Die drei ??? und das Riff der Haie (Folge 30)

In den Achtzigern, speziell um die Folge 30 herum, geschah ein Umbruch. Beginnend mit dem „Riff der Haie“ wurden bei den drei Fragezeichen verstärkt auch moderne Themen angepackt, wie zum Beispiel hier der Umweltschutz, zudem Aliens (Bedrohte Ranch), politischer Extremismus / Waffenhandel (Narbengesicht). Dem stand entgegen, dass das |EUROPA|-Studio plötzlich nicht mehr so sorgfältig an den Scripten arbeitete und bei der Umsetzung der Bücher in die Hörspielfassungen allerlei handwerkliche Fehler auftraten.

Zur Story

Justus, Peter und Bob sind zusammen mit Mr. Andrews unterwegs zu einem Interview mit dem Leiter der Bürgerinitiative gegen die neue Ölplattform an der Küste Santa Barbaras. Diese im „Riff der Haie“ erbaute Bohrinsel wird von diversen Umweltschützern in ihren Schiffen belagert. Der Koordinator Mr. Crowe entpuppt sich nicht als Öko-Terrorist, sondern als überaus freundlicher und friedlicher Protestler, der seinen guten Namen als bekannter Romanautor für den Umweltschutz in die Waagschale wirft.

Crowe hat offenbar schon von den drei Fragezeichen gehört und ist direkt mit einem interessanten Rätsel bei der Hand: Sein Schiff, verbrät komischerweise seit einigen Tagen viel zu viel Brennstoff, sodass es nicht mehr lang genug auf See bleiben kann. Spritqualität, Motor und Leitungen sind bereits überprüft worden und fehlerfrei – Sabotage wird ebenfalls ausgeklammert, da er selbst und der Käpt’n persönlich Wache an Bord gehalten haben.

Anderswo findet aber tatsächlich Sabotage statt, nämlich auf der Ölplattform, was dem Vorarbeiter Mac Gruder natürlich gar nicht in den Kram passt – dieser macht die Umweltschützer dafür verantwortlich. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Situation entgleist und es zu gewaltsamen Ausschreitungen kommen wird. Mr. Crowe versucht dem mit allen Mitteln entgegenzuwirken, da er verständlicherweise keinerlei Interesse an einer Eskalation hat, was die Protestaktion nämlich auch öffentlich in schlechtem Licht erscheinen lassen würde.

Im Haus von Mr. Crowe überraschen sie einen Einbrecher in Neopren-Anzug, der unerkannt flüchten kann. Gestohlen wurde nichts, jedoch Mr. Crowes Terminkalender offenbar durchstöbert. Als Justus zumindest einen Teil des Sprit-Rätsels gelöst hat, taucht ein weiteres im schweren Sturm aus dem Meer auf: ein mysteriöses japanisches U-Boot aus dem II. Weltkrieg.

Eindrücke

Bei dieser Folge haben sich schon in der Ur-Version (MC und LP) einige Fehler eingeschlichen, manche davon sind logisch-sachlicher Natur, andere liegen bei der Regie. Ganz davon abgesehen, ist im Booklet mal wieder ein ziemliches Sprecher-Chaos zu verzeichnen, diesmal sind zum Glück aber wenigstens alle Zuordnungen korrekt vorgenommen worden; was fehlt (und das ist bei den „alten“ Folgen beileibe nicht ungewöhnlich), sind einige Figuren und Sprecher. Diese wurden für die Auflistung am Ende dieser Rezension teils im Internet recherchiert oder ganz einfach durch Kenntnis der Stimmen vom Verfasser dieser Zeilen ergänzt – natürlich ohne Anspruch auf Richtig- bzw. Vollständigkeit.

Der 1983 mittlerweile vollzogene Stimmbruch der drei Jungs ist deutlich vernehmbar, was aber nicht negativ gemeint ist, sondern die Figuren so langsam in Richtung „Jetztzeit“ katapultiert. Die Klangkulisse ist stimmig, die Musik mal wirklich gut zum Thema passend, ja selbst die johlenden Demonstranten sind recht glaubhaft. Schlimmer ist da schon, dass die Cutter und Mixer die oft solo aufgenommenen Tonspuren so zusammenführen müssen, dass sich die monolog gesprochenen Passagen auch anhören, als wären es Dialoge. Bei kaum einer anderen Folge bemerkt man genau das so stark, nämlich dass manche Passagen übereinander kopiert wurden, was man an der teils unpassenden Betonung sehr gut hören kann.

