Paul Voermans – Die letzte Vorstellung

Y2K und Akte X – alles mega-out!

Während der Proben zu dem Shakespeare-Stück „Der Sturm“ kommt auf merkwürdige Weise fast die gesamte Schauspielerriege ums Leben. Kevin Gore ist einer der wenigen Überlebenden. Elf Jahre später will er das Theaterprojekt wieder aufnehmen. Doch plötzlich wird die Welt von Massenhalluzinationen heimgesucht, und die Stimmen in Kevins Kopf geben verwirrende Hinweise auf deren Ursache: Außerirdische? CIA? Oder ist er einfach nur verrückt? Was aber alles nicht erklären würde, warum sein Blut sich blau färbt… (erweiterte Verlagsinfo) Das soll vermutlich komisch wirken.

Der Autor

Paul Voermans (geboren am 4.6.1960) ist ein australischer Performer, Befürworter von gemeinschaftlicher IT sowie ein Autor von Prosa und Lyrik. Sein Oeuvre umfasst mehrere Romane (siehe unten). Obwohl sie unter em etikett „Science Fiction“ publiziert wurden, enthalten sie Elemente von Surrealismus, Horror und Humor. Deshalb sind sie mit Werken von R.A. Lafferty (USA) und Douglas Adams (ANHALTER-Zyklus) verglichen worden.

Romane

And Disregards the Rest, Victor Gollancz, (1992) also appeared as:
Übersetzung: Die letzte Vorstellung, Heyne (1999)
The Weird Colonial Boy Victor Gollancz, (1993) also appeared as:
Übersetzung: Der Quantenfisch, Heyne (1996)
Giving it Away (excerpt), Overland 133, (1993)
Parliament of Sims (excerpt), Overland 188, Jill Sparrow (co-author) (2007)
The White Library, PS Publishing (2020)

Handlung

Anfang des 21. Jahrhunderts (sprich: jetzt!) herrscht nicht nur wegen des Treibhauseffekts Endzeitstimmung in Australien: Es erscheinen Zeichen am Himmel, selbst der Papst hat Visionen, und nicht die besten. Doch was ist die Ursache der Feuer und Fluten aus dem Nichts? Am Ende sieht sich der Leser einer ganzen Reihe von Erklärungen gegenüber: Ist es eine Geheimwaffe der CIA, sind es die Außerirdischen oder handelt es sich um Leute aus der Zukunft – was denn nun?

Kevin Gore ist einer von zwei Überlebenden einer seltsamen Katastrophe, die im australischen Busch stattfand. Fast die gesamte Theatertruppe, mit der er Shakespeares Stück „Der Sturm“ aufführen wollte, fällt einer plötzlichen Flutwelle zum Opfer. Woher kam die Welle?

Reloaded

Elf Jahre später will er wieder ein Theaterprojekt aufnehmen, auf Geheiß der Stimmen in seinem Kopf, die ihm auch das entsprechende Stück in die Feder diktieren. Am Tag der Uraufführung kommt es schon wieder zu einer „Katastrophe“: Demonstranten vor Kevins Haus, die fordern, die Aliens landen zu lassen. Menschen sterben. Erst als der andere Überlebende der ersten Katastrophe, Martin Leywood, auftaucht, kann die aufgebrachte Menge beruhigt werden. Martin Leywood ist als Autor eines Romans über die elf Jahre zurückliegende Katastrophe inzwischen eine Berühmtheit geworden. Ob er wohl helfen kann?

Mein Eindruck

Von dem Australier Paul Voermans ist bei Heyne bereits der Roman „Der Quantenfisch“ erschienen, ein ebenso wenig in das Schema üblicher Science Fiction fallendes Buch wie „Die letzte Vorstellung“ – ebenfalls ein Buch zum Zweimallesen. Inzwischen ist literarische Phantastik wie diese Bücher allerdings mega-out. Genau wie die Y2K-Panikmache, auf die sich der Roman in seinem Szenario stützt. Wie die Wikipedia andeutet, gehe es hier auch um den Ökozid, also um die komplette Zerstörung der Umwelt, die inzwischen ja eingetreten ist.

Voermans schildert in erster Linie, wie Kevin Gore mit den Stimmen in seinem Kopf, seinem buchstäblich blauen Blut und seinen Panikanfällen zurechtkommt, bis er entdeckt, dass er Botschaften aus der Zukunft erhält. Akte X im australischen Busch? Cyberpunk, wie das ein Kritiker nannte, ist dies jedenfalls nicht.

Die Botschaften aus der Zukunft erinnern an die Handlung von Gregory Benfords preisgekröntem SF-Roman „Zeitschaft“, wo die Idee ungleich wirkungsvoller ausgeführt worden ist. Eine Theatertruppe in der Science Fiction gab es schon häufig, so etwa in John Brunners „The Productions of Time“ (1968). An Brunner erinnert auch die Mischung aus Realismus und Phantastik sowie der moderne Erzählstil mit mehreren Zeit- und Handlungsebenen.

Unterm Strich

„Die letzte Vorstellung“ ist ein interessanter Text für Freunde moderner Science Fiction, hat mich persönlich aber nicht vom Hocker gerissen. Es gibt kaum Action, und die Lösungen, die für das Rätsel präsentiert werden, erscheinen ein wenig beliebig ausgewählt zu sein. Von Relevanz ist nach wie vor das Thema des Ökozids, symbolisiert durch die Welle in der Wüste. Die Vernichtung von Leben und Lebensraum der Natur ringsum ist so weit fortgeschritten, dass sie wie der Klimawandel unumkehrbar sein dürfte.

Hinweise

Apropos Y2K: Zum Jahr 2000 sollte die Computer-Infrastruktur der Welt zusammenbrechen, prophezeiten die Auguren. Das Problem erwies sich als wesentlich kleiner als befürchtet, doch für alte Programmierer stellte sich die Panik als wahrer Geldsegen heraus, denn sie durften für guten Lohn die Jahrzehnte alten Programmcodes auf Vordermann bringen.

Der Originaltitel „And disregards the rest“ ist ein Zitat aus dem Song „The Boxer“ von Simon & Garfunkel: „The man hears what he wants to hear and disregards the rest.“ Das klingt nach einer Kritik der Wahrnehmung von Realität, wie sie durch die Medien vermittelt wird. Allerdings tauchen im Roman kaum Medienleute auf, was die Zielrichtung der möglichen Kritik irgendwie ins Leere laufen lässt. Vielleicht wurde das Buch völlig zu Recht alsbald verramscht.

Taschenbuch: 334 Seiten
Originaltitel: And disregards the rest, 1992
Aus dem Englischen von RRRRRRRR
ISBN-13: 9783453156661

www.heyne.de

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