Edgar Allan Poe – William Wilson (Folge 32)

_Ein fiese Falle, ein perfider Doppelgänger_

Die Hörspiel-Reihe bringt unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör. Mit „Feeninsel“ beginnt die achte Staffel des großen POE-Epos. Die Vorgeschichte findet man in den vorangegangenen 31 Folgen sowie in dem Roman [„Lebendig begraben“,]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3404156757/powermetalde-21 erschienen bei |Bastei Lübbe|.

USA um 1850. Der Mann, der sich POE nennt und kein Gedächtnis besitzt, versucht nach den schrecklichen Erlebnissen in New York City, ein neues Leben zu beginnen. Er glaubt, er ist Poe, wer sonst? Sicher ruht auf dem Friedhof von Baltimore ein Namenloser. Nach seiner neuerlichen Gefangennahme, Verurteilung und Inhaftierung im Irrenasyl auf Blackwell’s Island ist es Poe gelungen, zurück nach Manhattan zu entkommen. Dort trifft er seine Beinahegattin Leonie Goron wieder und nimmt sich vor, seine wahre Identität von seinem Verleger Graham bestätigen zu lassen. Doch das erweist sich als schwieriger als gedacht …

Die |Edgar Allan Poe|-Serie von |STIL| bei |Lübbe Audio|:

#1: [Die Grube und das Pendel 1487
#2: [Die schwarze Katze 755
#3: [Der Untergang des Hauses Usher 761
#4: [Die Maske des roten Todes 773
#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: [Lebendig begraben 872
#9: [Hopp-Frosch 1906
#10: [Das ovale Portrait 1913
#11: [Der entwendete Brief 1927
#12: [Eleonora 1931
#13: [Schweigen 3094
#14: [Die längliche Kiste 2510
#15: [Du hast’s getan 2518
#16: [Das Fass Amontillado 2563
#17: [Das verräterische Herz 2573
#18: [Gespräch mit einer Mumie 3178
#19: [Die Sphinx 3188
#20: [Scheherazades 1002. Erzählung 3202 (auch: Die 1002. Erzählung)
#21: [Schatten 3206 (ursprünglicher Titel: Die Scheintoten)
#22: [Berenice 4394
#23: [König Pest 4408
#24: [Der Fall Valdemar 4420
#25: [Metzengerstein 4471
#26: [Die Flaschenpost 4946
#27: [Landors Landhaus 4966
#28: [Der Mann in der Menge 5000
#29: [Der Kopf des Teufels 5089

Achte Staffel (11/2008):

#30: [Feeninsel 5540
#31: [Teer und Federn 5569
#32: William Wilson
#33: Morella

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia, auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Shortstory. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten.

Mehr von und über Edgar Allan Poe auf |Buchwurm.info|:

[„Faszination des Grauens 554“]
[„Edgar Allan Poes Meistererzähler“ 4832 (Hörbuch)
[„Der Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11, Hörspiel)
[„Der Doppelmord in der Rue Morgue“ 2396 (Hörbuch)
[„Der Streit mit der Mumie“ 1886 (Hörbuch)
[„Die Brille“ 1885 (Hörbuch)
[„Mythos & Wahrheit: Edgar Allan Poe. Eine Spurensuche mit Musik und Geräuschen“ 2933
[„Visionen“ 2554

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon zahlreiche Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und andere Figuren.

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie unter anderem mit dem |Bambi| und mit der |Goldenen Kamera| ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Edgar Allan Poe: Ulrich Pleitgen
Leonie Goron: Iris Berben
Rick Ellis: Tilo Schmitz (Ving Rhames, Michael Clarke Duncan)
Griswold: Friedrich Georg Beckhaus (Robert Duvall, Klaus Kinski, Sir Ian Holm)
Mr. Graham: Matthias Klages (Thomas Gibson in „Chicago Hope“, John Allen Nelson in „24“)
Mr. White: Detlef Bierstedt (dt. Stimme von George Clooney)
Glendinning: Bodo Wolf (Christopher Walken, William H. Macy, Robin Williams)
Und andere.

Der deutsche Prolog wird von Heinz Rudolf Kunze vorgetragen, der englische von Giuliana Ertl, die Ansage erledigt André Sander. Die deutsche Hörspielfassung stammt von Melchior Hala nach einer Idee von Marc Sieper, Dicky Hank und Thomas Weigelt. Für Regie, Musik und Ton waren Christian Hagitte und Simon Bertling vom |STIL|-Studio verantwortlich.

