von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Vorstoß zum Uranus (Weltraumpartisanen – Band 5)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: [Verrat auf der Venus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 3: [Unternehmen Delphin]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 4: [Aufstand der Roboter]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618

Band 5: _Vorstoß zum Uranus_

Als der Herder-Verlag Anfang der Siebziger eine kleine Jugend-SciFi-Reihe von drei bis vier Bänden bei Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) in Auftrag gab, war der Erfolg keineswegs absehbar. Dieser brachte unter seinem Pseudonym „Mark Brandis“ bis 1987 insgesamt 31 Bände der Weltraum-Abenteuerserie mit dem gleichnamigen Helden unters begeisterte Volk. Lange Zeit war es danach still um die deutsche Kult-Serie geworden. |Bertelsmann| machte sich zwischenzeitlich zwar immer wieder an einen Aufguss mit Doppelbänden, welche teils über den hauseigenen Buchclub vertrieben wurden, stellte die Versuche aber im Jahr 2000 endgültig ein. 2008 nahm sich der |Wurdack|-Verlag des Kleinods mit dem gebührenden Ernst an und präsentiert seither jedes Quartal je zwei Bände als broschierte Sammlerausgabe mit frischer Aufmachung.

_Zur Story_

Normalität ist seit der Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit in der EAAU (Europa-Amerika-Afrika-Union) halbwegs wieder eingekehrt. John Harris hat nach dem unsäglichen, durch den texanischen General Smith angezettelten Bürgerkrieg (vgl. Band 1 – 4) sein Amt als Interimspräsident niedergelegt und die Leitung der Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik (VEGA) übernommen. Die VEGA ist nun endlich wieder eine zivile Institution und kümmert sich um ihr Kerngeschäft: Die Erprobung neuer Raumschiffe und die gleichzeitige Erforschung des Weltraums. Die „Delta VII“, welche unter Commander Mark Brandis im Partisanenkampf gegen den Diktator Smith eine entscheidende Rolle spielte, ist inzwischen außer Dienst gestellt. Längst wurde diese Baureihe zur Delta IX weiter entwickelt – und genau da drückt der Schuh.

Brandis kommandiert derweil den neuesten Prototyp der EAAU: Die „Hermes“. Das erste Schiff mit revolutionärem Protonenantrieb, welcher Geschwindigkeiten im prozentualen Bereich der Lichtgeschwindigkeit ermöglicht. Seine mittlerweile erweiterte Crew und er werden ausgesandt, um die auf dem weit entfernten Uranus gestrandete „Delta IX“ unter Commander Scott entweder zu reparieren oder zu vernichten, damit dieser Technologieträger den VOR (den Vereinigten Orientalischen Republiken) nicht in die Hände fällt – diese haben Geheimdienstberichten zu Folge nämlich bereits Wind von der Havarie bekommen und ein kampfstarkes Schiff in Marsch gesetzt. Der Funkkontakt zur Delta IX ist zu allem Übel abgebrochen. Die „Hermes“ ist noch nicht vollkommen erprobt. Zudem ist ein bislang ungeklärtes Problem mit einer Art spontanen Teleportation gegeben.

Dennoch ist die „Hermes“ der einzige Raumer, welcher den Uranus rechtzeitig erreichen kann. Zumal, wenn der Commander Brandis heißt. Scott hingegen ist ein richtiger Kotzbrocken und ehemaliger Rivale um die Gunst seiner Verlobten. Die beiden können sich dementsprechend nicht sonderlich riechen, was seine Begeisterung für diese „freiwillige“, nicht ganz ungefährliche Rettungsmission in überschaubaren Grenzen hält. Der Uranus ist bisher unerforschtes und unwirtliches Neuland, für die meisten konventionellen Schiffe sogar unerreichbar. Commander Scott und seine Crew haben dies nach ihrer Bruchlandung schmerzlich erfahren müssen. Zwei Besatzungsmitglieder versuchen unter Einsatz ihres Lebens die Funkverbindung zur Heimat wieder herzustellen, während an Bord ein lebenserhaltenes Aggregat nach dem anderen den Geist aufgibt.

_Eindrücke_

Nach dem Partisanenkrieg der ersten vier Bände ist Band 5 ein geradezu klassischer Fall eines SAR-Kommandos. Natürlich gibt es als zusätzliches Bonbon einen Wettlauf mit der Zeit – genau genommen sogar mehrere, um die Spannung für den Leser aufrecht zu halten. Außerdem erfüllt die Geschichte die Aufgabe, die runderneuerte und personell aufgestockte Crew um Commander Brandis vorzustellen und einzuführen, welche ihn zum Teil auch die nächsten Bände hindurch auf seinen Flügen in unterschiedlichen Raumschiffen treu zur Seite stehen und begleiten wird. Lediglich Navigator Iwan Stroganow ist von der alten Garnitur noch übrig. Wie üblich ist auch diese Mannschaft wieder bunt zusammen gewürfelt, was die ethnische Herkunft bzw. Nationalität angeht und somit beinahe unweigerlich zu kleinen Reibereien an Bord führt.

