Trimondi, Victor / Trimondi, Victoria – Hitler – Buddha – Krishna. Eine unheilige Allianz vom Dritten Reich bis heute

Ein weiteres Buch zur rechten Szene und ihrer Verflechtung mit dem Spirituell-Religiösen. Ernst genommen zu werden scheint es nach den Berichten aus jenen Lagern, die eine Einschätzung erlauben, erstaunlicherweise eher nicht. Nach dem Tag des Erscheinens brachte die BILD-Zeitung eine halbseitige „War Hitler Buddhist?“-Schlagzeile mit Fotos und dementierte das auch gleich mit einer Befragung des Hitler-Biografen Joachim C. Fest. Die linke Tageszeitung „Taz“, von der man hätte eher annehmen können, dass sie auf das Buch eingehen würde, hatte nur wenige abfällige Sätze dafür übrig und ordnete die Neuerscheinung als „Gurke des Tages“ ein. Damit machen es sich beide Lager allerdings zu leicht.

Die Trimondis, ein Pseudonym für den ehemaligen linken |Trikont|-Verleger Herbert Röttgen und seine Frau Marianna Röttgen, gehören nicht zu den niveaulosen Enthüllungsautoren, von denen man die Plattitüden und schlechten Recherchen sonst so kennt. Dies zeigten sie bereits in ihrem ersten ebenso umstrittenen Buch „Der Schatten des Dalai Lama“ über ähnliche Verstrickungen und „wahre“ Absichten des tibetischen Buddhismus. Natürlich wäre es ein Leichtes, dieses Werk abzutun, indem man oberflächlich auf einige Unwesentlichheiten eingeht; z. B. steht natürlich am Rande impliziert auch, dass alle Vegetarier, alle Bergsteiger potenziell für den Faschismus gefährdet seien und auch, dass wohl alle Nazis, die ihre Partei ernst nahmen, die Bhagavadgita in der Tasche ständig mit sich trugen. Das ist natürlich ziemlich platt.

Aber solche Plattheiten treten in den sonst mehrheitlich tiefgründigeren Recherchen in den Hintergrund. Was die beiden da an neuen Informationen bieten, hat es bisher in solcher Form noch nicht gegeben. Es ist hochinteressant, sich damit zu beschäftigen. Nach Ansicht der Autoren beruhte der Nationalsozialismus im Inneren auf einer neuen Religion, die nicht, wie immer noch behauptet wird (und was derjenige, der sich intensiver damit befasst, auch weiß), auf heidnischem Germanentum beruhte, aber auch nicht (was man eigentlich vermuten sollte) auf der christlichen Kultur und einer Kollaboration mit dem katholischen Vatikan, sondern er orientierte sich an den asiatischen Religionen und drückte dies auch in einer sehr intensiven Zusammenarbeit mit den dortigen spirituellen Kräften aus. Basis dabei ist der gemeinsame Ursprung der arischen Kultur im japanischen Zen, indischen Yoga-Disziplinen, dem japanischen Samurai, den Kriegerlehren der Bhagavadgita, der indischen Kastenlehre und ihren Göttern.

Ich halte das dennoch für überzogene Paranoia, zumindest was da alles so über die NS-Zeit vor 1945 aufgedeckt wird. Natürlich ist das überaus interessant zu lesen: über das Denken Heinrich Himmlers, die ganzen führenden Kräfte im SS-Ahnenerbe und ihr Umfeld und welche Kontakte sie zu den genannten asiatischen Traditionen pflegten. Aber es stellt sich – wie auch heute noch (man gerät ganz schnell ins diffamierende Fahrwasser) – doch die Frage, wie man sich überhaupt solchen Unterstellungen entziehen könnte. Jeder Mensch, der einigermaßen weltoffen und interessiert ist an den Dingen, die so geschehen, wird in seinem Leben immer alles Mögliche mal lesen, Kontakte haben, da man ja kommuniziert, und ein solches Leben dauert nun einmal recht lange und danach ist sehr viel rekonstruierbar, das dann auch glaubwürdig und beweisfähig genug erscheint. Um sich vor solcher Diffamierung zu schützen, müsste man wohl schon, autistisch entfernt von der Welt, sein Leben lang sprachlos einsam in einem Zimmer verbringen. Dies betrifft jetzt nur die Fakten, die da geboten werden, und ist nicht in dem Sinne angedacht, Faschisten im Nachhinein reinzuwaschen. Wobei auch diese einzelnen Strömungen natürlich sehr differenziert zu beurteilen wären, was aber – wenn es in anderer Weise geschieht als in der Zuordnung der Röttgens – auch heute noch in Deutschland ein Tabubruch wäre und einen Skandal darstellte, der unter Umständen sogar strafrechtliche Konsequenzen haben dürfte.

