Philip Wilkinson – Titanic. Untergang eines Traums

Ideales Weihnachtsgeschenk: Informatives TITANIC-Bilderbuch

„Die TITANIC galt als das größte Schiff ihrer Zeit und galt als unsinkbar. Doch am 14. April 1912 kollidiert der Luxusliner mit einem Eisberg und versinkt in den eisigen Fluten des Nordatlantiks. Historische Dokumente, beeindruckende Bilder und viele neue Fakten erklären, wie es zu diesem Unglück kommen konnte.“ (Verlagsinfo)

Vom Hersteller empfohlenes Alter: 8 – 10 Jahre.

Der Autor

Philip Wilkinson hat viele preisgekrönte Sachbücher für Kinder und Erwachsene geschrieben; die meisten über historische und architektonische Themen. Der Autor lebt in England und in Tschechien. Wenn er gerade nicht mit Schreiben beschäftigt ist, erforscht alte Gebäude und historische Stätten und hält darüber Vorträge.

Die Übersetzerin

Ulrike Hauswaldt, Jahrgang 1965, ist gelernte Buchhändlerin und hat Klassische Archäologie studiert. Als Studentin arbeitete sie auf Grabungen in der Türkei und in Syrien. Heute lebt sie in Braunschweig, wo sie als Freiberuflerin Bücher lektoriert und gelegentlich auch mal eines schreibt.

Inhalte

Der Untergang muss eine Vorgeschichte haben, klar, denn sonst wird die enorme Größe und Bedeutung dieses speziellen Schiffsuntergangs nicht verständlich. Schiffe gehen ja ständig verloren, und meistens bekommen wir das gar nicht mit, einfach weil es so ein alltägliches Ereignis ist, das für News-Macher wertlos ist. Doch die Titanic war ein besonderes Schiff und die Umstände ihres Untergangs bildeten den Stoff für eine Tragödie enormen Ausmaßes. Könnte es sein, dass die Titanic wegen eines eingebauten Konstruktionsfehlers untergehen musste?

Das Blaue Band

Das Zeitalter der Ozeanriesen war Mitte des 19. Jahrhunderts angebrochen, und es gab jede Menge Anwärter auf den Titel des größten Potts und vor allem des schnellsten Atlantiküberquerers. Dieser bekam nämlich das begehrte Blaue Band. Diese „Goldmedaille“ der Schifffahrt trug natürlich zur Wettbewerbsfähigkeit des Trägers bei.

Die White Star Line, die die Titanic neben zwei anderen Pötten bauen ließ, drang offenbar darauf, dass auch die Titanic sich um das Blaue Band bemühte. Das erwies sich als verhängnisvoll: Der Kapitän ließ das Schiff noch eine Viertelstunde, nachdem dessen Rumpf von einem Eisberg aufgeschlitzt worden war, weiter dampfen. Dabei nahm das Schiff tonnenweise Wasser auf – Wasser, das eine Rumpfkammer zu viel flutete. Sonst hätte die Titanic die Havarie überstanden.

Querschnitte

Eine ausklappbare Doppelseite zeigt das Schiff im Aufriss, Querschnitt und verschiedenen Seitenansichten. Fotos vom Bau machen die gewaltigen Dimensionen deutlich, die entstanden: 290 Meter lang und 27000 Tonnen schwer war allein der Rumpf, der zu Wasser gelassen wurde. Jeder Schornstein war 19 Meter hoch. Riesige Maschinen und Schrauben trieben den Berg aus Stahl an.

Wie schon in Camerons Spielfilm (dessen 3D-Fassung gerade entsteht) zu sehen, führte das Schiff für seine gut betuchten Gäste allerlei Fracht mit, so etwa das Renault-Auto, das man im Film sieht, aber auch vier Kisten Opium, die uns der Regisseur geflissentlich verschwiegen hat. Schon beim Auslaufen rammt der maritime Gigant um ein Haar einen Dampfer namens „New York“ auf den Grund des Hafens von Southampton. Weiter geht’s nach Cherbourg und Südirland, bevor das offene Meer erreicht wird.

Volles Risiko

Ebenso verhängnisvoll scheint sich die Knappheit an Kohle ausgewirkt zu haben. Aufgrund eines Streiks bekam die Werft keine Kohle und musste Vorräte von den anderen White-Star-Linern requirieren. Aufgrund dessen blieb dem Kapitän kein Spielraum, um das verhängnisvolle Eisfeld, vor dem er gewarnt per Funk gewarnt wurde, zu umfahren. Auch die Besetzung des Ausgucks hatte ein Handicap: Ein Offizier hatte den Schlüssel zum Behälter des Fernglases versehentlich mit nach Hause genommen. Der Ausguck war dadurch praktisch blind.

