Manel Loureiro – Apokalypse Z: Zorn der Gerechten

Darum geht’s:

Drei Überlebende der weltweiten wütenden Zombie-Apokalypse geraten erst unter religionsfanatische US-Südstaaten-Rassisten, deren Schlupfwinkel wiederum von einer fünften Kolonne nordkoreanischer Welteroberer angegriffen wird … – Der letzte Teil der „Apokalypse-Z“-Trilogie verblüfft primär durch den bizarren Plot, während es ansonsten horrortypisch (Untote) bzw. dramatisch (Menschen) zugeht: Lesefutter.

Das geschieht:

Vor zwei Jahren setzte eine Horde Terroristen versehentlich einen sowjetischen Alt-Kampfstoff frei, der seine Opfer erst tollwütig macht, dann tötet und schließlich als Zombies wiederkehren lässt, die nach frischem Menschenfleisch gieren. Binnen weniger Monaten haben die Untoten die Welt überrannt. Nur wenige Überlebende konnten sich kleine, schwer befestigte Rückzugsrefugien schaffen oder irren in den Ruinen der untergegangenen Zivilisation umher.

Knapp haben Anwalt Manel, sein Kater, der Pilot und Ex-Soldat Victor „Prit“ Pritschenko und die junge Lucía den Untergang einer Kolonie auf der Insel Teneriffa überlebt. An Bord eines alten Segelbootes fahren sie auf den Atlantik hinaus – und geraten in einen Sturm, den sie nur überleben, weil sie von der Besatzung des gigantischen Öltankers „Ithaka“ entdeckt und gerettet werden.

Doch die Gefährten geraten vom Regen in die Traufe: Dies ist ein Schiff des US-Südstaaten-Predigers Greene, der es geschafft hat, das Städtchen Gulfport am Mississippi in eine zombiefreie Festung zu verwandeln: dies freilich nur für weißhäutige, katholische und vor allem ihm unterwürfige Männer und Frauen. Wer nicht Greenes Wertmaßstäben genügt, muss schwer bewacht hinter einer separaten Mauer sein Leben fristen und als „Helot“ gegen die Untoten kämpfen.

Im weit entfernten Asien hat ausgerechnet das von der Restwelt abgeschottete Nordkorea die Zombies fernhalten können. Doch dem Unterdrückerregime geht das Erdöl aus. Als ihm die Kunde von Greenes Tanker zu Ohren kommt, wird eine Spezialeinheit unter dem Kommando des gnadenlosen Obersts Hong nach Nordamerika geschickt. Sie soll nicht nur den Tanker erobern, sondern Gulfport zerstören: Nordkorea plant die Weltherrschaft und duldet keine Konkurrenten. Der wahnwitzige Plan könnte aufgehen, denn die Untoten beginnen zu ‚sterben‘, weshalb die Erde bald wieder zombiefrei sein dürfte …

Ende statt Höhepunkt der Z-Apokalypse

Am Anfang dieser Lektüre steht diese Frage: Wird es dem Verfasser gelingen, den enttäuschenden Durchhänger seiner recht verheißungsvoll gestarteten „Apokalyse-Z“-Trilogie wiedergutzumachen? Was er uns in Teil 2 präsentiert bzw. zugemutet hatte, war nur schwacher Tobak – und ein Hinweis darauf, dass Autor Loureiro vom eigenen Erfolg überrascht bzw. eine Fortsetzung vom zufriedenen Verlag gewünscht sowie gut honoriert wurde. Dem folgte die alte Erkenntnis, dass nichts schwieriger ist als an einen Erstlingserfolg anzuknüpfen ; jedenfalls spräche es gegen Loureiro, würde er glauben (oder behaupten), mit den beiden Fortsetzungen die Wirkung des Debüts wiederholt oder gar gesteigert zu haben.

