Dies ist der zweite Band der Sage vom Übermann Garth, der sein Volk in der Eiswüste des Nordens verlässt, um in der Fremde Unsterblichkeit zu erlangen. Auf seinem Kriegstier Koros, einer furchterregenden Raubkatze, reitet er durch die Lande, ausgesandt mit abenteuerlichen Aufträgen im Dienste des Vergessenen Königs, um der Legende seines Lebens neue Ruhmestaten hinzuzufügen.

Der Autor

Der Amerikaner Lawrence Watt-Evans, 1954 geboren, begann schon mit 21 die ersten Stories zu veröffentlichen. Seine Romane – er schrieb nur wenige Stories – neigen oft dazu. Die Genre-Grenzen auszudehnen oder sogar zu überschreiten, so etwa in Richtung Science-Fiction. Er begann mit Fantasy, und „Die Herren von Dûs“ war sein erster Zyklus. Eine weitere erwähnenswerte Fantasy-Sequenz dreht sich um Ethshar, doch nur deren erster Roman wurde bei uns unter dem unzutreffenden Titel „Das verhexte Schwert“ (The Misenchanted Sword = das falsch behexte Schwert, 1985) veröffentlicht.

Der Zyklus „Die Herren von Dûs“

1) Der Blick des Basilisken (1980)
2) Die sieben Altäre von Dûsarra (1981)
3) Das Schwert des Bheleu (1982)
4) Das Buch der Stille (1984)

Handlung

Übermann Garth hat sein Volk verlassen, das in der Eiswüste des Nordens lebt, um in der Fremde Unsterblichkeit durch ruhmreiche Taten zu erlangen. Der zerlumpte und steinalte Mann, der sich der Vergessene König nennt, schickt Garth diesmal in die Stadt Dûsarra. Er soll von den Altären der sieben Tempel dasjenige rauben, was er darauf findet. Wenn ihm dieser Job auch als hundsgemeiner Diebstahl vorkommt, so führt doch Garth den Auftrag aus.

Es gelingt ihm, seine fette Beute wegzuschleppen: Juwelen, heilige Gerätschaften, Waffen oder auch nur eine Handvoll Staub. Wie man sich leicht vorstellen kann, stößt Garth jedesmal auf erbitterten Widerstand der jeweils betroffenen Priesterschaft. Den Widerstand kann er nur brechen, indem er Menschen tötet.

Im siebten Tempel erfährt Garth, dass der Vergessene König, sein Auftraggeber, ein entsetzlicher Mann ist: der Hohepriester des Todes selbst und somit unsterblich. Zu spät erkennt Garth die bittere Ironie seines Schicksals. Er wurde zu einem Werkzeug des Todes gemacht. Muss er in alle Ewigkeit solche Verbrechen begehen, wie er sie in Dûsarra verübt hat?

Mein Eindruck

Fällt der Begriff „Übermann“, so wird meist dreierlei assoziiert: Nietzsche, Hitler und – auf dem Feld der Fantasy – Gestalten wie Conan der Cimmerier oder Herakles.

Diese letzte Verbindung ist im Zusammenhang mit der Hauptfigur Garth in Lawrence Watt-Evans‘ Fantasy-Zyklus „Die Herren von Dûs“ gar nicht mal falsch. Doch gibt es einen gravierenden Unterschied zu Conan: Garth gehört nicht der menschlichen Rasse an. Er sieht zwar beinahe wie ein Mann aus, ihm fehlt aber jedes Interesse an Machtausübung über Menschen und auch an Frauen.

Wenn er sich im Auftrag des Vergessenen Königs – dessen Identität immer nur vermutet werden kann – zu diversen Heldentaten aufmacht, die ihm unsterblichen Ruhm einbringen, so betrachtet er seine menschlichen Gegner mit ganz anderem, seltsam distanziertem Blick: wie die Menschen sich verhalten, was sie sagen, tun oder glauben – alles erscheint Garth wie auch uns, die wir mit seinen Augen sehen, im verfremdenden Licht seiner Andersartigkeit. Infolgedessen scheint neben dem Pathos von Heldentaten und dem nüchternen Pragmatismus von Garths Ansichten eine Ironie auf. Diese erst macht die Lektüre seiner Abenteuer interessant, unterhaltsam und mitunter sogar vergnüglich.

Watt-Evans‘ Fantasyzyklus „Die Herren von Dûs“ ist größtenteils spannend und farbig erzählt, so dass für prächtige Unterhaltung gesorgt ist. Mit dem muskelbepackten Helden Garth wird auch eine neue Art „Held“ eingeführt: der (meist) nüchtern überlegene Alien, der den Menschlein kühl bis distanziert gegenübertritt. Seine auffälligste Eigenschaft besteht darin, über sein jeweiliges Handeln als Übermensch, auch als Gott-Besessener intensiv nachzudenken. Das ist ein Umstand, den der Leser ähnlicher Sword & Sorcery-Erzeugnisse durchaus dankbar zu schätzen wüsste, ja, wenn dadurch nicht lange Passagen entstünden, die in erster Linie Langeweile erzeugen. Zum Glück nehmen diese überflüssigen und prätentiösen Stellen nicht überhand.

Unterm Strich

In seinem Fantasy-Zyklus unternimmt es der Autor, die zwölf Heldentaten des Herkules in neuem Gewand zu erzählen. Die Romane sind unterhaltsam und gespickt mit Ironie. Leider hat Garth, der Held, seine Quote nicht erfüllt – nach vier Abenteuern war Feierabend -, was für den Leser ein wenig unbefriedigend ist.

Sword and Sorcery: Schwerter und böse Magie – das sind die hauptsächlichen Zutaten zu den Abenteuern des Übermannes Garth, der im Auftrag des unsterblichen Vergessenen Königs Aufträge ausführt, die selbst einem Herakles oder Conan zur Ehre gereichen würden.

Für jungengerechte Unterhaltung ist also gesorgt, doch das reicht dem Autor nicht. Stets vollführt seine Handlung eine überraschende Wendung, sei es, indem der Held eine unerwartete Rolle übernimmt, sei es, dass eine überraschende Erkenntnis dem Ganzen eine ironische Note verleiht.

Taschenbuch: 317 Seiten
Originaltitel: The Seven Altars of Dûsarra, 1981
Aus dem US-Englischen von Joachim Pente
ISBN-13: 9783453004481
www.heyne.de

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