Luxus, aber nur für die 1. Klasse

Doppelseiten zu Brücke und Kesselraum kontrastieren auf schräge Weise mit den nachfolgenden Darstellungen von Luxus und Komfort. Schwimmbäder, Turnhallen und ein Pariser Café ergänzten den prächtigen Speisesaal, die Suiten und den Rauchsalon der Herren. Die zweite Klasse hatte Zwei-Stockbetten in den Kabinen und die Dritte Klasse, quasi die Holzklasse, konnte froh sein, wenn sie Matratzen bekam.

Ein sehr sympathisches Merkmal des Buches betrifft die Vorstellung der „Gesichter der Titanic“: Lord Astor, Lady Duff Gorden, die „unsinkbare“ Molly Brown, Guggenheim und viele Großkopferte mehr bekommen wir per Foto oder Gemälde zu Gesicht. Zu ihnen gesellen sich später noch namhafte Opfer, aber auch Überlebende wie Millvina Dean, die 97-jährig im Mai 2009 starb. Als Baby er- und überlebte sie den Untergang, als letzte Passagierin verschied sie.

Unter einem Unstern

Offenbar gab es zahlreiche Vorzeichen und Warnungen. Ihnen ist ebenfalls eine Doppelseite gewidmet. Sie nützten ebenso wenig wie die telegrafischen Warnungen vor Eisbergen: Um 23:40 Uhr Schiffszeit rammt der Koloss den Eisberg und wird der Länge nach aufgeschlitzt. Der Rest ist Geschichte.

Aber auch dieser Rest weist einige Besonderheiten auf. Es ist kein Zufall, dass sich unter den rund 1500 Ertrunkenen, je nach Klasse, zwischen 67 und 92 (!) Prozent Männer befanden (siehe dazu die Statistiken auf Seite 46/47). Der Befehl „Kinder und Frauen in die Boote!“ wurde wörtlich umgesetzt, das heißt: Männer mussten in den meisten Fällen draußen bleiben, selbst wenn ein Rettungsboot nur zehn Leute an Bord hatte. Immerhin wurde den Heroen später ein Denkmal gesetzt.

Chronologie der Katastrophe

Anhand von Fotos, Zeichnungen und einer Zeittafel können wir verfolgen, wie sich die Katastrophe anbahnte, verlief und endete. Erst 13 Minuten (23:53) nach der Kollision lässt Kapitän Smith die Maschinen stoppen. Aber es wird weiterhin Strom erzeugt, damit die Akteure Licht haben (bis 1:56). Um 00:19 Uhr sollen die Passagiere in die Rettungsboote. Es dauert volle zwei Stunden, bis auch das Heck um 02:03 Schiffszeit in den eisigen Fluten versinkt. In dieser langen Zeit verzweifeln die Insassen der 3. Klasse: Die Crew öffnet die Absperrgitter nicht! Viele ersaufen jämmerlich. Genau wie der Millionär Jacob Astor übrigens. Er durfte nicht ins Rettungsboot.

Es ist vor allem der Dampfer Carpathia, der den Notrufen und Leuchtsignalen der Titanic folgt und stundenlang an der Untergangsstelle nach Überlebenden sucht. Die Suche wird erst morgens um 08:00 eingestellt, als 705 Passagiere an Bord genommen worden sind. Doch was ist mit der „California“, die die Titanic gewarnt hatte? Sie dampfte seelenruhig weiter. Ihrem Kapitän wurde in den späteren Anhörungen in USA und Großbritannien Versagen bescheinigt.

Konsequenzen

Es wurden Lehren gezogen und strenge internationale Regeln erlassen. So müssen seitdem alle Schiffe über Funk verfügen und deren Funkerbuden rund um die Uhr besetzt sein. Alle Schiffe müssen genügend Rettungsboote an Bord haben. Und dass diese funktionieren müssen, muss laufend trainiert werden. Ein Eisüberwachungsdienst wurde eingerichtet, um die Eisvorhersagen genau zu machen.

Doch wo ist das Wrack heute und was hat es an Bord? Stimmt es, dass neben Opium, Autos und Gummi auch Gold und jede Menge Schmuck an Bord war? Das wollte Robert Ballard herausfinden, als er von Juli 1985 bis zum 24. Juli 1986 das Wrack suchte, fand und zwölf Tage lang erkundete. Um dem enormen Wasserdruck in rund 4500 Metern Tiefe standzuhalten, ließ er zwei Tauchroboter bauen, Alvin und Jason Junior. Die Wrackteile liegen 600 Meter voneinander entfernt, den schon beim Untergang brach das Heck ab und fiel separat in die Tiefe.

