Bausenwein, Christoph – Prinzip Uli Hoeneß, Das – Ein Leben für den FC Bayern

Ein Leben für den FC Bayern, ein Leben als Reizfigur, ein Leben im ständigen öffentlichen Interesse, und ab und an auch ein Leben für die ‚Abteilung Attacke‘: Uli Hoeneß gehört von Jugendbeinen an zu den Figuren im deutschen Sport, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ständig die Extreme zu leben, permanent zu polarisieren und mit klaren Ansagen und ohne Blatt vorm Mund an die Öffentlichkeit zu treten. Bereits als aufstrebender, bulliger Stürmer beim Münchener Erfolgsclub konnte er diesen Status verbuchen und galt in der Ära Beckenbauer eher als Störenfried denn als Leitfigur. Doch der Erfolg gab ihm schon zu jener Zeit immer wieder Recht und führte ihn schließlich an jenen Posten, der ihn berühmt und berüchtigt machte, nämlich den des Managers in Deutschlands inzwischen größtem Prestigeverein.

Was sich unterm Strich wie die makellose Bilanz einer erfolgreichen Karriere als Geschäftsmann liest, ist auf der anderen Seite auch der ständige Kampf gegen Mauern und um Akzeptanz, den Hoeneß auf allen nur erdenklichen Ebenen ausgetragen hat. Als Spieler galt er aufgrund seiner Gehaltsvorstellungen und seiner großen Klappe bereits vereinsintern als Buhmann, konnte sich mit seinen Qualitäten aber am Ende immer wieder durchsetzen. In seiner Rolle als Manager wiederum bewies er häufig Mut und wählte unbequeme Wege, zehrte aber auch hier jederzeit von seinem kreativen Geschäftssinn, für den unter anderem das heutige Budget des Rekordmeisters spricht. Und in seiner ungeliebten Rolle als inoffizieller Presseabgeordneter des FC Bayern, wurde er ununterbrochen für seine scharfe Zunge und seine nicht selten arroganten, großspurigen Ansagen getadelt.

Doch Hoeneß wäre nicht Hoeneß, wäre ihm der steinige Weg nicht jederzeit der liebste gewesen. Geboren in einer hart arbeitenden Metzgerfamilie, lernte er bereits sehr früh, Werte anzuerkennen und zu leben, und führte den damit verbundenen Ehrgeiz so weit, wie es die Leistungsgrenzen finanziell und physisch erlaubten.

Mit seinem Ausscheiden als Bayern-Manager und seinem Wechsel ins Präsidium der deutschen Fußball-Topadresse ist für den stets hochroten Choleriker nun die Zeit gekommen, auf sein Leben zurückzublicken. Dies tut Hoeneß nun mit Fußballexperte und Autorengenie Christoph Bausenwein. Chronologisch, aber dennoch stets reflexiv, geht der Autor von „Das Prinzip Uli Hoeneß“ Stationen, Einstellungen, Siegen und Niederlagen nach – und entdeckt dabei vor allem eines: den Menschen Uli Hoeneß, der in allen medialen Zwistigkeiten fast ausnahmslos zugunsten einer skandalsuchenden Berichterstattung nach hinten gedrängt wurde.

Doch Bausenwein geht mit seinem kurzzeitigen Alter Ego nicht gerade zimperlich um; die Figur Hoeneß wird sehr kritisch aufgearbeitet und weniger auf ihre zahlreichen Erfolge reduziert. Ganz im Gegenteil: Während der Autor in kaum einem Nebensatz das Manager-Genie des beschriebenen Protagonisten außen vor lässt, kommt er auch immer wieder auf die Unzulänglichkeiten und Affären zu sprechen, die unmittelbar mit dem FC Bayern und der Person Uli Hoeneß verbunden waren. Zuallererst kommt er natürlich auf den unendlichen Zwist mit Christoph Daum zu sprechen, der fast das Karriereaus für den Manager bedeutet hätte. Und natürlich werden die Wortgefechte mit Werder Bremens Ex-Manager Willi Lemke hervorgehoben, diesmal aber mit dem spitzfindigen Sieger Hoeneß, der insgeheim auch immer die besseren Argumente parat hatte als sein norddeutsches Pendant.

Aber es sind nicht nur die Streitereien und die Arroganz, die die öffentliche Person Hoeneß charakterisieren sollen. Immer wieder schildert Bausewein, der überdies auf eine überragende Recherchearbeit verweisen kann, wie der Manager seinen Posten genutzt hat, um aufzurütteln und im Rahmen des Möglichen kleine Revolutionen loszutreten. Und es sind eben genau diese Phasen in der Karriere dieses Menschen, die – und das wird auch der große Teil der Hoeneß-Hasse zugestehen müssen – insgesamt nicht den Respekt erbracht haben, der für die jeweilige Leistung angebracht gewesen wäre. Die Vermarktung der Bundesliga und die Etablierung dieses Markenzeichens gehen zu einem wesentlichen Teil auf die Kappe des Bayern-Präsidenten. Aber auch die hiesigen Entwicklungen im Merchandise-Bereich darf sich Hoeneß auf seine Verdienstliste schreiben, da er hier rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und effizient für den FC Bayern genutzt hat. Im Großen und Ganzen hat er sich daher auch nicht nur um seinen Stammverein, sondern auch für den kontinuierlichen Aufschwung der Bundesliga verdient gemacht und den vielleicht größten Anteil daran gehabt, wie sich der deutsche Vereinsfußball seit den Siebzigern verändert und entwickelt hat. Und alleine zu lesen, mit welchen raffinierten Tricks und Kniffen Hoeneß hierbei gearbeitet hat, wie viel Gegenwind er dafür in Kauf nehmen musste und – ganz wichtig auch – warum ihm daran lag, in der Öffentlichkeit auch mal zur Attacke zu blasen, ist lohnenswert genug, sich mit „Das Prinzip Uli Hoeneß“ auseinanderzusetzen.

Doch den eigentlichen Reiz des Buches machen jene stillen Kapitel aus, in denen auch mal die persönliche Seite herausgekehrt wird. Da kommt der Familienmensch Uli Hoeneß zum Vorschein, sein soziales Engagement, das er bewusst aus den Medien heraushalten möchte, seine Fürsorge für das Etikett Deutscher Fußball und auch sein ungebrochener Kampf für Fairness und Gerechtigkeit auf internationaler Ebene. Das Vorbild Real Madrid sportlich, das Vorbild FC Bayern wirtschaftlich – das war stets das Bestreben seiner Arbeit; und dieser facettenreiche Komplex wird in „Das Prinzip Uli Hoeneß“ packend, teils auch humorvoll, aber eben auch sehr fokussiert wiedergegeben. Der relativ hohe Preis mag zwar noch ein grundsätzliches Hindernis für eine Investition sein, doch die ist inhaltlich jeden Cent wert – genauso wie der Kosten-Nutzen-Effekt, den Hoeneß in seinen 33 Jahren als Bayern-Manager zum höchsten Gut erklärt hat. Von daher ist die Empfehlung das Mindeste, was man dieser eigentlich so ungeliebten Person aussprechen muss. Gerade aus der neu gewonnenen Erkenntnis heraus, dass ‚der Uli eigentlich ein prima Kerl ist‘!

http://www.werkstatt-verlag.de
http://www.christophbausenwein.de

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