Ken Follett – Der Schlüssel zu Rebecca

Die Handlung:

Sommer 1942: Rommels Armee rückt auf Kairo vor. Die Strategie des Wüstenfuchses scheint unschlagbar. Seine Geheimwaffe: der Meisterspion Wolff in Kairo. Wolffs Auftrag: Die Pläne der Engländer auszukundschaften und sie Rommel verschlüsselt zu übermitteln. Als Schlüssel dient ihm Daphne du Mauriers weltberühmter Roman „Rebecca“. Doch die andere Seite ist nicht untätig. Während die deutschen Truppen unaufhaltsam vorstoßen, beginnt in den nächtlichen Straßen Kairos eine tödliche Verfolgungsjagd. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Wer hätte gedacht, dass es bei der Fülle an Hörbuchumsetzungen von Ken Folletts Romanen noch Lücken gibt. Die gibts tatsächlich, ganz offenbar. Und so schließt der Verlag mit dieser Lesung eine dieser Restlücken aus dem Jahr 1982. Interessanterweise sagt die nette Frauenstimme am Ende des Hörbuchs, dass es sich hier um eine Produktion aus dem Jahr 2009 handelt. Ich konnte allerdings keine Informationen darüber finden, ob diese Lesung tatsächlich auch zu diesem Zeitpunkt schon einmal veröffentlicht wurde oder sich der Verlag damit einfach nur etwas Zeit gelassen hat.

Wer bei dieser Agentengeschichte von der ersten Sekunde an Action erwartet, der hat entweder den Klappentext nicht gelesen oder noch nie einen Agentenroman genossen. Zwar wird auch hier die Spannung langsam aufgebaut, aber es ist eine andere, unterschwellige, geheime und allgegenwärtige.

Der Meisterspion Wolff ist bereits auf seiner Mission, wenn der Hörer einsteigt. Und auch wenn dieser Agent für Nazi-Deutschland arbeitet, Frauen benutzt und auch sonst ziemlich kaltblütig ist, so ertappt man sich immer wieder dabei, wie man mit ihm mitfiebert, während ihm die Engländer auf den Fersen sind. Ken Follett versteht es halt in all seinen Weltkriegs-Krimis, den Hörer sofort an die Geschichte zu fesseln und nicht mehr loszulassen.

Und so zieht der geschichtlich gesehene Bösewicht den Hörer auf seine Seite und macht ihn zu seinem Verbündeten. Das klappt allerdings nur so lange, bis er immer grober wird und seine Methoden immer „unfreundlicher“. Nach und nach verschieben sich die Sympathien des Hörers wieder, bis er schließlich beim Showdown auf der Seite des Engländers ist, der dem Spion immer dichter und dichter auf die Fersen rückt.

Wer am Ende die Oberhand hat und ob es Wolff gelingt, die wichtigen Pläne an Rommel zu übermitteln, das kann man sich eigentlich vor dem Hören schon denken, aber spannend und fesselnd ist diese Geschichte dennoch.

Das Hörerlebnis:

Direkt negativ fällt auf, dass Christoph Wortberg nach jedem Satzzeichen, ob Komma oder Punkt, immer eine Idee zu lange wartet und so in einigen Situationen den Hörspaß bremst. Ganz egal ob er eine hektische Begegnung oder eine ruhige Szene liest, er baut immer die gleichen zu lange Pausen ein.

Diese Pausen hat er offenbar beim Sprachtraining gelernt, denn in manchen Situationen spricht er zudem absolut unnatürlich, weil überdeutlich. „Kopf verloren“, „Deutsch schien“, „Rommels Sieg“ und „liest deine“ klingen wie von einem Sprachcomputer oder Nachrichtensprecher vorgetragen, um bloß jedes Wort einzeln und getrennt auszusprechen. Auch „Spionage“ und „strategische“ spricht er mit scharfem „s“ am Anfang, als würde er aus Hamburg stammen.

Interessanterweise liest Wortberg tatsächlich fehlerhaft, wenn englische Namen beteiligt sind. Denn bei „Smiths Aktentasche“ und „Smiths Handschrift“ verschluckt er das „s“ am Ende von „Smiths“. Bei „Smiths Fuß“ musste ich grinsen, weil sich Wortberg bei diesem Begriff hörbar fast die Zunge bricht.

Den Namen des englischen Offiziers Vandam spricht englisch aus, das passt, aber seltsamerweise auch den Namen des Spions Wolff, also „Wulf“, warum auch immer er das macht und warum auch immer die Regie hier nicht eingegriffen hat.

Wenn man sich allerdings an diese seine Art zu lesen gewöhnt hat, weiß auch Wortberg zu gefallen. Schnell baut er mit seiner Stimme die Spannung auf, die die Story vermittelt und ist in jeder Situation Herr der Lage. Sämtliche Gefühlslagen der Charaktere werden von ihm perfekt umgesetzt, ohne dass er seine Stimme großartig verstellt. Auch Frauen spricht er nicht verfremdet, sondern in der Regel einfach nur ruhiger als die Männer.

Interessanterweise spricht er die Engländer, die den Agenten jagen genau so, wie man aus alten Filmen eigentlich immer die Deutschen kennt. Kurze, gebellte Sätze, die man sonst nur in synchronisierten amerikanischen Weltkriegsfilmen hört, wenn die Nazis sprechen. Das kann anfangs schon verwirren.

Der Sprecher:

Christoph Wortberg erlangte erste Bekanntheit in der Rolle des Frank Dressler in der ARD-Serie LINDENSTRASSE. Seither wirkte er in zahlreichen Theater- und TV-Produktionen mit. Er lebt als Schauspieler und Autor in Köln und schreibt Drehbücher und Romane. Für DIE FARBE DER ANGST wurde er mit dem Hansjörg-Martin-Krimipreis ausgezeichnet. (Verlagsinfo)

Die Ausstattung:

In dunklen Grün-, Braun- und Grautönen ist das Bild eines Stücks Mauer oder Boden auf der aufklappbaren Pappbox abgedruckt. Die CDs sind komplett in Schwarz gehalten, mit dem einen oder anderen roten Farbklecks versehen und stecken in Einschubschlitzen.

Im Inneren sehen wir Bilder des Autors und des Sprechers, zusammen mit ein paar Infos über sie. Außerdem gibt es noch ein wenig Eigenwerbung zu weiteren Hörbüchern aus dem Verlagsprogramm zu lesen.

Mein Fazit:

Ein spannender und packender Spionageroman in sengender Hitze und gewohnter Follett-Qualität. Ein Schuss Erotik und eine prima Sprecherleistung runden das Gesamtbild ab und bieten kurzweiliges Kopfkino.

4 Audio-CDs
Spieldauer: 4:19 Std.
Gelesen von Christoph Wortberg
Originaltitel: The Key to Rebecca
Aus dem Englischen von Berd Rullkötter
ISBN: 978-3-7857-4454-3
www.luebbe.de