_Vorgeschichte_

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon 31 Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Alpträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe nicht von Alpträumen nicht verschont. Doch er findet etwas über seine und Leonies Vergangenheit heraus und welche finstere Rolle Dr. Templeton als Francis Baker darin spielt.

_Handlung_

Nachdem er von Blackwell’s Island – wieder einmal – entkommen ist, besucht Poe seine alte Anlaufstelle, den Wirt Rick Ellis im Gasthaus Madame Lovells. Rick verarbeitet zwar Menschenfleisch zu seinen hervorragenden Pasteten, doch Poe lässt Nachsicht gelten: Rick soll ihm ein Versteck besorgen, denn garantiert werden ihn die Behörden suchen. Rick weiß das optimale Etablissement: eine Gruft auf dem Friedhof von Kingstead. Gerade noch rechtzeitig kann sich Poe vor dem Journalisten Griswold verbergen, mit dem er schon negative Bekanntschaft geschlossen hat („Die Flaschenpost“). Der Typ hielt Poe für einen Hochstapler.

|Griswold|

Die Gruft ist „hübsch“ und hält sogar eines von Poes eigenen Werken bereit, das sein Vorgänger hier vergessen hat. In diesem Buch findet Poe seine eigene Kurzbiografie abgedruckt. Da kommt ihm die zündende Idee: Wenn er doch jemanden braucht, der ihm seine wahre Identität als Poe bestätigen kann, dann doch sein Verleger, Mr. Graham! Wieder bei Rick, trägt er seine Idee vor, doch diesmal wird er von Griswold entdeckt. Dieser bietet wider Erwarten seine Hilfe bei dem Unterfangen an und will den Verleger, den er persönlich kenne, mit Poe zusammenbringen.

|Mr. White|

Am nächsten Morgen trifft Poe vor dem Verlagshaus allerdings keinen Griswold. Auch Mr. Graham sei schon weg, lügt die Pförtnerin. Doch der Cheflektor, Mr. White, werde Poe sicher empfangen. Mr. White ist ein freundlicher und großherziger Mann, wie Poe erfreut feststellt. Vielleicht wendet sich doch noch alles zum Guten. White führt einige Prüfungen durch, darunter der Vergleich von Poes Profil mit einem der Schattenrisse, die White seinerzeit selbst angefertigt hat. Die Schattenrisse der Autoren hängen in Whites geheimem Privatraum, der hinter einem Regal versteckt ist. Als White verspricht, Poe mit Graham zusammenzubringen, geht Poe wie auf Wolken der Glückseligkeit zurück zu Rick. Es wird gefeiert.

|Das Versteck|

Am nächsten Morgen erscheint Poe zur verabredeten Zeit in Grahams Büro und stellt sich der Gestalt, die in einem Stuhl am Fenster sitzt, als Edgar Allan Poe vor. Doch die Gestalt, die abgewandt dasitzt, rührt sich nicht und sagt nichts. Es ist der tote Mr. White! Als er Stimmen kommen hört, versteckt sich Poe flugs in Whites Geheimzimmer hinter dem Bücherregal. Es ist tatsächlich Mr. Graham, allerdings auch Mr. Griswold. Poe zögert, sich aus seinem Versteck hervor zu wagen. Zu seinem Glück. Denn was die zwei sauberen Gentlemen sich zu sagen haben, lässt Poe das Blut in den Adern gefrieren: Er ist in eine teuflische Falle getappt …

_Mein Eindruck_

So weit also die vordergründige Story, die die Suche um Poes Identität wirklich eine gutes Stück weiterbringt. Typisch ist wieder mal der vehemente Stimmungsumschwung zwischen Glückseligkeit und tiefstem Unglück. Unter diesen Wechselfällen des Schicksals hatte Poe ja schon viele Male zu leiden. Dennoch lässt er es sich nicht nehmen, immer wieder von Neuem an sein Glück zu glauben.

Das unvermittelte, erneuerte Auftauchen Griswolds sollte uns stutzig machen. Was hat er hier in New York City zu suchen? Zuletzt sahen ihn Poe und Leonie draußen an der Küste in einem einsamen Gasthof (in „Die Flaschenpost“). Könnte es sich bei Griswold um jenen Schatten handeln, der von Dr. Templeton dabei beobachtet wurde, wie er ihr und ihrem Diener nachschlich (in „Feeninsel“)? Das würde Griswold ein weitaus größere Bedeutung zuweisen, als bislang deutlich geworden ist.

|Der Traum|

Der Grund, warum diese Folge „William Wilson“ betitelt ist, hat jedoch offenbar nichts mit Poes Besuch im Verlag zu tun, sondern vielmehr mit seinem Traum von einem Doppelgänger, eben jenem titelgebenden William Wilson. Der Träumer lernt ihn im Internat kennen und wundert sich: Der Junge heißt genauso wie er selbst. Während des Studiums treibt sich der Träumer in Lasterhöhlen herum, doch der andere Wilson taucht immer wieder auf, um ihm Streiche zu spielen.

