Robert Ludlum & Joshua Hood – Der Gejagte (Treadstone 01)

Für seine Zeit als Killer im Dienst der US-Regierung hat Adam Hayes teuer bezahlt. Inzwischen hat er dem geheimen Treadstone-Programm den Rücken gekehrt und arbeitet daran, sich an der Westküste der USA eine bescheidene Existenz aufzubauen.

Bis die Vergangenheit ihn gnadenlos einholt: Ein schwer bewaffnetes Kommando versucht, Hayes auszuschalten. Mit knapper Not kann er entkommen. Wer steckt hinter dem Attentat? Und warum? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, muss Hayes wieder das werden, was er nie wieder sein wollte: ein nahezu perfekter Killer. (deutsche Verlagsinfo)

Der Autor

Joshua Hood studierte an der Uni Memphis, TN, bevor er dem Militär beitrat. E diente erst fünf Jahre in der 82. Luftlandedivision und war von 2005 bis 2006 ein Teamführer der Fallschirmspringer im Irak. Von 2007 bis 2008 diente Hood als Schwadronführer bei den Fallschirmspringern in Afghanistan, wo er eine Auszeichnung für Tapferkeit während der Operation „Furios Pursuit“ errang.

Nach seiner Rückkehr ins heimatliche Memphis wurde er der Leiter eines Scharfschützenteams innerhalb einer SWAT-Gruppe. Hier erwarb er eine Lebensrettermedaille. Zur Zeit arbeitet er als Direktor von „Veteran Outreach“ in der „American Warrior Initiative“. Sein Motto lautet: „All killer, no filler“.

Weitere Titel:

Clear by Fire
– Warning Order
– The Treadstone Resurrection
– The Treadstone Exile
– The Treadstone Transgression

Auf seiner Webseite joshuahoodbooks.com sind Fotos seiner Einsätze in Afghanistan (Helmand ist Talibanland) und im Irak zu finden.

Handlung

Der Treadstone-Agent Nick Ford ist am Ende seines Weges angekommen. Hier im hinterletzten Kaff irgendwo in Venezuela, wohin sie ihn gejagt haben. Aber als er sich im Hotel Bolívar verschanzt, verfügt er noch über eine Claymore-Mine und eine Pistole sowie zwei Kameras und einen Laptop. Das reicht, um eine Sprengfalle aufzubauen. Sie kommen denn auch nur wenige Stunden später, um ihn zu eliminieren.

Die Kamera draußen auf dem Gang warnt ihn, die Sprengfalle schickt zwei von ihnen in die Hölle, doch gegen Nummer drei hat er mit seiner Pistole keine Chance. Als Nummer vier, der Schwadronführer Felix Black, eintritt, überblickt er das Schlachtfeld. Er macht seinem Boss Jefferson Gray gerade eine Erfolgsmeldung – Ziel ist eliminiert“ – als ihn Nr. 3 auf ein kleines Problem aufmerksam macht: Der Laptop, den Ford bis zuletzt umklammert hatte, hat mehrere Fotos per E-Mail verschickt. An einen gewissen Adam Hayes. „Scheiße!“, zischt Black. Das dürfte Gray überhaupt nicht gefallen. Auf einem der Fotos ist der CIA-Mann Gray mit dem venezolanischen Geheimdienstchef zu sehen…

Hayes

Adam Hayes war wie Ford in dem ultrageheimen CIA-Programm „Treadstone“, das dazu diente, allein operierende Agenten im Ausland gezielte Anschläge ausführen zu lassen. (Also genau wie Jason Bourne.) Er denkt, er hat Treadstone hinter sich gelassen und führt im US-Bundessaat Washington nahe Seattle ein ruhiges Leben als Zimmermann, aber seine Familie fehlt ihm: Frau und Sohn weilen in Florida und warten auf ihn. Sein Flug nach Miami geht in wenigen Stunden, doch der Anruf seiner Maklerin veranlasst ihn, das schöne alte Haus, das er renoviert hat, zu besuchen, um letzte Hand anzulegen: Ein Kaufinteressent wolle es sich ansehen. Er könne es gerade noch schaffen, sagt er sich, als er losfährt.

