Robert E. Howard – Conan: Die Originalerzählungen (Band 2)

Inhalt:

Weitere sechs 1932 und 1933 veröffentlichte Geschichten um Conan, den Barbaren:

Die Original-Erzählungen:

Schatten im Mondlicht (Iron Shadows in the Moon), S. 9-60: Der glücklose Söldner Conan strandet mit einer schönen Begleiterin auf einer verfluchten Insel, wo das Paar sich zwischen schwarzer Magie und blutrünstigen Piraten gefangen sieht.

Der wandelnde Schatten (Xuthal of the Dusk), S. 61-112: Mit einer anderen schönen Frau gerät Conan auf einer weiteren Flucht in eine verwunschene Wüstenstadt und müssen sich gegen die drogensüchtigen Bürger und einen uralten Dämonen wehren.

Der Teich der Riesen (The Pool of the Black One), S. 113-156: In Begleitung einer weiteren drallen Maid verschlägt es Conan auf eine namenlose Insel, die von uralten, erzbösen Kreaturen bevölkert wird.

Der Rote Priester (Rogues in the House), S. 157-198: Um seiner Hinrichtung zu entgehen, erklärt sich Söldner Conan bereit, einen verschlagenen Hexenmeister zu töten, der jedoch just von seinem grausigen Diener überfallen wurde, mit dem es nun auch Conan zu tun bekommt.

Das Tal der verlorenen Frauen (Vale of Lost Women), S. 199-226: Sklavin Livia wurde an einen Stamm primitiver Dämonenanbeter verkauft; auf ihrer Flucht gerät sie an in den Bann dieser Kreatur, doch glücklicherweise ist ihr Conan auf der Spur.

Der Eiserne Teufel (The Devil in Iron), S. 227-276: Pirat Conan wird von seinen Gegner auf eine verfluchte Insel gelockt, weiß dort aber den Spieß herumzudrehen (und eine schöne Maid zu retten).

Anhang:

– Anmerkungen zu verschiedenen Völkern der hyborischen Ära, S. 279-282
– Das hyborische Zeitalter, S. 283-316
– Exposé ohne Titel (Kulisse: Die Stadt Shumballa im Land Kush), S. 317-320
– Entwurf ohne Titel (Amboola erwachte langsam …), S. 321-334
– Hyborische Namen und Länder, S. 335/336
– Originalkarten des hyborischen Zeitalters, S. 337-342
– Hyborische Genesis, S. 343-388
– Zur Chronologie der Erzählungen, S. 389-392

Veröffentlichungsnachweise, S. 393/394

Alltag in der Vorzeit

1933 war Robert E. Howard bereits sehr vertraut mit seiner Conan-Figur. Auch bei den Lesern hatte sie großen Anklang gefunden, weshalb die Herausgeber der großen Magazine Conan-Storys in der Regel gern und schnell ankauften; nur selten musste Howard etwas ändern. Langsam begann sich hinter dem Enthusiasten Howard der Geschäftsmann gleichen Namens zu rühren. Weiterhin schätzte der fleißige Autor den Barbaren, doch sein wacher, unsteter Geist wandte sich bereits neuen Projekten zu.

Natürlich war Howard zu klug, Conan etwa fallenzulassen. Für einen Mann, der sich auf dem finanziell brüchigen Eis der Trivialliteratur bewegte, war eine Figur mit solchem Identifikationswert buchstäblich Gold wert. Howard schrieb deshalb weitere Conan-Geschichten. Doch obwohl sie alle die übliche Handlungsvehemenz aufwiesen, zeigten sie manchmal deutliche Elemente ökonomisch eingesetzter Routinen. In diesem zweiten Sammelband fällt in erster Linie das Übergewicht von Erzählungen auf, die sich um die Rettung einer schönen Frau ranken, die zunächst unter Wilde, Monster oder degenerierte Adlige gerät, was Howard die Gelegenheit verschaffte, seine Heldin meist nackt umherirren zu lassen sowie allerlei S/M-Szenen zu kreieren, soweit diese im zeitgenössischen Rahmen möglich waren.