Tatsächlich bietet „Zorn der Gerechten“ wieder Standardkost in der Kategorie Zombie-Horror. Wie sollte dort ein frischer Wind aufkommen, wo das Arbeitsmaterial überaus simpel strukturiert ist? Loureiro bietet zwar Zombies, die zunächst tollwütig herumspringen. Sobald sie untot sind, verhalten sie sich jedoch ‚normal‘: Sie sind beinahe hirntot und nur aufgrund ihrer Übermacht und ihrer Unverwüstlichkeit gefährlich. Zusätzlichen Schrecken verbreiten sie durch ihren Anblick, der durch körperliche Unvollständigkeit, Zerfall und andere Schrecken geprägt wird, die normalerweise unter Friedhoferde verborgen bleiben.

Auf die Dauer erschöpft sich dieses Gruselpotenzial. Also kommt es, wie es kommen muss: Die Untoten stellen vor allem das Grundrauschen in einer Geschichte dar, die ansonsten von quicklebendigen Menschen bestimmt wird. Loureiros Zombies sind einfach da, aber sie handeln nicht bzw. bleiben auf die Befriedigung ihres einen Grundbedürfnisses fixiert. Das mag mehr als ausreichen, sollte man ihnen real gegenüberstehen. Ist man dagegen jenseits des Buchgeschehens in Sicherheit, muss mehr geschehen. Dafür können nur denkende und bewusst handelnde, also lebendige Menschen sorgen.

Alte Fehler in neuer Welt

In jeder von Zombies verheerten Fiktivwelt wird der eigentliche Unfriede von den Überlebenden gestiftet, denn in der elementaren Krise blühen offenbar vor allem Arschlöcher auf. Loureiro verlässt sich zum einen auf einen oft bemühten Schrecken – den irren, angeblich vom Geist Gottes beseelten Prediger, der unter dem Deckmantel des Glaubens Nicht-Werte propagiert. Rassismus, Chauvinismus, Lustfeindlichkeit: Reverend Greene steht für diese und eine lange Kette weiterer, dramatisch übersteigerter Scheinheiligkeiten, die schon in der realen Welt für Schwierigkeiten sorgen.

In einer Notsituation entwickeln solche Blender und Großmäuler zumindest nach dem Willen von (Dreh-) Buchautoren quasi magische Kräfte. Statt ihn auszulachen, stehenzulassen oder ihm eine Kugel in seinen Holzkopf zu verpassen, folgen die Menschen in und um Gulfport Greene. Sogar eine Horde aus dem Gefängnis freigekommener Neonazis schließt sich ihm willig an: Der Autor versteigt sich dazu, Greene zu einem Seelenfänger mit magnetischem Charisma aufzuwerten, der sogar vertiertes Pack in seinen Bann schlagen kann – eine von Loureiros Entscheidungen, über die der Leser nur mit dem Kopf schüttelt, weil sie auf die beschriebene Weise einfach keinen Sinn ergibt.

Lourairo hat sein Pulver mit Reverend Greene keineswegs verschossen, sondern nachgedacht, welche Schurken er außerdem bemühen könnte. Dabei ist ihm ein logischer Kandidat eingefallen, der jedoch den Absurditätsfaktor dieser Geschichte praktisch ins Aberwitzige steigert: den ohnehin bizarren Terrorstaat Nordkorea. Der kann unter seinem „Großen Führer“ realiter trotz demonstrativen Säbelrasselns kaum die eigene Existenz garantieren. Lourairo benutzt Nordkorea als Klischeefolie und konzentriert sich auf den Regimebüttel Hong, der die Rolle des typisch seelenlosen Apparatschiks übernimmt.

Kontinuität und Klischees

Da es sich bei der „Apokalypse-Z“-Saga um eine Trilogie handelt, gibt es ein zentrales Figurenpersonal, das die Handlung aber eher begleitet als bestimmt. Loureiro geht abermals auf Nummer sicher und beschränkt es auf diesen Kern: den überforderten männlichen Helden wider Willen, seine schöne sowie klassische Menschenwerte einfordernde Gefährtin sowie den schlagkräftigen, stets fröhlichen Kumpel, der beiden ergeben die Rücken deckt und ansonsten für eingängige Sprüche und Fausthiebe zuständig ist. Hinzu kommt ein Kater, der dem Zufall Gestalt gibt, indem er beispielsweise durch den Zaun zu den Heloten schlüpft, wodurch jener Kontakt entsteht, der die Handlung in eine neue Richtung trägt.