Der Träumer entwickelt sich zu einem Meister im Ecarté-Spiel und droht in einem entscheidenden Spiel, Lord Glendinning zu ruinieren. Da taucht der Andere erneut auf, wenn auch vermummt bis über die Nase, und entlarvt das „Original“ als Falschspieler. Doch selbst als der Träumer bis nach Venedig reist und sich beim Karneval an eine liebliche Signorina heranmacht, kann er seinem Doppelgänger nicht entgehen, der sich auch diesmal wieder als Spielverderber zu betätigen versucht. Es kommt zu einem Degenduell, das über Leben und Tod entscheidet. Wer siegt, soll hier nicht verraten werden.

Einen Traum als Plot-Device zu verwenden, ist den Machern der Serie schon etliche Male eingefallen, doch in letzter Zeit haben sie selten zu diesem Stilmittel gegriffen. Umso mehr überrascht es nun und wirkt ein wenig wie die Holzhammermethode, um bei der Hauptfigur die epochale Erkenntnis herbeizuführen, dass ja auch seine Familie über seine Identität Zeugnis ablegen könnte. Potztausend, warum ist er nicht schon früher darauf gekommen? Das fragt sich allerdings auch der Hörer und wundert sich.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Pleitgen spielt die Hauptfigur, ist also in jeder Szene präsent. Er moduliert seine Stimme ausgezeichnet, um das richtige Maß an Entsetzen, Erstaunen oder Neugier darzustellen. Aber Poe kann auch sehr pragmatisch agieren, und Pleitgen weiß die scharfe Beobachtungsgabe seiner Hauptfigur wie auch dessen Hinterlist ebenso glaubwürdig darzustellen. Sein Poe ist kein hilflos durch die Gassen torkelnder Somnambuler, sondern ein hellwacher Geist, der nur ab und zu unter ein paar Bewusstseinstrübungen leidet, die ihn in Gestalt von Träumen heimsuchen. Diese Träume, so erkennt er schließlich, sind Erinnerungen an seine eigenen Erzählungen.

Die Nebenfiguren sind wenig bemerkenswert, bis auf den Sprecher des Mr. White vielleicht. Detlef Bierstedt, sonst als deutsche Stimmbandvertretung von George Clooney im Einsatz, verleiht Mr. White eine flexible und glaubwürdige Erscheinung. Denn es gilt ja, eine ganze Menge Fragen zu beantworten und Mr. White in kürzester Zeit zu charakterisieren. Wie kann es sich dieser Lektor leisten, in seinen Büroräumen ein Geheimzimmer einzurichten und vor seinem Chef zu verbergen? Warum fertigt er von seinen Autoren Scherenschnitte an und keine Fotos? (Es gab damals ja bereits Daguerreotypien – vielleicht waren sie noch zu teuer.)

Sehr gut gefiel mir Tilo Schmitz in der Rolle des Wirtes Rick. Sein Name gemahnt ja an Rick’s Café in dem Filmklassiker „Casablanca“. Kein Wunder, dass bei ihm alle möglichen Flüchtlinge vorbeischauen, so etwa auch Poe. Rick hat seine eigenen Geheimnisse, so etwa seine berühmt-berüchtigten Fleischpasteten aus menschlichem Ursprungsmaterial. (Siehe dazu Folge 21 „Schatten“).

|Geräusche|

Der Sound liegt im Format PCM-Stereo vor, wie mir mein DVD-Spieler angezeigt hat, und klingt glasklar. Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt.

Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Aber sie werden nur ganz gezielt dort eingesetzt, wo sie einen Sinn ergeben. Wiederholt ist eine Glocke zu hören, sei es nun von einer Turmuhr (bitte die Schläge zählen – ein wichtiger Hinweis), oder auf dem Friedhof.

