Robert E. Howard – Conan: Die Originalerzählungen (Band 1)

Inhalt

Acht originale, 1932 und 1933 veröffentlichte, nachträglich nicht bearbeitete = verwässerte Geschichten um Conan, den Barbaren:

– Einführung, S. 9-22
– Vorbemerkung des Illustrators, S. 23-30

Die Original-Erzählungen:

Cimmerien (Cimmeria). S. 31/32: Ein Gedicht beschreibt die Schrecken und Schönheiten jenes fernen Nordlandes, in dem Conan geboren wurde.

Im Zeichen des Phönix (The Phoenix on the Sword), S. 33-72: Conan, König von Aquilonien, sieht sich einer Palastrevolte gegenüber, in die sich noch ein rachsüchtiger Hexenmeister einmischt.

Ymirs Tochter (The Frost Giant’s Daughter), S. 73-88: Gern treibt die Tochter des Frostgottes auf dem Schlachtfeld tödlichen Schabernack mit überlebenden Kriegern, doch mit Conan hat sie sich das falsche Opfer ausgesucht.

Der Gott in der Schale (The God in the Bowl), S. 89-120: Als Conan den Palast eines reichen Mannes ausrauben will, findet man ihn über der Leiche des Hausherrn, dessen tatsächlicher Mörder den Ort des Verbrechens keineswegs verlassen hat.

Der Turm des Elefanten (The Tower of the Elephant), S. 121-162: Conan wagt es, einen gefürchteten Magier zu bestehlen, und dringt in dessen mit Todesfallen gespickten Schlupfwinkel ein.

Die scharlachrote Zitadelle (The Scarlet Citadel), S. 163-226: Eine tödliche Allianz von Verrätern greift mit der Unterstützung eines Hexers nach dem Thron von Aquilonien, doch König Conan trotzt noch als Gefangener den Usurpatoren.

Die Königin der schwarzen Küste (Queen of the Black Coast), S. 227-276: Conan schließt sich der Piratenkönigin Bêlit an und folgt ihr in eine nur scheinbar verlassene Dschungelstadt, in der es blutrünstig umgeht.

Natohk, der Zauberer (Black Colossus), S. 277-336: Nachdem er drei Jahrtausende in seinem Grab schmachten musste, will Schwarzmagier Thugra Kothan sein untergegangenes Teufelsreich neu errichten, weshalb seine Gegner in ihrer Not den Söldner Conan zu ihrem Kriegsherrn ernennen.

Anhang:

– Im Zeichen des Phönix (Erste eingereichte Fassung), S. 337-376
– Exposé ohne Titel: (Die scharlachrote Zitadelle), S. 377/78
– Exposé ohne Titel: (Natohk, der Zauberer), S. 379-382
– Fragment ohne Titel: (Auf dem Schlachtfeld war es still …), S. 383-386
– Exposé ohne Titel: (Ein Trupp zamorianischer Soldaten …), S. 387-390

Veröffentlichungsnachweise, S. 391/392

Epigonen-Unkraut

Im Dezember des Jahres 1932 erblickte er im „Pulp“-Magazin „Weird Tales“ das Licht der Leserwelt: Conan, der Barbar, geboren in eine Ära vor jeder Überlieferung und gesicherter Geschichtsschreibung, erfunden von Robert E. Howard, einem jungen, ungeschliffenen aber fähigen Geschichtenerzähler, dem hier ein moderner Trivialmythos gelang, der ihn nicht nur überlebte, sondern sich zu einem Franchise mauserte und sämtliche Medien des 21. Jahrhunderts nutzt – Medien, von denen Howard einst nicht einmal träumen konnte.

Der Erfolg bzw. die ‚Ergänzungen‘, die der Mythos nach Howards Tod erfuhr, haben den ursprünglichen und eigentlichen Conan so gründlich überlagert, dass eine sorgfältige Herauspräparierung des Originals längst überfällig war. 2002 gab Patrice Louinet nach umfangreichen Vorarbeiten, die ihn auf der Suche nach ausschließlich von Howard verantworteten Manuskripten und Entwürfen tief in staubige Archive geführt hatte, den ersten Band von „Robert E. Howard’s Complete Conan of Cimmeria“ heraus. Nach sieben Jahrzehnten konnten die Leser endlich wieder einen Conan kennenlernen, der nicht nachträglich verändert, verfremdet, trivialisiert und breitgetreten wurde. (Über diese Edition und ihre Intention informiert u. a. diese Website.)

