Rice, Anne – Merrick oder Die Schuld des Vampirs

Und die wohl berühmtesten Vampir-Chroniken werden fortgesetzt …

Im achten Band der Vampir-Chronik verbindet Anne Rice zum ersten Mal direkt die Geschichten um Louis und Lestat mit der Saga um die Mayfair-Hexen. Die Geschichte wird erzählt von David Talbot, dem ehemaligen Generaloberst der Talamasca. Die Talamasca sind ein wohl tausend Jahre alter Orden übersinnlicher Detektive, die Wesen wie Vampire, Hexen oder auch Geister beobachten und überwachen. David tauchte zum ersten Mal in „Königin der Verdammten“ auf, wo er als Generaloberst der Talamasca vorstand. Obwohl über siebzig und schwer krank, lehnte David Lestats Angebot, ihn unsterblich zu machen, ab. In „Nachtmahr“ half er dann Lestat dabei, seinen Körper wiederzubekommen (Lestat tauschte seinen mächtigen Vampirkörper mit einem übersinnlich veranlagten Mann. Dieser hatte jedoch nicht die Absicht, Lestats Körper zurückzugeben). Lestat dankte David für seine Hilfe, indem er ihn gegen seinen Willen in einen Vampir verwandelte. In „Merrick oder die Schuld des Vampirs“ bittet nun Louis de Pointe du Lac David um Hilfe. Er möchte mit dem Geist seiner Tochter und Geliebten Claudia in Verbindung treten, die in „Interview mit einem Vampir“ auf so grausame Weise vernichtet wurde. Louis plagen starke Schuldgefühle, weil er Lestat dabei geholfen hatte, das Vampirkind zu erschaffen und später nicht in der Lage war, sie zu retten. Er hat Angst, dass Claudia als ruheloser Geist herumirrt und wegen seiner Fehler keinen Frieden finden kann. Um Louis zu helfen, wendet David sich an Merrick Mayfair. Merrick, ein Mitglied des farbigen Teils der riesengroßen Mayfair-Familie, ist eine Hexe mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und zudem eine ausgebildete Vodooo-Priesterin. Unter anderem besitzt sie die Fähigkeit, Geister zu beschwören. Früher war David Merricks Vorgesetzter, Vaterfigur und für kurze Zeit ihr Geliebter. Auf Bitten von David und Louis führt Merrick schließlich ein Ritual durch, um den Geist von Claudia zu beschwören. Doch wie Merrick schon sagte : „Ein Geist kann denen, die ihn rufen, fürchterliche Dinge sagen, und hier geht es um den Geist eines Monsterkindes, das gewaltsam gestorben ist!“

„Merrick“ ist einer der weniger gelungenen Romane von Anne Rice. Die Lebensgeschichte von Merrick ist zwar durchaus fesselnd und die Beschreibung der Voodoo-Rituale und Geisterbeschwörungen sind ziemlich überzeugend. Auch die Idee einer Verbindung zwischen den beiden Romanreihen (Vampir-Chronik und Mayfair-Saga) wurde gut umgesetzt. Durch die Wahl eines Mitglieds des farbigen Zweigs der Mayfair-Familie, das mit den Hexen aus der Triologie zwar entfernt verwandt ist, aber mit diesen im Grunde genommen nichts zu tun hat, bieten sich vielfältige Möglichkeiten, die Anne Rice zum Teil auch aufgreift. Jedoch verliert die Geschichte schnell an Schwung. Durch die Wahl von David als Erzähler der Geschichte fehlen wichtige Einblicke in die Gefühle der anderen Figuren. Die Handlungen von Merrick und Louis sind deshalb ziemlich sprunghaft und zum Teil überhaupt nicht nachvollziehbar. Wer eine Weiterentwicklung der Vampir-Chronik erwartet, wird zwar nicht entäuscht, aber leider findet dies erst auf den letzten hundert Seiten statt. Da David die Geschichte erzählt, aber die Veränderung Merrick und Louis betrifft, erfährt man zwar was passiert, leider jedoch nicht warum. Für Fans der Serie ist Merrick sicherlich lesenswert, aber trotz allem ziemlich unbefriedigend.

Homepage der Autorin: http://www.annerice.com/