Obwohl manche Plotmuster durchaus schematisch wiederholt oder recycelt werden, setzt sich die unbändige Erzählfreude des Verfassers letztlich durch. Howard verstand es einfach, auch wiederkehrende Situationen oder profilflache Figuren durch immensen Handlungsschwung auszugleichen. Dabei half eine ‚einfache‘ Sprache, die tatsächlich vor allem präzise ausdrückte, was Howard sagen wollte: eine stilistische Genügsamkeit, von der moderne Endlos-Schwafler lernen könnten und sollten!

Die Welt vor der Weltgeschichte

Obwohl er ihm manchmal den Rücken kehrte oder sich seiner bediente, wenn die leere Geldbörse knurrte, verlor Howard niemals die Lust an Conan. Er kehrte mit frischer Inspirationskraft zu ihm zurück, experimentierte mit der Figur und durchbrach damit den Teufelskreis, der Conan immer wieder in die Klauen leidlich neuer Monster führte, denen er im heroischen Kampf die Lebenslichter ausblasen musste. Im vorliegenden Band demonstriert dies „Der Rote Priester“, eine Story, in der Howard die bekannten Elemente neu zusammensetzte, sodass u. a. der böse Magier vom Gegner zum Kampfgenossen Conans wird, ohne dadurch an Heimtücke einzubüßen.

Herausgeber Patrice Louinet, der sich in Vorbereitung auf diese Conan-Edition intensiv mit Robert E. Howard, dem Schriftsteller und dem Privatmann, beschäftigte, zeichnet in „Hyborische Genesis“ die Entwicklung nach, die Conan als Figur binnen relativ kurzer Zeit erfuhr. Louinet informierte sich auch über die umfangreichen Forschungen, die Howard selbst in die Schöpfung der hyborischen Welt investierte. Der Autor kam nie in den Genuss einer akademischen Ausbildung, war aber intelligent und wissbegierig. Womöglich war es sogar seine Maßlosigkeit, die ihn zu einem fähigen und fruchtbaren Schriftsteller machte: Ohne Anleitung fraß Howard Sachbücher, ohne zu werten oder zu gewichten oder allzu große Ehrfurcht vor Fakten und historischen Zusammenhängen zu entwickeln. Stattdessen pickte sich Howard aus der Historie heraus, was ihn interessierte, und schuf daraus seine alternative Vorgeschichte.

Denn Conans Welt ist unsere Erde – eine Erde freilich, die sich in Jahrzehntausenden so verändert hat, dass jegliche Zeugnisse an die hyborische Welt in Vergessenheit geraten sind. Howard hat gründlich an ‚seiner‘ Vorgeschichte gearbeitet und sie dabei erweitert, ergänzt und verdichtet. Diese Ausgestaltung geschah parallel zur Arbeit an weiteren „Conan“-Storys. Seine Vorstellungen hielt Howard schriftlich fest; der Text „Das hyborische Zeitalter“ durchlief mindestens vier (überlieferte) Phasen.

Präzision bei gleichzeitiger Gelassenheit

Es beeindruckt, mit welcher Kunstfertigkeit Howard, der Laie, ‚seine‘ Historie mit der tatsächlichen Menschheitsgeschichte, wie sie der Wissenschaft bekannt ist, verwob. Den Konflikt vermied er, indem er das hyborische Zeitalter dieser Geschichte quasi vorschaltete. Andererseits verschränkte Howard Fiktion und Realität, indem er Ländern, Städten und Völkern Namen gab, die an tatsächliche Orte und Ethnien erinnern. Dies waren gewollte Assoziationen, die Howard und seinem Publikum die Orientierung in der hyborischen Welt erleichterten. Dabei wusste Howard die Gleichklänge zu ‚begründen‘, indem er seine fiktive Historie allmählich in die reale Geschichte übergehen ließ.