Wenn es also – wie bei Brandis/Michalewsky eigentlich üblich – eine sozialkritische Komponente in der Geschichte gibt, so sind es hier sicher Rassenkonflikte und Altruismus. Der neue Bordingenieur Xuma ist ein schwarzer Südafrikaner, der Pilot van Kerk gehört zum weißen Teil der Bevölkerung aus der gleichen Gegend. Er betrachtet und bezeichnet den Farbigen als minderwertigen Nigger. Doch auch der darob höchst empörte Commander Brandis hat indes Grund, sich an die eigene Nase zu fassen und seine eigenen Vorurteile abzubauen: Die zur Unterstützung mitreisende Astrophysikerin stört, entgegen seiner Befürchtungen, das Bordleben überhaupt nicht – auch wenn eine chauvinistische Raumfahrer-Grundregel besagt, dass Frauen an Bord stets Ärger bringen.

Man sieht schon, dass es in dieser Search-and-Rescue-Mission zwar turbolent aber doch etwas gemächlicher zugeht als in den voran gegangenen vier Bänden. Die Serie gönnt ihrem Publikum eine kurze Verschnaufpause und gibt ihm die Möglichkeit, die Figuren sacken zu lassen, technische Neuerungen zu verdauen und die VOR wieder ein Stück mehr zu entdämonisieren. Gleichzeitig wird Brandis Dank seiner urdeutschen Tugenden wie Disziplin und Pflichtbewusstsein um eine weitere Stufe erhöht, gerade im Vergleich zum selbstherrlichen Ekelpaket Scott. Brandis ist der Geschichte nach – ebenso wie sein geistiger Vater und Über-Ich Nikolai von Michalewsky – nämlich in der Mark Brandenburg geboren, was unter Anderem zur Namensgebung der Figur führte, die durchaus nicht wenige autobiographische Züge aufweist.

Er ist in seinem bewegten Leben einer Menge zum Teil recht ungewöhnlicher Tätigkeiten nachgegangen, diese immense Lebenserfahrung liest man deutlich heraus. Allerdings – und das hat er von sich selbst behauptet – sah er sich nie als „richtiger“ SciFi-Autor. Diesen Umstand merkt man leider oft. Die angebotene Erklärung für die sporadischen Teleportationen der „Hermes“ passt physikalisch entweder auf ein Schwarzes oder besser noch auf ein Wurmloch, jedoch nicht auf einen Pulsar. Wenig Science, viel Fiction also. Haarspalterei? Vielleicht. Auf jeden Fall ein Zeichen für mangelnde Recherche, eventuell weil in der (Jugend-)SciFi damals ja fast alles möglich schien. Auch, dass die beiden Crewmitglieder einen Rucksack mit Verpflegung auf den atmosphärenlosen Uranus mitnehmen – wie sollen sie diese zu sich nehmen, ohne die Raumanzüge zu öffnen?

Solche nicht immer ganz fertig durchdachten Elemente würde man anderen Serien sicherlich in Bausch und Bogen ankreiden oder umständlich hochtechnisiert zu erklären versuchen. Bei Perry Rhodan, Star Trek und Co. wären solche Nachlässigkeiten nahezu undenkbar. Zudem darf man nicht vergessen, dass etwa bei Rhodan (welcher ja um die gleiche Zeit herum entstand – sogar sieben Jahre früher) sich unter Anderem (Atom-)Physiker als Autoren tummelten. Deren Anspruch an ein wissenschaftlich wasserdichtes und plausibles Setup ist sicher ein anderer, doch bei Mark Brandis tritt der ganze Technik-Kladderadatsch sowieso eher in den Hintergrund und ist nur futuristische Kulisse. Es ist die Geschichte, welche hier zählt – alles andere hat sich ihr unter zu ordnen. Und tatsächlich überliest man solche kleineren Stolpersteine in der Logik irgendwann ebenso, wie die häufig in der Serie verwendeten Standardphrasen von Michalewsky.

_Fazit_

Der „Vorstoß zum Uranus“ ist nach den turbulenten politischen Ereignissen der ersten vier Bände eine kleine Erholungsphase für die Leserschaft – und auch ein Neustart. Nämlich: neues Schiff, (teils) neue Crew und neue Rahmenbedingungen. Das Tempo ist dennoch flott, die Geschichte mit der Rettungsmission an sich jedoch nichts weltbewegend Neues. Trotzdem wird auch hier wieder an einigen Stellschrauben für den späteren Serienverlauf gedreht. Und das betrifft nicht nur die neu zusammen gesetzte Mannschaft, sondern beispielsweise auch den Umgang mit den VOR. Alles in Allem ein kurzweiliges Brandis-Abenteuer, welches erstmals auch für Quereinsteiger geeignet ist.

|ISBN: 978-3-938065-50-1
190 Seiten, Broschur|

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