Robert A. Heinlein – Grumbles from the Grave. The Letters

Ein Denkmal aus Briefen

Robert A. Heinleins Witwe Virginia ist die Herausgeberin dieser Sammlung von Briefen des 1988 verstorbenen Großmeisters der Science Fiction. Aufgrund dieser Tatsache sollte man nicht vergessen, dass es sich hier kaum um besonders Heinlein-kritische Episteln handelt. Im Gegenteil: Wie der Titel schon nahelegt, „grummelt“ der Autor selbst noch aus dem Grab heraus.

Der Autor

Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Stories im Science Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?

Wie auch immer: Heinleins beste Werke entstanden zwischen 1949 und 1959, als er für den Scribner-Verlag (bei dem auch Stephen King veröffentlicht) eine ganze Reihe von Jugendromanen veröffentlichte, die wirklich lesbar, unterhaltsam und spannend sind. Am vergnüglichsten ist dabei „The Star Beast / Die Sternenbestie“ (1954). Auch diese Romane wurden vielfach zensiert und von Scribner gekürzt, so etwa „Red Planet: A Colonial Boy on Mars“ (1949/1989).

Allerdings drang immer mehr Gedankengut des Kalten Krieges in seine Themen ein. Dies gipfelte meiner Ansicht nach in dem militärischen Roman „Starship Troopers“ von 1959. Im Gegensatz zum Film handelt es sich bei Heinleins Roman keineswegs um einen Actionknaller, sondern um eine ziemlich trockene Angelegenheit. Heinlein verbreitete hier erstmals ungehindert seine militaristischen und antidemokratischen Ansichten, die sich keineswegs mit der der jeweiligen Regierung decken müssen.

Mit dem dicken Roman „Stranger in a strange land“ (1961/1990), der einfach nur die Mowgli-Story auf mystisch-fantastische Weise verarbeitet, errang Heinlein endlich auch an den Unis seines Landes Kultstatus, nicht nur wegen der Sexszenen, sondern weil hier mit Jubal Harshaw ein Alter Ego des Autors auftritt, der als Vaterfigur intelligent und kühn klingende Sprüche von sich gibt. „Stranger“ soll Charles Manson zu seinen Morden 1967 im Haus von Sharon Tate motiviert haben. Sharon Tate war die Gattin von Regisseur Roman Polanski und zu diesem Zeitpunkt schwanger.

Als eloquenter Klugscheißer tritt Heinlein noch mehrmals in seinen Büchern auf. Schon die nachfolgenden Romane sind nicht mehr so dolle, so etwa das völlig überbezahlte „The Number of the Beast“ (1980). Einzige Ausnahmen sind „The moon is a harsh mistress“ (1966, HUGO), in dem der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg auf dem Mond stattfindet, und „Friday“ (1982), in dem eine weibliche und nicht ganz menschliche Agentin ihre Weisheiten vertreibt.

Größtes Lob hat sich Heinlein mit seiner Future History (1967) verdient, die er seit den Vierzigern in Form von Stories, Novellen und Romanen („Methuselah’s Children“, ab 1941-1958) schrieb. Dieses Modell wurde vielfach kopiert, so etwa von seinem Konkurrenten Isaac Asimov.

Heinleins Werk lässt sich sehr einfach aufteilen. In der ersten Phase verarbeitet er auf anschauliche und lebhafte Weise physikalische und soziologische Fakten, die zweite Phase ab 1947 wurde bis 1958 mit Jugendromanen bestritten, die ebenfalls sehr lesbar sind. Die dritte Phase beginnt etwa ab 1959/1960 und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass, wie ein Kenner anmerkte, Heinlein Meinungen als Fakten ausgibt. Daher lesen sich diese überlangen Schinken wie Vorlesungen und Traktate statt eine gute Geschichte zu erzählen.

Hinzukommt, dass Heinlein rekursiv wird: Er klaut bei sich selbst und besucht, etwa in „Die Zahl des Tiers“ (1980), die Universen seiner Zunftkollegen – hier wird die Science Fiction inzestuös. Das mag für eingefleischte SF-Fans ganz nett sein, die ihre Insider-Gags sicherlich genießen, doch für Outsider ist es einfach nur langweilig zu lesen.

Inhalte

Die ersten Briefe richten sich 1939 an Redakteure und Herausgeber, etwa an den verehrten und äußerst einflusreichen Herausgeber von „Astounding Stories“ (später „Analog“), John W. Campbell jr. Später eroberte Heinlein als einer der ersten Science Fiction-Autoren überhaupt den Markt der Hochglanzmagazine und sogar der Hardcover-Bücher. Viele der Briefe sind an seinen langjährigen Agenten gerichtet, Lurton Blassingame.

Heinlein äußert persönliche Ansichten und Meinungen über Herausgeber und Verleger; über Jugendromane, von denen er zahlreiche schrieb, ebenso wie über Romane für Erwachsene, die weit weniger Zustimmung fanden; über Reisen, Honorare, Arbeitsgewohnheiten, Fanpost, Hausbau (ein schwieriges Thema für das Ehepaar Heinlein), über die leidigen Rezensionen.

Reizvoll sind Briefe über seine Arbeitsgewohnheiten wie auch über die – umstrittenen – ethischen Grundsätze beim Schreiben „guter“ Science Fiction. In diesem Zusammenhang wird klar, warum die Verleger und Lektoren manche Dinge in seine Bücher einfügten und manche Dinge herausstrichen. So finden sich hier Kapitel, die „Red Planet“ und „Podkayne of Mars“ gewidmet sind – beim ersteren aufgrund der Streichungen, beim letzteren handelt es sich um ein Nachspiel zur Romanhandlung.

Unterm Strich

Für Heinlein-Sammler bilden die kurze Biografie, die Bibliografie (Fiction & Non-Fiction) und der Index wertvolle Hilfe. Ebenfalls von Interesse sind die abgedruckten Fotos: von Heinlein, Virginia und zahlreichen Buchcovern etc. Diese Titelbilder stehen in Textkästen neben den Beschreibungen der einzelnen Bücher – sehr hilfreich als Einstieg in das Werk. – Orden und Medaillen dürfen auch nicht fehlen! Heinlein war ein vielfach ausgezeichneter Bürger – und Schriftsteller.

Dieser Band eignet sich ausgezeichnet dazu, immer wieder gelesen zu werden. Gute Englischkenntnisse sind Voraussetzung. meines Wissens ist der Band noch nicht übersetzt worden.

Taschenbuch: 325 Seiten
Originaltitel: Grumbles from the Grave
ISBN-13: 9780345369413

www.penguinrandomhouse.de

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