Lücken in seiner hyborischen Chronik schloss Howard bei Bedarf, sah aber keinen Grund für Vollständigkeit. Stattdessen achtete er klug auf Freiräume, die es ihm gestatteten, sich jederzeit frei in ‚seiner‘ Welt zu bewegen, ohne dabei an fixierte Vorgaben gebunden zu sein – eine Gründlichkeit, die sich Howard schon aus Zeitgründen nicht gestatten durfte: Louinet liefert viele Beispiele dafür, wie Howard sich mit starrsinnigen und risikoscheuen Herausgebern und ihrer schlechten Zahlungsmoral herumärgern musste.

Nichtsdestotrotz suchte und behielt Howard den Überblick. Er zeichnete grobe Karten der hyborischen Welt und schrieb Listen mit Orts- und Personennamen, die in diesem Band wiedergegeben werden. Sie verraten, dass Howard die Klangnähe zu realen Vorbildern tatsächlich suchte und dabei enormen Einfalls- und Ableitungsreichtum an den Tag legte.

Weniger erfreulich sind aus heutiger Sicht manche Charakterzeichnungen. Howard war ein Kind seiner Zeit und deshalb von zeitgenössischen Vorurteilen geprägt, die uns heute politisch unkorrekt bis problematisch erscheinen, damals jedoch weitverbreitet und selbstverständlich waren. So galt die Hautfarbe als Maßstab für den ‚Wert‘ eines Menschen, weshalb Howard immer wieder „schwarz“ mit „wild“ und „primitiv“ gleichsetzt. Allerdings lässt sich dieses Weltbild so und noch ausgeprägter in den klassischen „Tarzan“-Romanen und -Filmen entdecken (aus denen sich Howard ebenfalls bediente). So sollte man nachträglich nicht überinterpretieren, was man heute (hoffentlich mehrheitlich) besser weiß.

Conans glorreiche Wiederkehr

„Robert E. Howard’s Complete Conan of Cimmeria“ ist eine mustergültige Sammlung, die nicht nur die sorgfältig edierten (sowie übersetzten) Erzählungen, sondern auch zusätzlichen Hintergrund- und Informationsmaterial präsentiert. Howard schrieb Exposés und Entwürfe, mehr als einmal brach er eine Story ab und legte sie zu den Akten. Diese Fragmente besitzen durchaus ihre eigenen Qualitäten, weshalb es lohnte, sie der Vergessenheit zu entreißen.

Für diese Kollektion schuf der Künstler Mark Schultz schwarzweiße Zeichnungen, die jede Story und jedes Kapitel einleiten. Hinzu kommen farbige, sehr detaillierte Illustrationen. Schultz orientierte sich nicht am typischen Conan-Bild, das durch die beiden Filme mit Arnold Schwarzenegger in der Titelrolle („Conan der Barbar“, 1982; „Conan der Zerstörer“, 1984) geprägt wird, sondern versuchte, Howards Vorstellungen zu interpretieren. Stilistisch erinnern seine Werke an den klassischen Comic-Meister Hal Foster (1892-1982), der „Prinz Eisenherz“ erschuf, sodass es nicht wundert, dass Gary Gianni, der nach dem Tod von John Cullen Murphy (1919-2004), der „Eisenherz“ von Foster übernommen hatte, als dritter Zeichner und Texter der Serie zwischen 2004 und 2012 mit Schultz zusammenarbeitete.

In Deutschland erschien „[The] Complete Conan of Cimmeria“ ursprünglich und dem Original entsprechend in drei voluminösen Bänden, die nun für die Neuausgabe jeweils geteilt wurden. Inhaltlich hat sich nichts geändert, auch das Zusatzmaterial ist komplett. Weniger gelungen sind höchstens die neuen Titelbilder von Arndt Drechsler, was aber ein subjektives Urteil darstellt. Für Freunde der klassischen Fantasy – aber nicht nur für diese – stellen die nunmehr sechs Bände dank ihres ungebrochenen Unterhaltungswertes ein Muss dar.

