumdämon), eine Rolle. Was fasziniert Sie an diesen Geschöpfen?_

Mich fasziniert ihre innere Zerrissenheit, das Pendeln zwischen Unmenschlichkeit (nicht im Sinne von Grausamkeit, sondern Fremdheit, Andersartigkeit) und den Resten ihrer Menschlichkeit. Es ist spannend, an der Seite meiner Helden zu sein, wenn sie nach dem richtigen Weg suchen. Und es ist genau so spannend meinen Heldinnen dabei zuzusehen, wie sie mit dieser ungewöhnlichen Herausforderung zurechtkommen.

_Welche Bedeutung haben Träume für Sie persönlich?_

Wenn ich aufwache, bleibe ich noch eine Weile mit geschlossenen Augen liegen und versuche mich an meine Träume zu erinnern. Ob sie gut oder schlecht waren, ist dabei gleichgültig, ich möchte sie gern halten. Unsere Träume verraten viel von uns, allerdings in Form von Geschichten, die wir nicht immer gleich verstehen. Sie sind ein Teil von uns, den wir nicht kontrollieren können und der sich uns oftmals entzieht. Wer ist noch nie mit diesem bittersüßen Empfinden aufgewacht, im Traum jemandem Einzigartigen begegnet zu sein und am Morgen blieb davon nicht mehr als eine Ahnung? Träume sind ganze Welten in uns, die wir nur im Schlaf betreten können … mit Ausnahme von Gabriel.

_In „Traumsplitter“ spielt unter anderem ein märchenhafter Garten eine wichtige Rolle, gibt es diesen wirklich?_

Ich liebe die Natur und noch mehr liebe ich verwilderte Gärten. Für den „Traumsplitter“-Garten gibt es entsprechend nicht nur ein Vorbild, sondern er ist eine wilde Mischung aus all den Zaubergärten, die ich in meinem Leben besucht habe. Ich mag sie alt und am besten nicht sonderlich gepflegt, also wenn der menschliche Gestaltungswille nur noch zu erahnen ist. Mir Ellas Garten bis ins kleinste Detail auszumalen, war ein wichtiger Part beim Schreiben, denn je besser ich mich dort auskannte, desto besser verstand ich auch meine Heldin.

_Haben Sie selber einen Lieblingscharakter in „Traumsplitter“ und hat dieser Ähnlichkeiten zu einer lebenden Person?_

Den Helden der eigenen Geschichte steht man ja automatisch sehr nah, weil man viel Zeit mit ihnen verbringe. Oftmals schleicht sich jedoch eine Nebenfigur ins Autorenherz … in „Traumsplitter“ ist das definitiv Kimi, Ellas ziemlich eigensinniger 15-jähriger Neffe, über dessen schrille Outfits und Empfindsamkeit, die er hinter krassen Sprüchen verbirgt, ich unheimlich gern geschrieben habe. Aber so wie alle meine Figuren ist Kimi erdacht und stolz darauf!

_Anders als in den bisherigen „Dämonen“-Büchern ist die Ambiente in „Traumsplitter“ auffallend sommerlich und schon fast leuchtend, wie kam es zu diesem Stilwechsel?_

Dass „Traumsplitter“ sich abheben würde, stand von Anfang an fest, als ich die „Dämonen“-Reihe entwickelt habe, nicht umsonst hieß er lange Zeit „Sommerroman“. Die meisten Geschichten um innerlich zerrissene Helden sind ihrer Natur entsprechend eher düster, aber in Gabriels Fall war das schlichtweg unmöglich. Sicherlich hat es mit dem Thema Träume zu tun, das ja niemals schlicht schwarz-weiß ist, aber eben auch mit meinem Paar: Ella und Gabriel sind trotz der Abgründe, die sich vor ihnen auftun, nicht unterzukriegen, sie sind „Sommernaturen“.

_Wie gefällt Ihnen das Cover zu „Traumsplitter“? Es ist ja doch ganz anders wie die Cover zu Ihren anderen Dämonenromanen._

Der Wechsel war in diesem Fall wichtig, weil „Traumsplitter“ halt aus der Reihe herausfällt und dass auch gezeigt werden sollte. Die Geschichte ist jünger, lichter und verspielter als „Morgenrot“ oder „Wintermond“. Ich bin ganz begeistert, weil die Coverillustration wichtige Elemente aus dem Roman aufgreift: Spiegel, Ranken, eine alte Villa …

_Für das Hörbuch zu „Traumsplitter“ wurde Annina Braunmiller, die deutsche Synchronstimme von Bella Swan (Biss-Reihe) arrangiert. Was sagen Sie zu dieser Wahl?_

„Schall & Wahn“ hatte Annina gebeten, „Traumsplitter“ einzulesen, weil sie zum einen eine wunderbare Sprecherin ist, die vielschichtig liest, und zum anderen, weil ihre Stimme schlicht zu Ella Johansen passt. Diese Leichtigkeit, mit der Aninna liest, das stimmt einfach.

_Was erwartet uns Leser künftig aus Ihrer Feder?_

Im Augenblick steckte ich in der Zwickmühle: Soll ich die seit Langem geplante Fortsetzung von „Morgenrot“ schreiben, die „Traumsplitter“-Geschichte weiterspinnen oder etwas ganz anderes machen? Eins steht zumindest fest: Dem fantastischen Jugendbuch bleibe ich treu, ich arbeite gerade am Abschlussband meiner „Schattenschwingen“-Trilogie.

_Und abschließend: Wenn Sie drei Wünsche für die Zukunft freihätten, welche wären das?_

Oh, Wünsche! Meine absolute Lieblingsfrage, die ich ganz persönlich beantworte, okay?

Das Erlernen der Kunst, nicht schlafen zu müssen, um mehr mit offenen Augen zu träumen.

Ein „In-der-Zeit-Zurückhopser“, damit ich einen gewissen jungen Herrn immer wieder in seinem sechsten Lebensjahr besuchen kann.

Einen Apparat, der meine Romanideen sofort in eine anständige, rechtschreibfehlerbehobene Fassung bringt, sodass ich ohne die elende Tipperei zur nächsten Idee übergehen kann.

_Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben._