Marie Darrieussecq – Schweinerei


Eine Frau wird zur Sau gemacht

Eine junge Frau erzählt die unerhörte Geschichte von ihrer langsamen Verwandlung in eine Sau. Als Verkäuferin in einer Parfümerie, die tatsächlich aber ein Luxusbordell ist, muß sie die abwegigsten Wünsche ihrer Kunden befriedigen. Die Verderbtheit ihrer Umgebung berührt aber nicht ihre Naivität, nur ihr Körper reagiert auf die Verrohung und verändert sich. Aus der strahlenden, fülligen, erotischen Frau wird allmählich eine Schweinsgestalt. Sie bekommt Appetit auf Äpfel und Gras, eine dritte Brust fängt an sich zu entwickeln, ihre Haut wird dick und borstig. Zunächst finden die Kunden Geschmack an dieser Metamorphose, doch die fortschreitende Verwandlung läßt sich bald nicht mehr verbergen… (Verlagsinfo)

Die Französin Marie Darrieussecq erregte 1998 mit ihrer kafkaesken Fabel „Schweinerei“ die Gemüter: Eine nette junge Frau mutiert zum weiblichen Schwein. Kafkas unglückseliger Gregor Samsa mutierte zum Riesenkäfer. Enden hier die Ähnlichkeiten?

Handlung

Eine Frau erzählt ihre Geschichte. Das ist man gewohnt. Ein Schwein erzählt seine Geschichte. Das ist selten. Eine Frau, die zum Schwein wurde, erzählt ihre Geschichte. Das ist unerhört. Dabei fängt alles ganz harmlos an: Weil sie arbeitslos ist, verdingt sie sich in einer Parfümerie mit Massagesalon.

Doch der Service an der überwiegend männlichen Kundschaft umfasst mehr als die Werbefotos zeigen. Diese ungewohnten Dienstleistungen verändern sie auch körperlich. Sie wird dick und rosig, entwickelt Appetit auf Gras und Eicheln, bekommt einen Rüssel, sechs Brüste und einen Ringelschwanz. Kurz: Sie wird zum Schwein.

Die Kunden sind zufrieden, vor allem nachdem sie selbst Geschmack an ihrer säuischen Tätigkeit findet. Gesellschaftlich aber geht es mit ihr steil bergab – ein Schwein hat’s schwer und ist immer bedroht, vor allem durch Wölfe…

Mein Eindruck

Offensichtlich ist dieser Roman ein satirischer Kommentar auf die frauenfeindliche, gefühlskalte Gesellschaft. Damit befindet sich die Autorin auf einer Linie mit Autoren wie Houellebecq – und natürlich (wie eingangs erwähnt) Franz Kafka, Gogol usw.

Ebenso wie Gregor Samsa in „Die Verwandlung“ vermag sich das Opfer nicht zu beschweren oder zu wehren. Daher ist sein deprimierender Abstieg nicht aufzuhalten. Gewisse Vorteile, die das Schweine-Dasein mit sich bringt – sie kann sogar die Fledermäuse pfeifen hören – erscheinen umso tragischer.

Die Moral von der Geschicht‘: Wer sich als Frau allein auf seine Dienstfertigkeit und sein gefälliges Aussehen verlässt, ist schon bald verloren. Die Autorin wettert nicht gegen diese Selbsttäuschung, sondern zeigt einfühlsam ihre möglichen Folgen auf, unter dem Deckmantel einer satirischen Fabel. Es gibt ein Happy-End: Sie kann sich schließlich in den Wald retten – nun ganz Schwein geworden -, wo sie glücklich mit einem Eber lebt.

Unterm Strich

Dieses kreuzbrave Ende würde heute, 20 Jahr später, nicht mehr akzeptiert werden. Schließlich nahm es ja auch mit Gregor Samsa kein gutes Ende. Die schlichtmütige und stellenweise inkorrekte Übersetzung tut ihr übriges, um heutige Leser unzufrieden zurückzulassen. Auch ich kann mich an den Inhalt dieser Geschichte kaum noch erinnern. Muss man nicht kennen.

Taschenbuch: 160 Seiten
Originaltitel: Truismes
ISBN-13: 978-3596137183

https://www.fischerverlage.de/verlage/fischer_taschenbuch

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