Als eine zweiköpfige Eliminierungsgruppe auftaucht, um ihn aus dem Verkehr zu ziehen und in die ewigen Jagdgründe zu schicken, muss er auf seine alten Agentenfähigkeiten zurückgreifen. Die beiden Agenten sind ausgebuffte Profis und verfügen über neueste Ausrüstung. Aber mit einem Spiegel kann Hayes den Laserstrahl des Sturmgewehrs des einen ablenken – der Schütze zielt ins Leere, was Hayes die Gelegenheit verschafft, ihn anzugreifen. Als der zweite Schütze auftaucht, benutzt Hayes Nummer eins als Schild. Der wäre erledigt. Doch Nummer zwei erweist sich als extrem harte Nuss. Hayes muss um sein Leben kämpfen und findet erst in letzter Sekunde eine geeignete Waffe: eine Nagelpistole…

Cops

Wenige Minuten später, als sich Hayes gerade vom Alptraum dieses Kampfes und den Erinnerungen an seine Treadstone-Ausbildung erholt, trifft das erste Polizeiauto ein. Der Officer richtet eine geladene und entsicherte Glock-Pistole auf Hayes‘ Kopf, sichtlich in Panik. Doch Hayes hat eine eiserne Regel: Keine Polizisten töten, obwohl die Stimme, die er in seinem Kopf hört, etwas anderes befiehlt.

Der Partner des Officers findet die zwei übel zugerichteten Leichen und kotzt sich die Seele aus dem Leib. Dann erst kreuzt der Boss der beiden auf: Lt. Sidney Blair. Blair ist einer der ersten Männer, mit denen Hayes in dieser entlegenen Gegend so etwas wie eine Bekanntschaft geschlossen hat. Sie folgen beide dem Codex, wonach man einen Mann nie nach seiner Vergangenheit fragt, es sei denn, es muss sein. Jetzt muss es wohl sein…

Mein Eindruck

Wie die meisten Treadstone-Agenten – etwa Aaron Cross in „Das Bourne-Vermächtnis“ – ist ihnen ein Funkchip implantiert worden, mit dessen Hilfe sie angepeilt werden können. Das unterstützt Felix Black, den leitenden Offizier dieses Eliminierungskommandos, dabei, auch Hayes aufzuspüren. In zunehmend gewalttätigeren Auseinandersetzungen zieht Black schließlich der von Hayes‘ Fähigkeiten überrumpelte Black den Kürzeren. Aber weil im Laufe der Kampfhandlungen auch ein mit Hayes befreundetes Ehepaar getötet worden, kann Hayes die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er hat zudem Nick Fords Nachricht aus Venezuela erhalten, die Jefferson Gray schwer belastet.

Es ist immer wieder verblüffend, wie leicht der Ex-Treadstone-Agent Landesgrenzen überschreiten kann, als ob sie gar nicht vorhanden wären. Von Seattle nach Kolumbien ist es nur ein Katzensprung, und die Verbrüderung mit einer Polizistin, die noch eine Rechnung mit dem Mörder ihrer Familie hat, ist nur eine Formsache. Dumm nur, dass es sich bei diesem Mörder um den venezolanischen Geheimdienstchef handelt. Klar, dass sich der General nur ungern in die Suppe spucken lässt, wenn es um seine geheimen Drogengeschäfte geht. Dass er auch noch einen US-Senator bezahlen soll, um Deckung zu erhalten, stinkt ihm ebenfalls gewaltig. Na, wenigstens leistet ihm dieser Jefferson Gray Schützenhilfe, der ihn mit dem Senator verbindet.

Es dauert natürlich ein bisschen, bis auch Hayes diese Hintergründe aufgedeckt hat. Denn da ihn Gray weiterhin im Visier hat – der Senator gibt ihm die Koordinaten von Hayes‘ Funkchip – wird er ständig verfolgt. Ein versoffener CIA-Agent, der hier an der Grenze undercover arbeitet, ist nur begrenzt eine Hilfe. Letzten Endes bleibt die ganze Drecksarbeit an Hayes hängen. Und so reiht sich Actionszene an Actionszene, bis es in Washington, D.C. zu einem bedauerlichen Todesfall in einer Senatorenfamilie kommt…

„We need more guns!“

Der Leser ist gut beraten, sich bestens mit dem Waffenarsenal der US Army und der Marines auszukennen. Eine Waffenbeschreibung reiht sich an die nächste, bis man schließlich merkt, dass der Autor zwar kein Waffenfetischist ist, aber mit seinen Waffenkenntnissen seine Glaubwürdigkeit untermauert. Glaubwürdig wem gegenüber, fragt sich der Leser. Die Leser müssen sich ebenfalls mit Waffen bestens auskennen, sind also in der US-Streitkräften – und ihren Hilfstruppen – zu finden. Dies ist eine andere Leserschaft als jene, die Eric Van Lustbader adressiert hat: Es sind aktive oder inaktive Kämpfer (= Veteranen), wohingegen Lustbader Fans von Jason Bourne ansprach.

