Jodorowsky, Alejandro / Theo – schreckliche Papst, Der – Band 1: Giuliano Della Rovere

Das päpstliche Heiligtum scheint in letzter Zeit in keinem guten Licht mehr zu stehen. Zumindest in der Medienwelt ist die Lage für den Vatikan äußerst prekär, wenn man überdenkt, wie viele Serien sich in letzter Zeit mit den Machenschaften der päpstlichen Historie beschäftigen bzw. mit wie vielen blauen Augen die Kirche und ihr Oberhaupt bei den einschlägigen Produktionen weggekommen sind. Auch im Comic-Bereich scheint das Thema nicht minder interessant zu sein; der chilenische Autor Alejandro Jodorowsky hat sich der Sache in seiner Serie „Der schreckliche Papst“ gewidmet und geht dabei nicht weniger schonungslos mit dem Vatikan um als seine Vorreiter im TV.

_Inhalt:_

Nach dem Tod des jüngsten Papstes Alexander VI. ist der Vatikan dringlich darin bemüht, schnellstmöglich einen Nachfolger für den Verstorbenen zu finden. Aus aller Herren Länder reisen Anwärter nach Rom, um ihren Anspruch geltend zu machen, müssen aber mit anschauen, wie der zwielichtige Giuliano Della Rovere mit hinterlistigen Machenschaften und betrügerischen Maßnahmen selbst nach dem Thron greift.

Mit Arglist und seiner spitzen Zunge gelingt es ihm alsbald, das kirchliche Regime an sich zu reißen und seine neue Macht auszukosten. Doch der grausame Papst und seine Betrügereien bleiben nicht ungeahndet; der Widerstand gegen das päpstliche Mafia-Komplott wächst, allerdings versucht jede Instanz letzten Endes nur, ein Stück des großen Machtkuchens zu ergattern. Doch Giuliano Della Rovere kennt keine Gnade mit seinen Nebenbuhlern und beseitigt auf abschreckende Weise jeden einzelnen, der sich gegen ihn aufzulehnen wagt …

_Persönlicher Eindruck:_

„Der schreckliche Papst“ ist nicht die erste Abhandlung zum angesprochenen Thema, mit der sich Alejandro Jodorowsky in seiner Bibliografie beschäftigt. Bereits in „Borgia“ gönnte er sich einen Ausflug ins verruchte mittelalterliche Rom, und auch wenn es keine offizielle Überleitung gibt, so knüpft der renommierte Comic-Autor in seiner neuen Reihe konsequent dort an, wo er seinerzeit endete.

Allerdings wirkt in „Giulano Delle Rovere“ alles noch skrupelloser und straighter als das, was Jodorowsky im inoffiziellen Vorläufer schilderte: Inzestuöse Triebtaten wechseln sich mit brutalen Morden, tückischen Attentaten und erschreckend gefühlskalten Machtspielchen ab, und dies alles unter dem Vorwand, Gott und der Kirche zu dienen und alles zu tun, um Italien zu einen und die durchtriebenen Gegner des Regimes zu zerstören. Und der neue Past geht tatsächlich mit eiskalter Hand vor, verbündet ahnungslose Familienmitglieder im Bestreben, seinen Machtbereich auszuweiten, bringt einstige Würdenträger kurzerhand selber um die Ecke und findet selbst für jedes noch so schlimme Vergehen eine Rechtfertigung, die sich für die teils Nichtsahnenden verbündeten schlüssig anhört – Widerspruch ausgeschlossen.

Insofern ist die Handlung nicht nur bösartig und ruppig in ihrer Präsentation, sondern auch im widerwärtigen Tonfall des Hauptdarstellers und zumindest offiziell Auserwählten. Jodorwsky wählt ein sehr provokantes Setting, stattet es mit ebenso anrüchigen Gestalten aus und stellt die Kirche in ein Licht, wie es stellenweise makaberer kaum sein könnte. Dabei sucht er eine überspitzte Performance aus, die zwar manches Mal ein wenig an Glaubwürdigkeit verliert, dafür aber umso eindringlicher das beschreibt, was „Der schreckliche Papst“ am Ende ausmacht – nämlich die ekelhaftesten Charaktereigenschaften aufzuzeichnen, die der Machtwille in einer einzelnen Person auslösen kann. Und bei diesem Versuch landet der Chilene auf Anhieb Erfolg, selbst wenn einige Wendungen innerhalb der Story schon sehr abstoßend sind.

Folgerichtig ist „Giuliano Della Rovere“ auch kein sonderlich komplexer Comic, auch wenn sich auf den 56 Seiten mehrere Verstrickungen miteinander verweben und der Widerstand gegen das Oberhaupt aus verschiedenen Richtungen kommt. Die Geschichte ist sehr direkt, die Nebenstränge dulden keinen langen Aufschub, die Atmosphäre bzw. die Wirkung der einzelnen Akte erfährt dadurch aber einen deutlichen Zuwachs in Sachen Intensität.

Da die Serie lediglich auf zwei Bände ausgelegt ist, mag die inhaltliche Kompromisslosigkeit auch nicht großartig verwundern. Doch Jodorowsky beweist eben, dass es manchmal empfehlenswerter ist, direkt auf den Punkt zu kommen – ganz besonders, wenn es um ein solch immer noch brisantes Thema geht. Und dafür bzw. generell für den ersten Band von „Der schreckliche Papst“ gebührt dem Mann großer Respekt!

|53 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868691610|
http://www.splitter-verlag.eu