Rocca, Simon (Text) / Girod, Thierry (Zeichnungen) – Wanted 1: Die Brüder Bull

_Wanted:_

_Band 1: „Die Brüder Bull“_
Band 2: „Der Todescanyion“
Band 3: „Der Sheriff der gesetzlosen Stadt“
Band 4: „Das Kopfgeld“
Band 5: „Superstition Mountains“
Band 6: „Andale Rosita“

_Story:_

Die Prärie von New Mexico im Jahr 1862: Der bereits legendäre und geschätzte Kopfgeldjäger Wanted hat gerade seinen Auftrag erledigt und den gesuchten Dandy Silbus erledigt, als er auf dem Weg in die Stadt an einem überfallenen Indianerdorf vorbeireitet. Dort entdeckt er eine Szenerie des Schreckens: Eine weitere Horde Auftragskiller hat sich an den Rothäuten vergriffen und Frauen und Kinder umgelegt, da auch ihr Skalp eine beträchtliche Summe in die Kassen spült.

Lediglich der weiße Indianer Yaqui Jed wurde verschont, weil mit ihm kein Geld zu verdienen ist. Wanted rettet ihm das Leben, versorgt ihn, will sich aber nicht darauf einlassen, seine Rachepläne zu begleiten. Als er schließlich zu seinem Chef zurückkehrt, um den Zaster einzufahren, entdeckt er beim Glücksspiel einen der grausamen Schlächter. Sein Gewissen packt ihn und er liefert ihn tatsächlich an Jed aus. Doch damit begibt sich Wanted auf einen sehr schmalen Grat, denn die Zusammenarbeit mit den Rothäuten kann auch ihn in Windeseile das Leben kosten …

_Persönlicher Eindruck:_

Der moderne Western hat sich in der Filmindustrie nicht mehr so recht durchsetzen können. Zwar gab es mit dem herausragenden „True Grit“ jüngst noch einen sehenswerten Beitrag zum Thema, doch das Publikum für die Materie scheint mittlerweile geradezu ausgestorben. Ganz anders schaut es da im Comic-Sektor aus, wo mit „Blueberry“ oder „Comanche“ immer noch richtig starke illustrierte Texte ins Regal gestellt werden, deren Zielgruppe auch weiterhin hungrig nach diesem Stoff gelüstet. Auch „Wanted“ aus der Feder von Simon Rocca und seinem Zeichner Thierry Girod bewegt sich in diese Richtung, ist in der Darstellung allerdings noch eine ganze Spur härter als seine bereits namhaften Vorbilder.

Mit „Die Brüder Bull“ startet die Serie aber auch sehr vielversprechend, da hier bereits ein Story-Komplex aufgebaut wird, der zwar einerseits durch eine sehr straighte Linie gekennzeichnet ist, aber dennoch genügend Potenzial hat, die Story auch über die anvisierte Dauer von sechs Episoden spannend zu gestalten. Die Geschichte ist dabei schnell erzählt: Ein Kopfgeldjäger, der sich unter anderem auch damit beschäftigt, den Skalp von kriegerischen Navajo-Indianern auszuliefern, erkennt nach einem offenkundigen Gemetzel in einem Reservat seinen Gerechtigkeitssinn und entschließt sich gegen seinen anfänglichen Willen, das Recht walten zu lassen. Zwar geht er dabei nicht weniger zimperlich mit seinen Feinden um als diese mit ihrer indianischen Beute, jedoch schlägt er alsbald einen nachvollziehbaren Racheplan an, dessen Ziel lediglich diejenigen sind, die sich an unschuldigen roten Zivilisten bereichern und mit ihren Leichen ihren Tagesunterhalt verdienen.

Der Titelheld ist dabei die Identifikationsfigur, da er sein Handeln überdenkt und auch Seiten in sich findet, die durchaus ehrenwert sind. Auch er hat schon Dutzende auf dem Gewissen, jedoch hat er hierbei niemals den vorgegebenen Ehrenkodex verletzt, sondern sich schlicht und einfach an die brutalen Regeln des Wilden Westens gehalten. Nun sieht er jedoch, dass seine Nebenbuhler zu noch viel radikaleren Maßnahmen greifen, um ihr täglich Brot zu verdienen. Und Morden aus einer reinen Lust heraus kommt für Wanted nicht in Frage.

Inhaltlich ist dieses erstes Kapitel eine saubere Angelegenheit: Die Dialoge sind traditionell schmutzig und verdorben, die Charaktere sind definitiv keine Zauderer, und auch was die Action angeht, sind Rocca und Girod alles andere als zimperlich. Die ersten Panels, in denen die Mordserie an den unschuldigen Indianern auch sehr brutal illustriert wird, sind nichts für schwache Nerven, da hier auch diverse moralische Grenzen überschritten werden. Eine Kinderleiche, der das Blut aus dem Kopf läuft, ist da schon sehr grenzwertig und erlaubt schließlich auch die Frage nach einer Alterseinschränkung für einen solch brachialen inhaltlichen Werdegang. Andererseits kann man natürlich argumentieren, dass das überlieferte Leben aus dem Wilden Westen in „Wanted“ sehr authentisch wiedergegeben wird, und dieser Eindruck ist es, der am Ende auch deutlich überwiegt.

Ansonsten muss man festhalten, dass sich „Wanted“ nicht allzu sehr von seinen Western-Comic-Kollegen unterscheidet und man immer wieder Parallelen zu den oben angeführten Serien entdeckt – jedoch ist dies eine Feststellung, die bei der an sich doch eingeschränkten Thematik kaum zu verhindern ist, daher auch nicht zu sehr ins Gewicht fällt. Denn insgesamt ist „Die Brüder Bull“ immer noch ein weitestgehend eigenständiger Auftakt, der sich überdies auch nicht vor den namhaften Ebenbildern verstecken muss. Lediglich die Brutalität bringt den Leser hin und wieder ins Stocken; ansonsten muss man hier von einem sehr gelungenen Auftakt sprechen, der sogar noch besser wäre, hätte Girod die Action-Sequenzen nicht so stark verschmiert. Western-Fans werden aber trotz der nicht immer sehenswerten Illustrationen absolut auf ihre Kosten kommen, so viel steht fest!

|48 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868692426|
http://www.splitter-verlag.eu

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