In seinem Vorwort zum vorliegenden Band gibt Louinet Auskunft über das zunächst merkwürdig erscheinende Projekt: War Conan denn jemals in Vergessenheit geraten? Wurden die Storys nicht spätestens seit den 1960er Jahren immer wieder aufgelegt? Louinet klärt über die komplizierte Conan-Historie auf: Obwohl Howard ein fleißiger Autor war, starb er so früh, dass er für einen Großteil jener Conan-Erzählungen, die seinen Namen tragen, höchstens indirekt verantwortlich zeichnet. Als Howard viele Jahrzehnte nach seinem Tod eine verdiente Renaissance erfuhr, wurde sein Nachlass auf unveröffentlichte Werke, Exposés und Konzepte durchforstet. Diese wurden postum ‚vollendet‘ oder dort, wo Howard nur einige flüchtige Zeilen aufs Papier geworfen hatte, mehr oder weniger ideenreich nachempfunden. Als diese Kuh schließlich leergemolken war, entstanden gänzlich neue Geschichten „im Geiste Howards“.

Das Original setzt sich durch

Die Mehrzahl dieser Pastiches blieben blasse Kopien, deren Verfasser wiederkäuten, was Howard kraftvoll vorgegeben hatte. Waren zunächst durchaus interessante Variationen talentierter Autoren wie L. Sprague de Camp, Lin Carter, Poul Anderson oder Karl Edward Wagner darunter, produzierten später inspirationsarme Schreibautomaten wie Steve Perry, Leonard Carpenter oder Roland Green unzählige Romane, in denen Conan zum Kopf-ab-Barbaren degenerierte und Fantasy-‚Abenteuer‘ auf TV-Serienniveau erlebte.

Darüber geriet in Vergessenheit, dass Robert E. Howard Conan keineswegs als eindimensionalen Schlagetot konzipiert, sondern sich viele Gedanken über seine Figur gemacht hatte. Diese hielt er glücklicherweise schriftlich fest oder erörterte sie brieflich mit Schriftstellerkollegen. Howards Conan ist ein reiner Barbar als von der Zivilisation – die für Howard stets den Keim der Degeneration und des Untergangs in sich trägt – unverdorbener Mann, „Barbar“ ist deshalb sowohl für Howard als auch für Conan kein Schimpfwort. Grausamkeit, Unterdrückung, Heimtücke: Die negativen Eigenschaften des Menschen benötigen die Zivilisation, um sich zu entwickeln und auszubreiten. Tyrannische Herrscher, fanatische Priester und immer wieder böse Zauberer sind deshalb trotz oder gerade wegen ihres Wissens wesentlich üblere Zeitgenossen als Conan, der auch deshalb immer wieder in Schwierigkeiten gerät, weil er die Regeln und Hierarchien, die solche selbst ernannten Eliten diktieren, nicht kennt oder sie ignoriert, ohne die Folgen zu fürchten.

Gleichzeitig macht es Howard sich und seinen Lesern keineswegs einfach: In „Der Turm des Elefanten“ versucht sich Conan als Einbrecher und hat kein Problem damit, die Wächter vorsichtshalber umzubringen: Er will den im Turm verborgenen Edelstein, und sie stehen ihm im Weg. Also müssen sie sterben. Andererseits setzt Conan sein Leben immer wieder für Kampfgenossen, Schwache und vor allem Frauen in Not ein, die ihm deshalb keineswegs zu Diensten sein müssen: Conan liebt Frauen nur, wenn sie sich ihm freiwillig hingeben wie Bêlit, die „Königin der schwarzen Küste“.

Conans Psyche ist kein glattgeschliffener Kiesel. Auffällig und keineswegs selten sind Phasen, die ihn in Angst oder Melancholie versinken und in blinden Aktionismus flüchten lassen. Conan zweifelt am Universum, dessen Schattenseiten er nicht versteht und dem er sich letztlich ausgeliefert fühlt. Dass diese Anwandlungen so überzeugend wirken, liegt wohl auch an Howards Wissen um solche Stimmungen. Er litt unter Depressionen, die ihn schließlich in den Selbstmord trieben.

