Die drei ??? und der rote Rächer (Folge 96)

Nachdem die Kult-Serie in den Neunzigern leicht einknickte und eine Reihe eher mittelmäßiger und – was Fans vollkommen neu war – sogar richtiggehend schlechte Folgen produziert wurden, erholten sich die drei Fragezeichen um die Jahrtausendwende wieder. Die Formkurve stieg in Richtung der magischen Nummer 100 fast stetig an und die neueren Fälle besannen sich auf alte Tugenden. Ein Umstand, welcher der Serie sehr gut tat. Nummer 96 aus dem Jahr 2001 ist ein solcher, eher klassisch ausgerichteter Fall, der auch in den Anfangstagen des Junior-Detektivtrios spielen könnte – was durchaus als Lob zu verstehen ist.

Zur Story

Justus erhält, als er sich alleine in der Zentrale der drei Detektive auf dem Schrottplatz aufhält, einen ominösen Anruf, der ihm verkündet, dass „Joe’s Bootsverleih“ brenne. Der seltsame Anrufer lässt auch noch einen dummen Rätselspruch los, bevor er (natürlich ohne seinen Namen zu nennen) wieder auflegt.

Aufgeschreckt informiert Justus die Feuerwehr über den Brand und gleich darauf Peter. Die beiden machen sich per Fahrrad auf den Weg und vor Ort bei „Joe’s Bootsverleih“ ein Bild von der Situation. Nur ein Müllcontainer hat gebrannt, seltsam genug – doch als sie eine ihrer verkohlten Visitenkarten nahe des Brandherds finden, wird’s buchstäblich brenzlig. Die Urlaubsvertretung des befreundeten Inspektors Cotta ist nicht so tolerant den Junior-Detektiven gegenüber und sackt die beiden verdatterten Jungs unter Tatverdacht erst einmal ein.

Auf der Wache entpuppt sich Detective Franks als ausgesprochen kratzbürstig und misstrauisch, unterstellt den beiden sogar, den (nicht wirklich großen) Brand gelegt zu haben, um ihrer Detektei ein wenig Aufwind zu verschaffen. Justus ist zutiefst beleidigt. Zugegeben, die Story vom anonymen Anrufer, der ausgerechnet in der Zentrale der drei ??? kontaktiert, ist auch schwer zu glauben. Da er ihnen aber nichts nachweisen kann, lässt er sie notgedrungen wieder laufen. Schon am nächsten Tag meldet sich der Anrufer erneut und berichtet von einem Feuer – diesmal im Buchladen von Mr. Smith. Wieder folgt ein Rätselspruch und wieder setzt sich Justus in die Nesseln bzw. belastet sich und seine Kollegen, indem er die Feuerwehr per Telefon zum angegebenen Ort schickt.

Dieses Feuer ist in der Tat wesentlich größer als das erste, aber auch nicht sonderlich gefährlich. Man vermutet es schon: Es wird natürlich eine weitere der berühmten Visitenkarten der drei ??? gefunden – Detective Franks taucht selbstredend am Tatort auf und knöpft sich das Detektiv-Trio vor, lässt sich aber dazu breitschlagen, das Telefon der Zentrale anzuzapfen und ein paar Beamte zu postieren, wenn die drei ihm versprechen, die Stadt nicht zu verlassen und in allen Belangen zu kooperieren. Dass die durchtriebenen Spürnasen sich davon nur vordergründig beeindrucken lassen, dürfte klar sein – sie ermitteln logischerweise auf eigene Faust weiter, um herauszubekommen, wer und warum ihnen so übel mitspielen will. Eine erste buchstäblich heiße Spur haben sie bereits, doch wo sind die Zusammenhänge der Brände und was hat das alles mit dem Schrottplatz bzw. Justus zu tun?

_Eindrücke_

Eine reine Kriminalgeschichte gibt es diesmal, ohne die sonst oft verwendeten Mystery-Elemente, und trotzdem geheimnisvoll genug gemacht, damit der Spannungsbogen und somit die Neugier aufrechterhalten bleiben. Die Idee, die drei Jungs in Misskredit zu bringen und ihnen als Spaßbremse einen anderen Polizeiermittler vor die Nase zu setzen, der ihnen nicht so wohlgesonnen und väterlich gegenübertritt wie etwa Hauptkommissar Reynolds oder Inspector Cotta, ist nicht neu, das hat man auch in anderen Folgen bereits mit – mal mehr, mal weniger – Erfolg versucht.