Autor

Robert Ervin Howard wurde am 22. Januar 1906 in Peaster, einem staubigen Flecken irgendwo im US-Staat Texas, geboren. Sein Vater, ein Landarzt, zog mit seiner kleinen Familie oft um, bis er sich 1919 in Cross Plain und damit im Herzen von Texas fest niederließ. Robert erlebte nach eigener Auskunft keine glückliche Kindheit. Er war körperlich schmächtig, ein fantasiebegabter Bücherwurm und damit der ideale Prügelknabe für die rustikale Landjugend. Der Realität entzog er sich einerseits durch seine Lektüre, während er sich ihr andererseits stellte, indem er sich ein intensives Bodybuilding-Training verordnete, woraufhin ihn seine Peiniger lieber in Frieden ließen: Körperliche Kraft bedeutet Macht, der Willensstarke setzt sich durch – das war eine Lektion, die Howard verinnerlichte und die seine literarischen Helden auszeichnete, was ihm von der Kritik lange verübelt wurde; Howard wurden sogar faschistoide Züge unterstellt; er selbst lehnte den zeitgenössischen Faschismus ausdrücklich ab.

Nachdem er die High School verlassen hatte, arbeitete Howard in einer langen Reihe unterbezahlter Jobs. Er war fest entschlossen, sein Geld als hauptberuflicher Autor zu verdienen. Aber erst 1928 begann Howard auf dem Magazin-Markt Fuß zu fassen. Er schrieb eine Reihe von Geschichten um den Puritaner Solomon Kane, der mit dem Schwert gegen das Böse kämpfte. 1929 ließ er ihm Kull folgen, den König von Valusien, dem barbarischen Reich einer (fiktiven) Vorgeschichte, 1932 Bran Mak Morn, Herr der Pikten, der in Britannien die römischen Eindringlinge in Angst und Schrecken versetzte. Im Dezember 1932 betrat Conan die literarische Szene, ein ehemaliger Sklave, Dieb, Söldner und Freibeuter, der es im von Howard für die Zeit vor 12000 Jahren postulierten „Hyborischen Zeitalter“ bis zum König bringt.

Die Weltweltwirtschaftskrise verschonte auch die US-amerikanische Magazin-Szene nicht. 1935 und 1936 war Robert E. Howard dennoch in allen wichtigen US-Pulp-Magazinen vertreten. Er verdiente gut und sah einer vielversprechenden Zukunft entgegen, korrespondierte eifrig und selbstbewusst mit Kollegen und Verlegern und wurde umgekehrt als noch raues aber bemerkenswertes Erzähltalent gewürdigt.

Privat litt Howard an depressiven Schüben. Diese Krankheit war in den 1930er Jahren noch wenig erforscht und wurde selten als solche erkannt oder gar behandelt. In Howards Fall kam eine überaus enge Mutterbindung hinzu. Als Hester Ervin Howard 1935 an Krebs erkrankte und dieser sich als unheilbar erwies, geriet ihr Sohn psychisch in die Krise. Im Juni 1936 fiel Hester ins Koma, am 11. des Monats war klar, dass sie den Tag nicht überleben würde. Als Howard dies realisierte, setzte er sich in seinen Wagen und schoss sich eine Kugel in den Kopf. Er war erst 30 Jahre alt. Sein umfangreiches Gesamtwerk geriet in Vergessenheit, bis es in den 1950er und 60er Jahren wiederentdeckt wurde und nie gekannte Bekanntheitsgrade erreichte, was seinen frühen Tod als doppelten Verlust für die moderne Populärkultur deutlich macht.

Gebunden: 394 Seiten
Originaltitel: The Coming of Conan the Cimmerian [Teil 2/2] (New York : Ballantine/Del Rey 2002)
Übersetzung: Lore Strassl (Storys), Jürgen Langowski (Artikel)
Cover: Arndt Drechsler
www.festa-verlag.de

Paperback: 394 S.
ISBN-13: 978-3-86552-390-7
www.festa-verlag.de

eBook: 623 KB
ISBN-13: 978-3-86552-391-4
www.festa-verlag.de

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)