Wer vom Kampf gegen Windmühlen im übertragenen Sinne nicht genug bekommen kann – und das sollte ja eigentlich nur selten der Fall sein, weshalb diese Einleitung gleich wieder paradox erscheint – der sollte sich einmal umgehend mit dem frisch gepressten Pegasus-Titel „Don Quixote“ auseinandersetzen. Zwar findet jener Kampf auch auf dem Brett nur im symbolischen Rahmen statt; aber die Tatsache, dass bei diesem Legespiel nicht wirklich alles so funktioniert, wie man es sich in seinen kühnsten Planungen vorstellt, geht dann doch als griffige Parallele durch.
_Spielidee:_
„Don Quixote“ ist im Großen und Ganzen ein Solospiel, denn jeder einzelne Spieler, 1-4 Beteiligte sind möglich, kämpft letzten Endes für sich selbst. Hierzu bekommt er einen Bogen, der ein Fürstentum darstellt, und 24 Plättchen, mit deren Hilfe ein Wegenetz gestaltet werden soll, welches möglichst viele gleiche Symbole miteinander verbindet. Kirchen, Windmühlen und auch Ritter suchen nach einem direkten Zugang, während die Ritter ferner auch noch Burg und Grenzen verteidigen sollen. Allerdings ist man in seiner Entscheidung, wo welches Plättchen platziert wird, an gewisse Vorgaben gebunden. Und so stößt selbst das vorab am klügsten ausgetüftelte Wegenetz irgendwo an seine Grenzen. Aber mit ein bisschen Geschick wird man sein Fürstentum dennoch mit möglichst vielen Siegpunkten bereichern und mit dem besten Ergebnis von Dannen ziehen.
_Spielmaterial:_
4 Fürstentümer
1 Punkteleiste
4 Übersichtstafeln
96 Plättchen
4 Punktanzeiger
24 Positionskarten
Das Spielmaterial erinnert sicherlich nicht bloß zufällig an die Kärtchen des „Carcassonne“-Spiels – schließlich ist das Spielsystem (zumindest in groben Zügen) durchaus vergleichbar – ist aber in erster Linie sehr zweckdienlich gestaltet. Die nötigen Informationen werden über die Übersichtstafeln und das Plättchenmaterial gegeben, alles andere bleibt sehr schlicht und sorgt leider nicht gerade für eine besonders prickelnde Atmosphäre. Andererseits spielt sich das Ganze sehr fließend, was wiederum auf die simple, leicht verständliche Gestaltung der Materialien zurückzuführen ist. Ergo: Ein Hingucker ist der Packungsinhalt nicht; aber für das sofortige Spielverständnis sind alle Bedingungen erfüllt.
_Spielvorbereitung:_
Zu Beginn des Spiels bekommt jeder Spieler die Materialien in der von ihm gewählten Spielfarbe, das heißt 24 Plättchen, ein Fürstentum mit den Koordinaten A1 bis H3 sowie eine Übersichtstafel für die Punktewertung zwischen den insgesamt drei Durchgängen des Spiels. Der entsprechende Punktanzeiger wird auf das Startfeld der Leiste gesetzt. Anschließend sucht jeder Spieler aus seinen Plättchen die beiden Burgen heraus. Ein Spieler zieht nun für jede Burg ein Positionskärtchen; die Burg wird auf jedem Tableau (Fürstentum) im Anschluss daran genau dort angebracht, wo es die Positionskarte vorgibt, das heißt bei jedem Spieler an der gleichen Stelle. Als Letztes werden nun die übrigen Plättchen umgedreht und neben das Fürstentum gelegt.
_Spielablauf:_
„Don Quixote“ wird in insgesamt drei Durchgängen gespielt, die in ihrem Ablauf nahezu identisch sind, sich aber lediglich in ihrer Wertung und der Menge der Plättchen, die jeweils benötigt werden, unterscheiden.
Im ersten Durchgang nimmt jeder Spieler neun der verdeckten Plättchen und breitet sie offen vor seinem Tableau aus. Anschließend werden reihum immer neue Positionskarten gezogen. Jeder Spieler entscheidet nun, welches seiner Plättchen er auf die festgesetzte Position legt und wie er sein Wegenetz dementsprechend gestaltet. Sobald alle Plättchen eingesetzt wurden, kommt es zu einer ersten Wertung. Wer sein Fürstentum nun an den Grenzen mit einem bestimmten Wert aus Rittern gesichert hat, darf sich für die Landesverteidigung fünf Punkte anrechnen. Für verbundene Windmühlen und Kirchen gibt es abhängig von der Menge jeweils einen bzw. zwei Punkte pro Mühle/Kirche. Und auch die Verbindungen von Rittern zu den Burgen können lukrativ sein und errechnen sich aus den Werten der Burg.