Was für die Zeit der „Neuen Rechten“ und ihren Allianzen für die Zeit nach 1945 bis heute dargestellt wird, hat natürlich anderen überprüfbaren Gehalt. Die „Stars“ – ich scheue mich nicht, das so zu nennen, weil es auch entsprechend rüberkommt, wenn halt auch eher als „Anti-Stars“ – sind da vor allem Savitri Devi (die Prophetin Hitlers), Miguel Serrano (Esoterischer Hitlerismus), Rudolf J. Mund, Wilhelm Landig und seit kurzem auch richtig legendär das „Multi-Talent“ Jan van Helsing. Über Shoko Asahara und den in Deutschland tätigen Dänen Ole Nydahl geht es dann direkt bis zum Dalai Lama und setzt an das vorherige Enthüllungsbuch der Röttgens nahtlos an.

Teilweise haben die Röttgens in ihrer Ansicht natürlich vollkommen Recht, was die richtig „fiesen“ Machenschaften angeht. Man kann sich schon streiten, ob Asahara nicht ein Opfer von Geheimdienstpolitik gewesen sein könnte, wie es Verschwörungstheoretiker verbreiten und vehement gegendiskutieren, dass van Helsing ein lieber, weltoffener, hochspiritueller Neuling in der Szene ist, der keinesfalls zum rechten Faschismus zu zählen wäre und auch, dass es dieses weltweit umspannte hochgefährliche Neonazi-Netzwerk der „Schwarzen Sonne“ überhaupt nicht gibt, sondern dass das nur eine merkwürdig gut laufende Merchandising-Kiste ist, mit deren tieferen Inhalten sich eine Auseinandersetzung durchaus lohnt. Man kann den Autoren in anderen Fällen auch vollkommen zustimmen, z. B. in der Beurteilung des militaristischen, ausländer- und frauenfeindlichen Ole Nydahls, der aufgrund seines persönlichen Charakters darüber hinaus aber sicherlich auch zu keiner übergeordneten Neonaziorganisation gehören dürfte. Das tut aber alles nichts wirklich zur Sache. Es geht um etwas anderes, denn politisch gesehen scheint das Buch, wie anfangs erwähnt, überraschenderweise nicht ernst genommen zu werden.

Worum es eigentlich geht, ist die tiefe Enttäuschung und Wut, die die Röttgens über ihren eigenen Werdegang verspüren. Mit diesem Werk sind sie endlich zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Zu linker revolutionärer Politik, gut gemeint und im Sinne des gesunden Menschenverstandes der Bevölkerung dieses Planeten. Das waren sie in den 68ern und sie hatten damals den führenden linken |Trikont|-Verlag, der Ende der 70er und in den 80er Jahren einen tiefen Wandel zur Esoterik vollzog und fortan als |Trikont-Dianus| Flagge zeigte. Dies war eigentlich auch ein nachvollziehbarer und notwendiger Schritt, der sich nicht wirklich von den ursprünglichen Idealen unterschied, aber spirituelle Ökologie, Naturverbundenheit und alte Traditionen in Deutschland aufleben ließ. Bücher über indianische Traditionen und deren Visionen machten den Schwerpunkt aus, der Bioregionalismus wurde etabliert, die Schamanen entdeckt, die „Wiederverzauberung der Welt“ propagiert und diese Aktivitäten machten es tatsächlich erst möglich, dass diese ganze Bewegung danach überhaupt erst in den größeren Verlagen kommerzialisiert werden konnte. Ein großes Verdienst der Röttgens. Sie veranstalteten Keltenkongresse und Begegnungen zwischen Tibets Dalai Lama und Hopi-Indianern.