Um die Dramatik zu schüren, zerstreiten sich die Gefährten zwischenzeitlich. Wie in Teil 2 dient Loureiro die junge Lucía als Katalysator. Sie kann nach dem Willen des Verfassers nicht einmal ansatzweise so tun, als würde sie sich Greenes ‚Gottesstaat‘ unterordnen. Natürlich fällt sie als Idealistin auf und wird erwischt, was für die üblichen Verwicklungen sorgt, die eher Seiten schinden als Spannung generieren. Darüber hinaus langweilt Loureiro mit der politisch korrekten aber didaktisch gedrechselten Uneinigkeit der unterdrückten Heloten, die einerseits Phrasen über eine friedliche Lösung des Konflikts dreschen, denen Phrasen der kampflustigen Gegenpartei gegenübergestellt werden. Richtig peinlich wirken aufdringliche und auf den Effekt hin trivialisierte Parallelen zwischen Greenes Machenschaften und dem Genozid der Nationalsozialisten.

Ohne dass man den genauen Ablauf logisch hinterfragen sollte, treffen die beiden Handlungsstränge – Oberst Hong rückt mit seiner Einheit auf Gulfport zu, wo inzwischen ein Aufstand der Heloten gegen Greene und seine Schergen ausgebrochen ist – aufeinander. Das Ergebnis ist ein turbulentes aber beliebiges Gemetzel, in dem die Untoten gar nicht mehr auftreten. Stattdessen kommt es zum ‚tragischen‘ Ausfall einer Hauptfigur sowie zur angemessen grässlichen Ausschaltung der diversen Drecksäcke. Es folgt ein Epilog: Die Welt ist dank eines bei H. G. Wells („Krieg der Welten“) ausgeborgten Kniffs wieder zombierein und kann neu bevölkert werden. Dieses Finale kommt quasi aus dem Nichts. Andere Autoren hätten noch einige profitable Bände mit weiteren Balgereien/Metzeleien dazwischengeschaltet. Tatsächlich gibt es keine logische Entwicklung, die das gewählte Ende bringt. Loureiro hat schlicht die Lust verloren, weiteres Horror-Stroh zu dreschen; eine Entscheidung, die für ihn spricht, denn brauchen wir zusätzlich zu angelsächsischen Zombie-Getümmeln 1-zu-1-Kopien aus Europa? (Das ist eine rhetorische Frage!)

Autor

Manel Loureiro wurde 1975 in der Autonomen Gemeinschaft Galicien, gelegen im Nordwesten Spaniens nördlich der portugiesischen Grenze, geboren. Er studierte Jura an der Universidade de Santiago de Compostela, arbeitete nach dem Abschluss aber zunächst für das Fernsehen. Loureiro schrieb Drehbücher und stand als Moderator vor der Kamera.

„Apocalipsis Z“, Loureiros Romandebüt, nahm Stück für Stück im Internet Gestalt an und fand dort ein kopfstarkes Publikum, was wiederum die klassische Verlagswelt aufmerksam machte. Auch im spanischsprechenden Ausland war Loureiros Zombie-Garn sehr erfolgreich. Bisher gibt es zwei Fortsetzungen.

Wie der namenlose Held der „Apocalipsis“-Romane lebt Manel Loureiro in Pontevedra. Dort ist er nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Anwalt tätig.

Die „Apokalypse-Z“-Trilogie:

(2011) Apokalypse Z (El principio del fin) – Heyne Paperback 31552
(2013) Apokalypse Z: Dunkle Tage (Los días oscuros) – Heyne Paperback 31637
(2014) Apokalypse Z: Zorn der Gerechten (La ira de los justos) – Heyne Paperback 31664

Paperback: 503 Seiten
Originaltitel: Apocalipsis Z: La ira de los justos (Barcelona : Debolsillo 2014)
Übersetzung: Sybille Martin
www.randomhouse.de/heyne

eBook: 1371 KB
ISBN-13: 978-3-641-15361-8
www.randomhouse.de/heyne

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