Diese untere Schicht von Geräuschen wird von der Musik ergänzt, die eine emotionale Schicht einzieht. Darüber erst erklingen die Stimmen der Sprechen: Dialoge, aber auch Rufe und sogar Schreie. Durch diese Klang-Architektur stören sich die akustischen Ebenen nicht gegenseitig, sind leichter aufzunehmen und abzumischen. Das Ergebnis ist ein klares Klangbild, das den Zuhörer nicht von den Informationen, die es ihm liefert, ablenkt.

|Musik|

Die Musik erhält eine wichtige Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der jeweiligen Hauptfigur und ihres Ambientes darzustellen. Allenthalben ist Poes musikalisches Leitmotiv zu hören sowie der Chor „Dies illa, dies irae“, der das Verhängnis – „jenen Tag des Zorns“ – ankündigt. Hinzukommen sehr tiefe, unheilvoll und bedrohliche wirkende Bässe. Sie werden von diversen elektronisch erzeugten Sounds ergänzt, die ich einfach mal der Musik zuschlage. Zur Abwechslung gibt es ein paar flotte Passagen, so etwa in der finalen Fechtszene des Traums.

Ein Streichquartett und Musiker des Filmorchesters Berlin wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht. An der Musik gibt es absolut nicht auszusetzen. Für die jüngere Generation mag sie aber zu klassisch orientiert sein. Rockige Klänge finden Jüngere eher in |LPL|s „Offenbarung 23“ oder „Jack Slaughter“.

|Der Song|

Jede Folge der Serie wird mit einem Song abgeschlossen, und in jeder Staffel gibt es einen neuen Song. Diese Staffel enthält den Song „You see“ von der deutschen Gruppe |[Elane.]http://www.powermetal.de/review/review-12848.html |Die Stilrichtung entspricht einem weiterentwickelten Celtic Folk Rock, wie er von der Gruppe |Clannad| in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt wurde. Auch bei |Elane| wird englische mit gälischer Sprache kombiniert.

Die Musik verbindet Romantik und sehnsuchtsvolle Mystik, was einerseits durch die Instrumentierung, zum anderen durch den mehrstimmigen Frauengesang betont wird. Zu den Instrumenten, die für Folk Rock obligatorisch sind, gehören die akustische Gitarre, die Harfe und die Flöte. Dass Drums, E-Gitarre und E-Bass eine elektrisch verstärkte Rhythmusgruppe bilden, wurde schon von |Clannad| als Standard etabliert. Besonders interessant bei |Elane| ist die Mehrstimmigkeit.

Ich konnte zwei tiefe Frauenstimmen ausmachen und eine hohe Frauenstimme, also Alt und Sopran. Die Überlagerungen machen die Harmonien zu einer kniffligen Angelegenheit der gegenseitigen Abstimmung, sonst können leicht Disharmonien oder gar Rhythmusstörungen entstehen. Soweit ich hören könnte, gelingt die Polyharmonie jedoch durchweg einwandfrei – Applaus.

_Unterm Strich_

Auf diese Folge habe ich schon lange gewartet. Sie beruht auf einer frühen Erzählung Poes, und nur wenige Male hat er sich überhaupt mit dem romantischen Thema des Doppelgängers beschäftigt. Umso wichtiger also ist diese Story.

Doch wie enttäuscht war ich von ihrer Umsetzung in dem Hörspiel. Zunächst wird sie als Traum sozusagen ausgelagert, statt in Poes Suche nach Identität eingebettet zu werden. Vielleicht wäre das den Machern zu kompliziert geworden. Das Stilmittel des Traums ist sowohl Poe als auch uns sattsam bekannt, so etwa aus „Das verräterische Herz“. Auch in der nächste Episode „Morella“ wird es eingesetzt, allerdings wesentlich raffinierter, weil der Schläfer nicht zwischen Traum und Wachtraum/Einflüsterung zu unterscheiden vermag.

Diese Episode dient dazu, wieder mal eine Hoffnung Poes auf Bestätigung seiner Identität zu bestätigen und zugleich zu zerschlagen. Und sie lässt Mr. Griswold, den perfiden Nachlassverwalter des historischen Poe, ein weiteres Mal in einer ominösen Rolle auftreten. Ob zwischen ihm und Poe bzw. Leonie eine schicksalhafte Verbindung besteht, muss sich noch erweisen. Aber ich würde nicht darauf wetten. Auf jeden Fall trägt er zu einer spannenden Handlung bei, indem er die Widersacher Poes repräsentiert, die dessen Auferstehung verhindern wollen. Ein toter Dichter ist eben viel lukrativer als ein lebender.

|Das Hörspiel|

Die akustische Umsetzung ist vom Feinsten, und man merkt in jeder Szene, wie viel Sorgfalt die Mitwirkenden und Macher aufgewendet haben, um die Episode reizvoll und stimmungsvoll zu gestalten. Ein Highlight ist für mich die Szene in Mr. Whites Geheimzimmer, in dem Poe von der grausamen Falle erfährt, in die er gelockt worden ist.

|57 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3688-3|
http://www.poe.phantastische-hoerspiele.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.elane-music.de