Kommen wir zum dicksten Hund: dem Wrack des WK-II-U-Boots, das angeblich keiner dort am Riff vermutet. Wörtlich wird von „Untiefen“ im gesamten Gebiet des Riffs gesprochen – ergo ist das Wasser dort nicht sonderlich tief, doch das Wrack des japanischen U-Boots liegt seit 1942 beinahe unbemerkt dort. Höchst unwahrscheinlich. Immerhin hat dort eine Ölfirma einen Bohrturm in die Nähe gesetzt. Man kann davon ausgehen, dass deren Geologen in der Realität sicher das Seegebiet und den Meeresboden rund um die geplante Bohrstelle schon im Vorfeld in einem Umkreis von mehreren Seemeilen akribisch und millimetergenau sondiert haben. So eine Ölplattform ist schließlich ein Multi-Millionenprojekt, das flatscht man nicht einfach mal eben so in die Gegend.

Ein nun nicht gerade kleines U-Boot-Wrack wäre dabei sicher aufgefallen. Gegen Ende wird behauptet, dass Sporttaucher dieses Wrack entdeckt haben, und die Nachricht über den Fund gelangt sogar bis ins ferne Japan, doch nicht einmal der lokal ansässige Seebär Jason kennt das U-Boot angeblich. Unglaubwürdig. Bemerkenswert ist da, dass Justus das Wrack auf Anhieb historisch und zeitlich korrekt einordnen kann. Dann das dramatische Auftauchen des Wracks an der Oberfläche: Das Wrack liegt an einer sehr seichten Stelle und wird wegen des Hurrikans auf einmal freigelegt und somit sichtbar. Das wirft die anfängliche Frage auf, warum es noch nicht früher entdeckt wurde. Die Lösung des Problems ist sehr einfach: Das Hörspiel ist nur unzureichend umgesetzt worden. Die Buchvorlage ist um Längen plausibler und detaillierter – insbesondere, was dieses Thema angeht.

Fazit

Trotz einiger Macken in Logik und Ausführung, die auf die Adaption zum Hörspiel zurückgehen, ist das „Riff der Haie“ dennoch eine der spannenden und immer wieder gern gehörten Folgen, welche dank ihrer dichten Atmosphäre die kleinen Unpässlichkeiten fast vergessen macht. Das Öko-Thema ist ebenfalls zeitlos aktuell. Hinzu kommt das gut gemachte Wechsel- und Verwirrspiel um die Verdächtigen und die Motive – leider kann man auf die endgültige Lösung nicht selbst kommen. Somit reicht es alles in allem für das solide Mittelfeld und den dringenden Rat, sich das zugrunde liegende Buch zu genehmigen, welches wesentlich schlüssiger ausfällt.

Die Hörspieldaten auf einen Blick:

Titel: „Die drei ??? und das Riff der Haie“ – Folge 30
Erscheinungsjahr: 1983
EUROPA (Sony BMG)
Lauflänge: ca. 40 Minuten
(Dreh-)Buch: H.G Francis
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Jan Friedrich Conrad
Cover-Design: Aiga Rasch

Die Figuren und ihre Sprecher:
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Bobs Vater – Mr. Andrews: Joachim Richert
Leiter der Bürgerinitiative – Mr. John Crowe: Henry Kielmann
Namenloser, friedlicher Protestant: Nicolas Körting **
Gebrüder Connor: Nicolas Körting & Lothar Grützner **
Käpt’n Jason: Karl Walter Diess
Bohrinsel-Vorarbeiter – Mr. Paul Mac Gruder: Siegfried Wald
Bohrinsel-Taucher – Mr. Weston: Hans Meinhard **
Chef der Ölgesellschaft – Mr. Hanley: Lothar Grützner
Polizeichef St. Barbara – Mr. Berg: Wolfgang Draeger
Japanischer Gärtner – Torao: Joko Talmann (Rüdiger Schulzki)*
Japanischer Geschäftsmann -Yamura: Hubert Mittendorf

*) Pseudonym, richtiger Name in Klammern
**) nicht im Inlett vermerkt und nachträglich ermittelt – ohne Gewähr

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