Funde und Filme

Was Ballard und seine russisch-amerikanischen Nachfolger fanden, ist auf der Doppelseite 54/55 zu sehen. Es gibt tatsächlich eine ganze Tasche voll Schmuck. Ihn hatte der Zahlmeister in Verwahrung genommen. Eine Wanderausstellung zeigt die Objekte, Fotos und andere Zeugnisse seit 2009 in aller Welt. Die Erinnerung wird vielfach wachgehalten, nicht nur durch zahlreiche Denkmäler (S. 58/59), sondern vor allem durch die zahlreichen Verfilmungen. Die Erste kam bereits 1912, also im gleichen Jahr, in die Kinos, war zehn Minuten lang und zeigte eine Überlebende als Darstellerin: Dorothy Gibson. Nur in „Hebt die Titanic!“ erscheint das Schiff wieder an der Meeresoberfläche.

Die Doppelseite „Luxusliner heute“ zeigt die größten Pötte, die bislang für Kreuzfahrten gebaut worden sind. Der Größte davon, die „Oasis of the Seas“ (klingt nach Arabien, oder?), ist 95 Meter länger und 20 Meter höher als die Titanic. An Bord kann man vom Wellensurfen übers Shopping bis zum Dinieren und Fitnesstraining alles treiben – eine Kleinstadt (8500 Passagiere und Crewmitglieder) auf dem Meer.

Anhänge

Ein Glossar erklärt die wichtigsten nautischen Begriffe wie etwa Sonar oder Achterdeck. Aber auch, was es mit dem rätselhaften Begriff „Schiffszeit“ auf sich hat, wird nicht unbeantwortet gelassen. Klingt nach „Raumschiff Enterprise / Star Trek“, ist aber auf Schiffen überall gang und gäbe.

Auf einem iPhone ist eine Liste von Webadressen eingeblendet, unter denen sich der interessierte Leser weiterführende Informationen holen kann. Natürlich ist auch die Wikipedia aufgelistet. Eine weitere Liste führt die „Fehler der Titanic“ auf, und es sind eine ganze Menge. Wie es sich gehört, hat auch dieses Sachbuch ein Stichwortregister. Mit dessen Hilfe findet der Leser schnell gesuchte Begriffe und die Seite, wo sie erwähnt werden.

Ein Bildnachweis bildet den Abschluss, bevor die Umschlaginnenseite uns beeindruckt: ein Foto der Titanic, wie sie aus dem Hafen von Southampton ausläuft. Deutlich ist der Vordermast mit dem Ausguck zu sehen.

Unterm Strich

Nachdem ich bereits alle Merkmale dieses schönen Bilderbuches aufgezeigt habe, ist es Zeit für eine Zusammenfassung meines Eindrucks. Die Macher des Buches legen nicht nur viel Wert auf den Informationsgehalt, sondern auch auf den optischen Eindruck. Die zahlreichen Abbildungen vermitteln dem jungen Leser und Betrachter schneller noch als der Text einen Eindruck von der Besonderheit dieses Schiffes – ebenso wie von seinem tragischen Schicksal.

Diese Tragik erwächst einerseits aus den Fehlern der Prozenten und Betreiber des Fortbewegungsmittels, aber noch mehr aus den einzelnen Schicksalen der Retter und der Überlebenden. Die Mini-Porträts erlauben einen emotionalen Zugang zu den Passagieren. Sehr willkommen sind die anschließenden Doppelseiten über die Konsequenzen aus der Katastrophe, inklusive der Filme, der Ballard-Suche und der Ausstellungen und Denkmäler. Die Anhänge runden das Sachbuch ab. Sie erlauben eine weitergehende Erkundung des Themas.

Limit und Chance

Denn eines ist ebenfalls klar: Dieses Buch kratzt nur die Oberfläche. Das tut es auf die denkbar eindrucksvollste Weise, aber es ist eben auf die Mittel seiner Form angewiesen: Es gibt weder Bewegtbilder noch Ton. Bereits heute sind jedoch interaktive Bücher realisierbar, die über eingescannten QR-Code Filme und Töne auf das Smartphone des Lesers holen, und dies zu denkbar günstigen Konditionen: Die Dateien sollten kostenlos sein.

Der einzige Haken an diesem Modell: Die Lizenzrechte an den Inhalten in den Dateien dürften den Verlag eine Stange Geld kosten. Aber als Ausgleich dafür könnte man ja ein Spiel oder eine App zum kostenpflichtigen Download anbieten. Merke: Solche Bilderbücher werden schon bald ganz anders aussehen. Und dafür ist es auch höchste Zeit.

Der Buchpreis von 15 Euronen geht völlig in Ordnung, denn die Herstellung war sicherlich nicht ganz billig. Ein schönes Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk für Acht- bis Zehnjährige also, das auch noch 88-Jährigen Vergnügen bereitet.

Gebunden: 64 Seiten
Originaltitel: Titanic – Disaster at Sea (2003)
Aus dem US-Englischen von Ulrike Hauswaldt
ISBN-13: 978-3570153956

https://www.penguinrandomhouse.de/Verlag/cbt-Kinder-und-Jugendbuecher/16000.rhd

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