Nach der ersten Zwischenwertung wird das Spiel mit sieben neuen Plättchen fortgesetzt. Die nachfolgende Zwischenwertung ist in ihren Bedingungen schon ein bisschen schärfer, was Menge und Wert der Ritter betrifft. Ansonsten bleibt hier alles identisch. Im letzten Durchgang werden schließlich fünf weitere Plättchen gezogen, ein Letztes erst einmal außen vor gelassen. Dieses wird nämlich am Ende die letzte Lücke im Fürstentum schließen. Bei der finalen Wertung wird neben den üblichen Faktoren auch noch die beste zusammenhängende, also per Weg verbundene Rittergruppe gewertet. Die Punktzahl ergibt sich aus dem addierten Wert der zugehörigen Ritter.
Nachdem nun alle Punkte auf der Leiste gewertet wurden, wird der Sieger ermittelt. Die Spielanleitung gibt dabei vor, welche Werte respektabel, gut und phantastisch sind – das ist besonders für das Solospiel interessant, zeigt aber auch gerade in den ersten Runden, wie viel Spielraum nach oben noch besteht. Aber das ist im Spiel mit zwei oder mehr Spielern zunächst irrelevant. Es gewinnt nämlich selbstredend mit dem besten Punktewert, ganz gleich wie groß dieser ist.
_Persönlicher Eindruck:_
Die Option, das Ganze auch alleine spielen und sich selbst fordern zu können, macht „Don Quixote“ zu einem wirklich besonderen Spiel. Denn insbesondere die Solovariante ist eine wirklich lohnenswerte Geschichte, die zwar die einzelnen Tücken der Spielmechanik nicht aushebeln kann, aber zumindest den nicht zu unterschätzenden Glücksfaktor ausblendet.
Letztgenannter ist nämlich im Spiel mit mehreren Personen etwas zu stark ausgeprägt und verhindert oftmals auch jedwedes taktische Vorgehen. Denn man hat keinen Einfluss darauf, welche Plättchen nachgezogen werden und inwiefern die Positionskarten einem bei der Auslage wirklich behilflich sind. Sind beispielsweise zu Beginn kaum Ritter im Spiel, kann man die Befestigungen von Burg und Grenzen nur schwer wieder aufarbeiten. Und sollte ein anderer Spieler hier mehr Glück haben, wird er in 99 von 100 Fällen definitiv uneinholbar vorziehen. Dieser Mechanismus kann rein strategisch auch kaum ausgebessert werden, da man immerzu davon abhängig ist, welche Positionen vorgegeben werden und welche Plättchen man nachzieht – und das zerstört irgendwie dann doch ein an sich interessantes, relativ flottes Spiel.
Immerhin kann durch das Wertungssystem so manche Eigenheit der Spielmechanik aufgefangen werden. Aber auch hier ist eine Abhängigkeit von den Positionskarten nicht von der Hand zu weisen, wenngleich sie einigermaßen akzeptabel ist. Aber den eigentlichen Reiz hat bis zuletzt vorrangig das Solospiel, bei dem man wirklich nur nach seinem eigenen Tableau schaut und welches dementsprechend auch eine ganz andere Zielvorgabe beschreibt. Aber, und das ist dann wieder der Haken: Für ein Ein-Mann-Spiel scheint „Don Quixote“ (noch) nicht in der passenden Preisklasse zu liegen.
_Fazit:_
Den Spaßfaktor von „Don Quixote“ kann man sicher nicht abstreiten, zumindest nicht in den ersten Partien. Aber die vielen glücklichen Fügungen, die das Spiel bestimmen, tragen einen maßgeblichen Teil dazu bei, dass Hobby-Strategen im aktuellen Titel von Reinhard Staupe bald an ihre Grenzen stoßen. Dennoch: Die Spielidee ist nett und lohnt einen Testlauf. Aber für eine verpflichtende Anschaffung ist „Don Quixote“ bislang noch nicht in entsprechendem Maße ausgereift. Aber das kann sich schon bald ändern; denn wie das Begleitheft verrät, wird bereits an weiteren Ergänzungen gearbeitet. Abwarten wäre daher zunächst sinnvoll!
|Gesellschaftsspiel für 1-4 Spieler
Spieldauer: 20-30 Minuten
Empfohlen ab 8 Jahren
ASIN: B00379SGZ2|
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