Abstieg

Dieser Wechsel in der Leserschaft führt nicht nur zu einem vermeintlich Waffenfetischismus, sondern auch zu einer deutlichen Absenkung des sprachlichen, literarischen und moralischen Niveaus. Alle reden Gossensprache, wie man sie vielleicht in der Militärtruppe praktiziert. Das literarische „Niveau“ besteht aus sehr kurzen Sätzen, vielen Dialogen und 57 kurzen Kapiteln. Mit dieser Struktur lässt sich mühelos Actionszene an Actionszene aneinanderreihen – und dazwischen noch der eine oder andere Cliffhanger. Ich muss zugeben, dass dieser „Stil“ sehr effektiv ist, um den Leser zum Weiterlesen zu motivieren.

Außer Adam Hayes und ein paar Nebenfiguren (die Polizistin, der Undercover-Agent) verfügt niemand über eine Art Seelenleben, sondern nur über Interessen. Diese werden ohne Rücksicht auf Verluste oder gar Gesetze verfolgt und durchgesetzt. Wer nun aber erwartet, Hayes sei ein Ausbund an Menschlichkeit, der vergisst, was „Treadstone“ ist: die Produktion entmenschlichter, programmierbarer Superagenten. Die menschlichste Tat, die er begeht, besteht darin, seine in der Floridasonne existierende Familie in Ruhe zu lassen – er will sie nicht gefährden. Bestimmt muss er demnächst wieder mal die Welt retten…

Unterm Strich

Ich habe das Buch in nur zwei Tagen bewältigt. Wie gesagt, verführt der Erzählstil zum Weiterblättern. Und wer auf Romantik und Psychologie verzichten kann, der ist bei den Actionszenen bestens aufgehoben. Aber von einem Jason-Bourne-nachahmer hätte ich auch einen Stil auf dem Niveau der von Lustbader geschriebenen Bourne-Romane erwartet. In dieser Erwartung wurde ich bitter enttäuscht. Genauso gut hätte ich einen Landser-Roman auf Groschenheftniveau lesen können.

Eine Botschaft?

Wenn es eine Botschaft gibt, so lautet sie: Das US-amerikanische Politsystem dient nur noch der Selbstbereicherung korrupter Politiker, die sich nicht scheuen, mit ebenso skrupellosen Geheimdienstchefs finstere Geschäfte zu machen. Dass Venezuela eh ein hoffnungsloser Fall ist, macht die Trump-Regierung jedem Amerikaner klar: Wer sich mit Russen, Iranern und womöglich Kubanern einlässt, ist der Feind. Jason Bourne war noch einer von den Guten, der sogar die Ehre hatte, einen US-Präsidenten retten zu dürfen. Diese Tage sind offensichtlich vorüber. Bourne ist ein Auslaufmodell.

Hinweis: Die revidierte Treadstone-Reihe

Es ist ziemlich offenkundig, dass selbst die inzwischen gestartete TV-Serie „Treadstone“ mehr Psychologie und Romantik – ja, es gibt Frauen, die etwas sagen dürfen – aufweist als dieser Landser-Roman. Der von Lustbader geplante Bourne-Roman „The Bourne Nemesis“ wird nicht mehr von ihm kommen, stattdessen „The Bourne Evolution“ von einem gewissen Brian Freeman ((http://bfreemanbooks.com/)). Lustbader selbst hat inzwischen seine eigene Agentinnen-Serie gestartet: „Evan Ryder“. Die habe ich mir sofort vorbestellt.

Taschenbuch: 411 Seiten plus Werkverzeichnis der BOURNE-Reihe
O-Titel: The Treadstone Resurrection, 2020
Aus dem Englischen von Norbert Jakober.
ISBN 9783453441194
www.heyne.de


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