Weltgeschichte als Spiegel

Die bunte, bizarre Welt des hyborischen Zeitalters entstand in den frühen 1930er Jahren. Howard erschuf sie mit großer Liebe zum Detail. Er sorgte dabei für Kulissen, die zu Standards (und Klischees) jener Fantasy wurden, die „Sword-&-Sorcery“ – „Schwert und Zauberei“ – genannt wird. Kritiker warfen Howard vor, denkfaul die reale Weltgeschichte zu plündern. Die Namen von Königreichen, Volksstämmen oder Städten erinnern an echte Vorbilder. Doch genau dies lag in Howards Absicht: Er sorgte auf diese Weise für Assoziationen, die ihm ausführliche bzw. langatmige Einführungen und Beschreibungen ersparten. Auf diese Weise konnte er seine Energie in das unmittelbare Geschehen investieren.

Dabei bediente sich Howard ebenfalls unbekümmert – und wieso nicht? – historischer Sagen und Legenden. Sie boten ihm Vorgaben für Handlungen, Szenen und Figuren, die er sich aneignete, ohne sie einfach zu kopieren. Stattdessen kamen sie in den großen Howard-Mixer und wurden zum Rohstoff der Conan-Saga. Dem versierten (Literatur-) Historiker bereitet die Identifizierung ihrer Wurzeln deshalb ebenso großes Vergnügen wie die Lektüre der Storys selbst. Die Inhalte mögen dem heutigen Leser (allzu) vertraut erscheinen. Deshalb sei an dieser Stelle wiederholt, dass es Howard war, der viel von dem vorgab, das noch immer die Fantasy dominiert – dies nicht nur literarisch, sondern vor allem auch in Film und Fernsehen. Dass den Epigonen das Geschick fehlt, mit dem Howard ebenso spielerisch wie gekonnt seinen Conan-Kosmos zum Leben erweckte, darf nicht ihm zum Vorwurf gemacht werden.

Niemals ließ sich Howard einengen. Deshalb folgen seine Conan-Storys auch keiner Chronologie. Mal ist es der alte, dann wieder der junge Conan, der Abenteuer erlebt. Howard selbst vergaß den roten Faden nicht; wo es die Handlung erforderte, streute er Fakten aus früheren Erzählungen ein. Gleichzeitig bewies er Mut zur Lücke, die ihm wichtig war: Howard hatte keine Conan-Biografie im Sinn. Die Storys waren ein Spiegelbild der ständig in Bewegung befindlichen hyborischen Welt.

Conans glorreiche Wiederkehr

„Robert E. Howard’s Complete Conan of Cimmeria“ ist eine opulente Edition. Die Erzählungen werden mit reichem Beiwerk präsentiert. Howard schrieb Exposés und Entwürfe, und mehr als einmal brach er eine Story ab und legte sie zu den Akten. Diese Fragmente besitzen durchaus ihre eigenen Qualitäten, weshalb es ein Gewinn ist, dass sie der Vergessenheit entrissen wurden.

Eigens für diese Kollektion schuf der Künstler Mark Schultz schwarzweiße Zeichnungen, die jede Story einleiten. Hinzu kommen farbige, aufwändige und sehr detaillierte Illustrationen in Gemälde-Qualität. Schultz orientierte sich nicht am typischen Conan-Bild, das weiterhin durch die beiden Filme mit Arnold Schwarzenegger in der Titelrolle („Conan der Barbar“, 1982; „Conan der Zerstörer“, 1984) geprägt wird, sondern versuchte, Howards Vorstellungen umzusetzen. Stilistisch erinnern seine Werke an den klassischen Comic-Meister Hal Foster (1892-1982), der „Prinz Eisenherz“ erschuf, sodass es nicht wundert, dass Gary Gianni, der nach dem Tod von John Cullen Murphy (1919-2004), der „Eisenherz“ von Foster übernommen hatte, als dritter Zeichner und Texter der Serie zwischen 2004 und 2012 mit Schultz zusammenarbeitete.

In Deutschland erschien „[The] Complete Conan of Cimmeria“ ursprünglich und dem Original entsprechend in drei voluminösen Bänden, die nun für die Neuausgabe jeweils geteilt wurden. Inhaltlich hat sich nichts geändert, auch das Zusatzmaterial ist komplett. (Gestrichen wurde eine Einleitung von Wolfgang Hohlbein.) Weniger gelungen sind höchstens die neuen Titelbilder von Arndt Drechsler, was aber ein subjektives Urteil darstellt. Für Freunde der klassischen Fantasy – aber nicht nur für diese – stellen die nunmehr sechs Bände ein Muss dar: Sie machen geradezu brutal deutlich, in welchem Maße die moderne Fantasy von Endlos-Garnen und Farblos-Kopien dominiert wird. Einmal mehr gilt: Das Original ist unschlagbar!