Dennoch bringt genau das hier einen glaubhaften Touch in die Geschichte, denn in der Realität würde sich sicher kein Detective von drei jugendlichen Grünschnäbeln (mit fragwürdigem Alibi) einfach so von ihrer Unschuld überzeugen lassen, nur weil sie solch eine tolle Visitenkarte haben und vorgeben, in Polizeikreisen wohlgelitten zu sein. Lobenswerterweise ist das hier mal nicht der Fall. Die Atmosphäre ist stimmig und die Handlungsstränge bleiben übersichtlich, auch wenn sich vermeintlich viele unterschiedliche Charaktere tummeln. Vom Flair her gleicht „Der rote Rächer“ eher einem Psychothriller, denn der Gegenspieler der drei ist alles andere als dumm und auch nicht so eindimensional, wie das sonst leider häufig der Fall ist. Der ganze Plot ist noch dazu sehr detailliert ausgearbeitet, jede Kleinigkeit zählt, auf die man als Hörer achten muss.

Musik und Effekte bieten keinen Anlass zur Klage, ebenso wenig wie die Sprecher. Der Detective wird vollkommen erstklassig von Wolf Frass verkörpert, der seine Skepsis und die Verhörmethoden sehr realistisch rüberbringt. Ein weiteres Sprachgenie ist Helmut Gentsch in seiner Mehrfachrolle, ein äußerst variabler Akteur, der selbst vor der Imitation einer Frauenstimme nicht zurückschreckt, die sich sogar noch dazu hören lassen kann – normal klingt es einfach lächerlich, wenn Männer versuchen, ein altes Mütterchen zu geben, aber hier klappt das. Die Stammsprecher mit Lob zu überziehen, ist ja fast schon Standard, allerdings müsste man bei Oliver Rohrbeck bei dieser Folge ein paar Abstriche machen. Das hat allerdings eher mit der Ausgestaltung seiner Rolle zu tun und nicht mit seiner Qualität als Sprecher.

Es passt irgendwie nicht mehr zu Justus‘ mittlerweile erwachsenen gewordenen Stimme, wenn er weinerlich lamentiert oder stottert. Als gereifter Jugendlicher müsste er über falschen Verdächtigungen stehen oder längst nicht mehr so geschockt sein, wenn er anonyme Anrufe bekommt – ansonsten ist er ja auch schlagfertig und selbstbewusst altklug. Es sind aber nur wenige Dialoge, die aus Sicht des (erwachsenen) Hörers nicht so recht in die Charakterentwicklung innerhalb der Serie passen wollen. Das andere Ende markiert Bob. Seine Sprüche werden mit zunehmender Folgenzahl immer trockener und seine Performance stetig besser. Andreas Fröhlich verleiht seinem Charakter die glaubhafteste Transformation zum jungen Erwachsenen.

_Fazit_

Eine Folge im „alten Stil“, bei der sich das Nachdenken und Selbstkombinieren wieder lohnen und die auch von den Machern des Hörspiels so ausgelegt wurde, dass man die Lösung zwar ahnt, doch die letzten Puzzleteile erst zum Schluss an den richtigen Platz rieseln. Die spannende Geschichte ist gekonnt umgesetzt und weist zu keiner Zeit einen Hänger auf. Stets ist irgend etwas los, das die Story vorantreibt. Am Ende gibt’s auch wieder einen knackigen Sinnspruch à la Justus (allerdings ohne das sonst typische Gelächter), was die Folge noch weiter aufwertet und die kleinen Unzulänglichkeiten bei der Ausgestaltung seiner Rolle vergessen machen. Eine klare Empfehlung für Fans und Einsteiger gleichermaßen.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_

Titel: „Die drei ??? und der rote Rächer“ – Folge 96
Ersterscheinung: 2001
Lauflänge: 53.13 Minuten
Label: EUROPA – BMG Ariola Miller
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Buchumsetzung & Effekte: André Minninger
Musik: Conrad, Morgenstern, Zeiberts
Cover-Illustration: Silvia Christoph

Die Figuren und ihre Sprecher:

Erzähler – Alfred Hitchcock: Mathias Fuchs
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrzceck
Recherchen und Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Mathilda Jonas: Karin Lieneweg
Mrs. Shaw: Heikedine Körting
Feuerwehrleitstelle – Mr. Sheppard: Marius Kreissler
Detective Franks: Wolf Frass
Lesley Dimple: Ann Montenbruck
Mr. Smith: Douglas Welbat
Dave Rawling: Helmut Gentsch
Feuerwehrmann: Wolfgang Kaven

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