Blazon, Nina – Königsmalerin, Die

Sofonisba Anguissola, die Heldin aus Nina Blazons historischem Roman „Die Königsmalerin“, hat tatsächlich gelebt. Sie war eine der bekanntesten Malerinnen der Renaissance, und der Buchtitel kommt nicht von ungefähr. Sofonisba war tatsächlich so erfolgreich, dass sie die damalige spanische Königin und deren Gatten malen durfte. Das ist ungewöhnlich für eine Frau aus niederem Adel und auch nicht unbedingt gefahrlos …

Die junge Sofonisba erhält, wie ihre kleine Schwester Elena, auf Anweisung ihres Vaters eine gute Ausbildung als Malerin. Da die Familie nicht besonders reich ist, hofft sie, durch die Einkünfte von Sofonisbas Bildern ihr Vermögen aufstocken zu können. Sofonisba tut, was sie kann, und schließlich ist ihr Ruf in Italien so gut, dass sie eine Anstellung als Hofmalerin am spanischen Königshof erhält.

Dort soll sie nicht nur ihre beliebten Porträts anfertigen, sondern auch der jungen Königin Isabel de Valois Kunstunterricht geben. Kaum in Toledo angekommen, läuft Sofonisba die junge Holländerin Lien über den Weg, die bei ihrem Onkel, einem Maler, die Farben mischt. Liens größter Traum ist das Malen, und sie wünscht sich Sofonisba als Lehrmeisterin. Diese nimmt das junge Mädchen als Schülerin zu sich, beeindruckt von deren Talent, Emotionen zu Bildern zu verarbeiten. Sie ahnt allerdings nicht, dass das Bild, welches Lien immer wieder malt, das einer Ketzerin ist: Lien zeichnet Ana Moreno, eine Freundin von ihr, die während der Inquisition auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden ist.

Als der Inquisitor des spanischen Königshofs herausfindet, wen Lien da auf Leinwand bannt, hat ihre Stunde geschlagen. Sie wird festgenommen und in den Kerker geworfen, um später der Ketzerei angeklagt und verbrannt zu werden. Sofonisba, der ihre Schülerin ans Herz gewachsen ist, beschließt, Lien zu retten. Mithilfe ihres alten Kindermädchens Bertola, des jungen Adligen Flavio Gonzaga und des Apothekers Martín Segundo schmiedet sie einen Plan …

Nina Blazon hat ihren Einstand in der Literaturwelt mit ihren Fantasyromanen begangen, doch mittlerweile hat sie schon mehr als einmal bewiesen, dass sie sich auch in anderen Genres bestens zurechtfindet. Vor allem historische Romane scheinen es ihr angetan zu haben. Nach [„Der Maskenmörder von London“, 3983 das im England des 18. Jahrhunderts spielt, begibt sie sich nun ins 16. Jahrhundert. Auch dieses Mal schafft sie es auf leichtfüßige Art und Weise, die Geschichte zum Leben zu erwecken. Abseits von jeglichem Historienschwulst entspinnt sie eine raffinierte kleine Geschichte, in deren Mittelpunkt zwei Frauen stehen: Sofonisba und Lien.

Am Anfang geht es hauptsächlich um Sofonisbas Werdegang, erst später rückt die Spannung in den Vordergrund, als es um Liens Rettung geht. Obwohl schön konstruiert, fehlt es dem ersten Teil des Buches an fesselnden Erlebnissen. Wer also or allem Spannung sucht, dem wird „Die Königsmalerin“ nicht unbedingt gefallen. Trotzdem ist das Buch interessant genug. Blazon hat gut recherchiert und neben den kleinen Besonderheiten dieser Zeit sehr viele Informationen über die Malerei eingewoben. Der junge Leser erfährt eine Menge über das Mischen von Farben in der damaligen Zeit und darüber, wie Porträtzeichnungen entstehen. Nina Blazon ersetzt dabei sicherlich keinen Kunstratgeber, schafft es aber, die Malerei für das Laienpublikum lebendig zu machen.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen allerdings die wunderbaren Charaktere. Sie sind unglaublich vielschichtig, interessant und alles andere als historisch trocken. Was vielen Autoren nicht gelingt, schafft Blazon mit Leichtigkeit: Sie erweckt die Figuren tatsächlich zum Leben, so dass auch ein Leser aus der heutigen Zeit sich mit ihnen identifizieren kann. Die Personen sind gut ausgearbeitet, mit Ecken und Kanten versehen, und in ihnen brennt eine spürbare Leidenschaft. Sofonisba, die aus der Ich-Perspektive erzählt, ist dabei sicherlich diejenige, die am besten im Gedächtnis bleibt. Ihre Gefühlen und Gedanke werden sehr anschaulich dargestellt und erklären ihre Handlungen und ihr Verhalten. Die Nebencharaktere sind nicht weniger bunt. Mit meist nur wenigen Strichen skizziert Blazon interessante Persönlichkeiten, die sich trotz der Reduziertheit an Beschreibungen einprägen.

Ein großes Plus ist erneut Blazons Schreibstil, der gewohnt locker und luftig aus dem Zeitalter der Inquisition berichtet. Wie bei ihren vorherigen Büchern, schreibt die Autorin sehr elegant, lebendig und teilweise mit einem dezenten Augenzwinkern. Sie benutzt einen großen, jugendfreundlichen Wortschatz, der frei von historischem Ballast ist und daher viel Freude bereitet. Ihre Erklärungen über die Malerei sind sehr verständlich und interessant aufbereitet und zugleich detailliert, aber nie störend. Sie schafft es, diese Zusatzinformationen reibungsfrei in den Fließtext einzuweben, so dass man „Die Königsmalerin“ ohne Probleme in einem Rutsch durchlesen kann.

Mit diesem Buch beweist Nina Blazon einmal mehr, welch eine gute Jugendbuchautorin sie ist. Erneut gelingt es ihr, eine historische Epoche mithilfe fantastischer Charaktere und des tollen Schreibstils zum Leben zu erwecken, ohne dabei wie einige Zunftkollegen schwermütig oder geschwollen zu klingen.

|346 Seiten, gebunden
Empfohlen ab 12 Jahren
ISBN-13: 978-3-473-35278-4|
http://www.ninablazon.de
http://www.ravensburger.de

_Nina Blazon bei |Buchwurm.info|:_

[„Im Bann des Fluchträgers“ (Woran-Saga 1) 2350
[„Im Labyrinth der alten Könige“ (Woran-Saga 2) 2365
[„Im Reich des Glasvolks“ (Woran-Saga 3) 2369
[„Die Reise nach Yndalamor“ (Die Taverne am Rande der Welten 1) 3463
[„Im Land der Tajumeeren“ (Die Taverne am Rande der Welten 2 3980
[„Das Königreich der Kitsune“ (Die Taverne am Rande der Welten 3) 4725
[„Die Sturmrufer“ (Die Meerland-Chroniken 1) 4180
[„Der Bund der Wölfe“ 2380
[„Die Rückkehr der Zehnten“ 2381
[„Der Spiegel der Königin“ 3203
[„Der Maskenmörder von London“ 3983

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