Autor

Robert Ervin Howard wurde am 22. Januar 1906 in Peaster, einem staubigen Flecken irgendwo im US-Staat Texas, geboren. Sein Vater, ein Landarzt, zog mit seiner kleinen Familie oft um, bis er sich 1919 in Cross Plain und damit im Herzen von Texas fest niederließ. Robert erlebte nach eigener Auskunft keine glückliche Kindheit. Er war körperlich schmächtig, ein fantasiebegabter Bücherwurm und damit der ideale Prügelknabe für die rustikale Landjugend. Der Realität entzog er sich einerseits durch seine Lektüre, während er sich ihr andererseits stellte, indem er sich ein intensives Bodybuilding-Training verordnete, woraufhin ihn seine Peiniger lieber in Frieden ließen: Körperliche Kraft bedeutet Macht, der Willensstarke setzt sich durch – das war eine Lektion, die Howard verinnerlichte und die seine literarischen Helden auszeichnete, was ihm von der Kritik lange verübelt wurde; Howard wurden sogar faschistoide Züge unterstellt; er selbst lehnte den zeitgenössischen Faschismus ausdrücklich ab.

Nachdem er die High School verlassen hatte, arbeitete Howard in einer langen Reihe unterbezahlter Jobs. Er war fest entschlossen, sein Geld als hauptberuflicher Autor zu verdienen. Aber erst 1928 begann Howard auf dem Magazin-Markt Fuß zu fassen. Er schrieb eine Reihe von Geschichten um den Puritaner Solomon Kane, der mit dem Schwert gegen das Böse kämpfte. 1929 ließ er ihm Kull folgen, den König von Valusien, dem barbarischen Reich einer (fiktiven) Vorgeschichte, 1932 Bran Mak Morn, Herr der Pikten, der in Britannien die römischen Eindringlinge in Angst und Schrecken versetzte. Im Dezember 1932 betrat Conan die literarische Szene, ein ehemaliger Sklave, Dieb, Söldner und Freibeuter, der es im von Howard für die Zeit vor 12000 Jahren postulierten „Hyborischen Zeitalter“ bis zum König bringt.

Die Weltweltwirtschaftskrise verschonte auch die US-amerikanische Magazin-Szene nicht. 1935 und 1936 war Robert E. Howard dennoch in allen wichtigen US-Pulp-Magazinen vertreten. Er verdiente gut und sah einer vielversprechenden Zukunft entgegen, korrespondierte eifrig und selbstbewusst mit Kollegen und Verlegern und wurde umgekehrt als noch raues aber bemerkenswertes Erzähltalent gewürdigt.

Privat litt Howard an depressiven Schüben. Diese Krankheit war in den 1930er Jahren noch wenig erforscht und wurde selten als solche erkannt oder gar behandelt. In Howards Fall kam eine überaus enge Mutterbindung hinzu. Als Hester Ervin Howard 1935 an Krebs erkrankte und dieser sich als unheilbar erwies, geriet ihr Sohn psychisch in die Krise. Im Juni 1936 fiel Hester ins Koma, am 11. des Monats war klar, dass sie den Tag nicht überleben würde. Als Howard dies realisierte, setzte er sich in seinen Wagen und schoss sich eine Kugel in den Kopf. Er war erst 30 Jahre alt. Sein umfangreiches Gesamtwerk geriet in Vergessenheit, bis es in den 1950er und 60er Jahren wiederentdeckt wurde und nie gekannte Bekanntheitsgrade erreichte, was seinen frühen Tod als doppelten Verlust für die moderne Populärkultur deutlich macht.

Gebunden: 392 Seiten
Originaltitel: The Coming of Conan the Cimmerian [Teil 1/2] (New York : Ballantine/Del Rey 2002)
Übersetzung: Lore Strassl (Storys), Jürgen Langowski (Artikel), Erik Simon (Gedicht)
Cover: Arndt Drechsler
www.festa-verlag.de

Paperback: 392 Seiten
Originaltitel: The Coming of Conan the Cimmerian [Teil 1/2] (New York : Ballantine/Del Rey 2002)
Übersetzung: Lore Strassl (Storys), Jürgen Langowski (Artikel), Erik Simon (Gedicht)
Cover: Arndt Drechsler
www.festa-verlag.de

eBook: 630 KB
ISBN-13: 978-3-86552-388-4
www.festa-verlag.de

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