Durch den Dalai Lama aber, für den sie einen Großteil des Managements erledigten, bevor dieser überhaupt irgendwann mal so bekannt war, dass er den Friedensnobelpreis erhielt und der tibetische Buddhismus so richtig „in“ wurde, wurden sie aber rigoros „entzaubert“. Und das ist die eigentlich Krux an der ganzen Geschichte. Was sie da zu sehen bekamen, ließ ihr Weltbild, in das sie so verliebt waren und an das sie so sehr glaubten, völlig zusammenbrechen. So etwas tut nicht gut, aber die Röttgens sind zu gut, als dass sie es dabei belassen würden. Mit ihnen muss man anders umgehen, denn sie verfügen über Kraft, Intellekt, Wissen und immer noch ungebrochene Visionen, die sich aus dieser persönlich erlebten Enttäuschung in Wut und leider auch in projektiv übersteigerte Paranoia umwandelte. Sie klären jetzt auf und glauben völlig an das, was sie entdeckt zu haben meinen. Das wird zu einer fanatischen Lebensaufgabe. Und Krieger genug sind sie selber, auch wenn sie das als faschistisch in anderen entdecken und sich sicherlich so im eigenen Spiegel längst nicht ansehen werden.

Das Spiel „Alle gegen alle“ ist eine traurige Erscheinung der gegenwärtigen Zeit. Der Ausweg daraus verlangt einfach eine Rückkehr zum Vertrauen, zur Kommunikation untereinander. Es gibt doch nicht wirklich die Bösewichte, aber wenn man sich in Lager positioniert, dann ist Reden miteinander weniger angesagt. Klar ist das verständlich, auf Enttäuschung folgen Traumata und nach der Traumatisierung gibt es kein Vertrauen mehr. Nur noch Misstrauen. Sicher gibt es Faschismus und menschenverachtende Kräfte und Interessen. Aber nicht auf solch breit angelegter Linie. Stattdessen Verwirrung, die sich verbreitet und Faschisten erschafft, auch dort, wo gar keine gewesen waren, hätte man nur miteinander geredet. Und dass das Ganze eigentlich auch für Röttgens eine Attraktion ist, dass sie an diese ganze Magie und Mystik glauben – nur jetzt eben wieder auf der anderen Seite stehen – zeigt sich z. B. daran, dass sie (wo sie doch das ganze Kalachakra als Kriegsszenario sehen und nicht als Friedensabsicht) am Ende des Buches feststellend darauf hinweisen, dass doch im World Trade Center und gleich daneben – zweimal also – ein Kalachakra-Yantra installiert gewesen sei und dieses dort auch zelebriert wurde. Dass das nicht schützte, sondern zerstörte, dient ihnen als Beweis ihres Glaubens, dass es nichts Friedensbringendes sei, sondern sich die dämonischen, zerstörerischen Resultate letztlich auch darin ausdrücken. So weit ist es gekommen.

Es kann alles durchaus sein, muss aber auch nicht. Das ganze Buch entspricht dieser Aussage, die der Dalai Lama auch gern auf Fragen antwortet, was sie neben vielem anderen so furchtbar an ihm nervt. Das Buch sollte man nicht abtun und verwerfen. Es ist hochinteressant und lesenswert und auch die Autoren sollte man nicht zu schnell in ein Lager stecken. Sie sind durchaus niveauvoll, glauben an ihre „Mission“ und sind noch nicht so verbohrt, dass man nicht mehr kommunizieren könnte. Und Kommunikation tut immer allen gut.