Es gibt herausragende, schlechte und durchschnittliche Krimis. Durchschnittliche Krimis zeichnen sich zumeist dadurch aus, dass sie in sich schlüssig und nett lesbar sind, ansonsten aber nur wenig zu bieten haben. Ihre Zutaten sind wohlbekannt, Mut zur Innovation ist selten. „Killing Beauties“ der amerikanischen Autorin Beverly Barton fällt in genau dieses Schema.
Im Mittelpunkt steht ein Serienmörder, der seit Jahren sein Unwesen im Süden der USA treibt. Er hat es auf ehemalige Schönheitsköniginnen abgesehen. Eines seiner ersten Opfer war Jennifer Walker, die Ehefrau des gut betuchten Anwalts Judd Walker. Judd hat ihren Tod nicht besonders gut verarbeitet und beauftragt die private Ermittleragentur seines Freundes Griff Powell mit dem Fall.
Griff und seine Leute kümmern sich nun schon seit viereinhalb Jahren darum, die Morde nachzuverfolgen. Immer wieder geschehen neue Bluttaten, bei denen den Opfern Gliedmaßen abgehackt werden. Genau wie das ebenfalls involvierte FBI haben sie kaum Ergebnisse aufzuweisen. Der Täter geht sehr geschickt vor. Es gibt keine Zeugen, keine Spuren, doch als er die rothaarige Gale Ann Cain töten will, unterläuft ihm ein Fehler. Gale Ann überlebt, und zusätzlich wird er von ihrer Schwester beim Verlassen ihrer Wohnung beobachtet. Sein neuestes Opfer bleibt lange genug bei Besinnung, um den Ermittlern mitzuteilen, dass der Mörder ein Spiel spielt. Je nach Haarfarbe ist eine Tote eine bestimmte Punktzahl wert.
Zur gleichen Zeit treffen Judd Walker und Lindsay McAllister, eine von Powells Agentinnen, erneut zusammen. Sie haben eine bittere Affäre hinter sich, die alleine schon deshalb nicht gut enden konnte, weil Judd sich nach Jennifers Ermordung in seiner Trauer völlig zurückzog, mit dem Trinken begann und ein anderer Mensch wurde. Lindsay liebt ihn jedoch immer noch, und während sie gemeinsam zum Tatort des neusten Mords fahren, kommen die beiden sich wieder näher – mit verhängnisvollen Folgen. Um Judd bei seiner Rückkehr ins Leben zu helfen, beschließt Lindsay, den Täter zu fassen, indem sie ihm eine Falle stellt …
Beverly Bartons Buch liest sich wie das einer Autorin, die Thriller in Serie produziert. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, führt aber häufig zu einer gewissen Routine, die den Leser langweilt. In „Killing Beauties“ ist das ähnlich. Die Handlung ist spannend, obwohl der Täter von Anfang an bekannt ist, und überzeugt durch den Wechsel verschiedener Perspektiven. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Wettlauf zwischen Polizei und Täter, der in einem hektischen Showdown endet. In einer Nebenhandlung wird das komplizierte Verhältnis zwischen Lindsay und Judd beleuchtet. Allzu oft versinkt die Autorin dabei in kitschiger Romantik und dem Versprechen von ewiger Liebe. Das lenkt unangenehm von der eigentlichen Handlung ab, auch wenn die Beziehung sicherlich ihre Berechtigung hat und zur Story dazugehört.
Gerade Lindsay und Judd können sich als Charaktere nicht aus dieser Romantikfalle befreien, obwohl vor allem Judd bei genauerem Hinsehen eine gut ausgearbeitete, intensive Figur ist. Der Schmerz aufgrund des Verlusts seiner Frau wirkt echt und regt zum Nachdenken an. Barton überzeugt, wenn sie seine Gefühle in Worte packt und in die Düsternis seiner Seele hinabführt. Lindsay wirkt hingegen stellenweise wie ein verschüchtertes, unterwürfiges Fräulein. Ihre masochistische Ader ist zu viel des Guten und sorgt eher für Antipathien als für Mitgefühl. Die anderen Charaktere haben hingegen nur kurze Auftritte, was im Fall von Griffin Powell durch ein „leider“ ergänzt werden muss. Es schimmert immer wieder durch, dass Lindsays Chef eine bewegte, nicht ganz saubere Vergangenheit hat. Es wäre spannend gewesen, mehr darüber zu erfahren, doch an dieser Stelle hält die Autorin den Leser kurz.
Krimis in Routine zu produzieren, setzt voraus, dass man sie schreiben kann, denn sonst würden sie kaum verlegt werden. Beverly Barton hat über 50 Bestsellerromane auf ihrer Liste, was ihren sicheren und versierten Schreibstil erklärt. Sie bedient sich eines gehobenen, großen Wortschatzes, bleibt aber nüchtern in der Erzählung. Sie bringt die Gefühle ihrer Personen mit ein, verzichtet aber weitgehend auf die Benutzung von Sprachbildern. Stattdessen schildert sie schnörkellos und ohne unnötigen Ballast die Handlung, so dass ein hohes Erzähltempo entsteht, das auf weiten Strecken für den richtigen Vorwärtsgang sorgt.
„Killing Beauties“ ist sicherlich kein Ausnahmebuch, aber nett zu lesen und spannend. Beverly Barton bewegt sich auf ihrem Gebiet – Krimis mit einem Schuss Romantik – sehr sicher, auch wenn ihr das Besondere fehlt.
|Originaltitel: The Dying Game
Aus dem Amerikanischen von Kristina Lake-Zapp
510 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3-426-50014-9|
http://www.beverlybarton.com
http://www.knaur.de