Nora Elias – Der Schönheitssalon. Das Erbe der Schwestern

Helena Rosenberg wächst mit ihrer Mutter in bescheidenen Verhältnissen auf dem Land auf. Als sie erfährt, dass ihr Vater gestorben ist und ihr und ihrer unbekannten Halbschwester in Berlin seine Apotheke vererbt hat, packt Helena ihre wenigen Sachen zusammen und reist nach Berlin. Doch ihre Schwester Charlotte ist gar nicht erfreut über die „Erbschleicherin“, von der sie zuvor noch gar nichts gewusst hat. Vehement verteidigt sie „ihre“ Apotheke vor der unerwünschten Schwester. Doch besteht das Erde nicht nur in dem Haus, in dem sich die Apotheke befindet, sondern insbesondere aus einem riesigen Berg Schulden.

Und so dauert es nicht lange, bis die Geldeintreiber die Apotheke aufsuchen und versuchen, das nicht vorhandene Geld einzutreiben. Helena macht aus der Not eine Tugend und möchte selbst gemachte Kosmetik verkaufen. Mit etwas Glück und viel Geschäftssinn schafft sie es tatsächlich, ihre eigene Kosmetikmarke aufzubauen.

Ganz nebenbei erobert das ehemalige Mauerblümchen die Berliner Nachtwelt und wirft dabei auch ein Auge auf den wohlhabenden Dominik Lichtenthal. Auch wenn ihre Freundin Irene sie vor ihm warnt, beginnt Helena eine Affäre mit ihm, bis sie eines Tages merkt, dass sie einen großen Fehler gemacht hat. Doch kann sie diesen noch ausmerzen?

Berliner Nachtleben

Das Buch entführt uns in das Berlin der 1920er-Jahre. Zu dieser Zeit war es noch alles andere als selbstverständlich, dass Frauen arbeiten und ihr eigenes Unternehmen betreiben. Umso auffälliger verhalten sich also die beiden Schwestern Charlotte und Helena, wenn sie ihre eigene Apotheke beziehungsweise ihren Schönheitssalon aufbauen und betreiben.

Doch ihr Leben läuft alles andere als rund: Große Geldsorgen plagen sie, zudem gibt es immer wieder Reibungspunkte zwischen den ungleichen Schwestern. Sie wollen nicht so recht zusammen passen und reiben sich ständig und immer wieder aneinander auf. Charlotte neidet ihrer Halbschwester dabei ihren Erfolg mit der Kosmetik, Helena dagegen versteht nicht, warum ihre Schwester so vehement an der Apotheke festhält, obwohl sie fast nur noch Kosmetikprodukte verkaufen.

Der Bruch zwischen den Schwestern scheint unvermeidlich, doch die gemeinsam geerbten Schulen schweißen sie dennoch immer wieder zusammen – zugleich wirkt Charlottes beste Freundin Paula immer wieder ausgleichend.

Nora Elias zeichnet hier sehr unterschiedliche Charaktere. Auf der einen Seite wäre da Charlotte, die mit der Apotheke mehr schlecht als recht über die Runden kommt, ihr Leben aber dennoch genießt – insbesondere wegen der Nächte, die sie mit ihrer besten Freundin in irgendwelchen Clubs verbringt. Doch als ihre Halbschwester in ihr Leben tritt, bricht immer mehr ihre innere Unzufriedenheit zutage. Sie ist ganz offensichtlich neidisch auf ihre Schwester und schafft es nicht, über ihren Schatten zu springen und auf Helena zuzugehen.

Auf der anderen Seite wäre da das „Landei“ Helena, die völlig naiv und in altmodischen Klamotten in Berlin ankommt. Doch von einem Tag auf den anderen verändert sie sich völlig: Sie lässt sich den langen Zopf abschneiden und eine moderne Frisur verpassen und tauscht die alten Klamotten in schicke Kleidung. Und schon sieht jedermann, welche Schönheit sich hinter dem Landei verborgen hat. Insbesondere Dominik Lichtenthal wirft ein Auge auf sie. Helena stolpert etwas unbedarft in die Affäre und merkt gar nicht, wie ihr der Erfolg immer wieder in den Schoß fällt. Ihre Wandlung kam mir etwas zu schnell – sie steht ganz eindeutig auf der Sonnenseite des Lebens und weiß das oftmals aber auch gar nicht zu schätzen.

Das schöne Leben

Die Szenerie im alten Berlin der Goldenen Zwanziger gefällt mir gut. Es ist eine spannende Zeit, in die uns die Autorin entführt, und wir erleben hautnah mit, wie das Leben für junge, ledige Frauen zu der Zeit ausgesehen haben könnte. Der Rahmen der Geschichte gefiel mir also wirklich gut.

Doch leider schwächelt der Spannungsbogen etwas: Zu viel Raum nehmen die Geldsorgen der Schwestern ein, zu viel Raum vor allem die Streitereien zwischen den beiden. Immer wieder ecken die Schwestern aneinander und schaffen es nicht, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Es ist auch völlig unverständlich, warum Charlotte sich so vehement weigert, ihre Apotheke aufzugeben, obwohl diese nur noch Schulden macht und praktisch nur noch Kosmetik verkauft wird. Sie schafft es hier einfach nicht, über ihren Schatten zu springen, was irgendwann etwas nervt.

Helena auf der anderen Seite stolpert naiv in eine Affäre mit einem Mann, vor dem ihre beste Freundin sie von Anfang an gewarnt hat. Dass das nicht gut gehen kann, ahnt man natürlich sofort. Aber der „Knaller“, den sich Dominik schließlich leistet, war mir dann doch etwas zu hart und passt irgendwie auch nicht so recht in die Geschichte. Mir kam hier nicht alles schlüssig vor. Auch später kommen die beiden Schwestern einfach nicht zueinander, was mir irgendwie so gar nicht einleuchten mag, manch eine Entscheidung fand ich nicht nachvollziehbar.

Eine schöne Geschichte

Unter dem Strich gefiel mir das Buch durchaus recht gut: Mir gefiel die Szenerie und ich mochte auch die Charaktere, auch wenn ich viele ihre Handlungen und Entscheidungen nicht nachvollziehen konnte. Aber manche Wendungen im Buch kamen mir nicht schlüssig vor, zudem gab es einige Handlungsstränge, die die Geschichte etwas ausgebremst haben. Auf das zweite Buch über die beiden Rosenberg-Schwestern freue ich mich dennoch, auch wenn mich der Auftakt nicht hundertprozentig überzeugen konnte.

Taschenbuch: 480 Seiten
ISBN-13: 978-3442491254
Goldmann Verlag

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