Campbell, Jack – Gearys Ehre (Die Verschollene Flotte 4)

_|Die verschollene Flotte|:_

Band 1: [„Furchtlos“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6124
Band 2: „Black Jack“
Band 3: [„Fluchtpunkt Ixion“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7009
Band 4: _“Gearys Ehre“_
Band 5: „Der Hinterhalt“ („Relentless“, 2009) (erscheint am 25.11.2011)
Band 6: „The Lost Fleet: Victorious“ (2010)
Band 7: „The Lost Fleet: Beyond the Frontier“ (04/2011)

Alles klar Schiff? Es menschelt gewaltig an Bord

Seit hundert Jahren kämpft die Allianz verzweifelt gegen die Syndikatswelten, und die erschöpfte Flotte ist in Feindgebiet gelandet. Ihre einzige Hoffnung: Captain John Geary. Seit seinem heldenhaften letzten Gefecht hält man ihn für tot. Doch wie durch ein Wunder hat er im Kälteschlaf überlebt. Nun soll er als dienstältester Offizier das Kommando über die Flotte übernehmen, um sie sicher nach Hause zu bringen. In einem Krieg, der nur in einem Fiasko enden kann …

Band 4: „Black Jack“ Geary musste als Kommandeur schon viele riskante Entscheidungen fällen. Doch seine Offiziere zweifeln an seinem Verstand, als er die Allianz-Flotte wieder ins Lakota-Sternensystem zurückbeordert, wo sie zuletzt beinahe zerstört wurde. Während er sich bemüht, dem Feind immer einen Schritt voraus zu sein, muss er sich Verschwörern aus den eigenen Reihen stellen – eine unbekannte Anzahl an Offizieren will ihn des Kommandos entheben. Geary weiß, dass seine Flotte sich keinesfalls innere Unruhen leisten kann. Denn sonst reißen die Syndics ihn und seine Leute in tausend Stücke … (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Hinter dem Pseudonym „Jack Campbell“ verbirgt sich der ehemalige U.S. Navy-Offizier John G. Hemry. In seinem aktiven Dienst bei der Marine sammelte er viel Erfahrung, die er in seine SF-Romane einfließen ließ. Campbell lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Maryland, unweit Washington, D.C.

Zyklus „Stark’s War“

1. Stark’s War (April 2000)
2. Stark’s Command (April 2001)
3. Stark’s Crusade (March 2002)

Zyklus „Paul Sinclair“

1. A Just Determination (May 2003)
2. Burden of Proof (March 2004)
3. Rule of Evidence (March 2005)
4. Against All Enemies (March 2006)

_Vorgeschichte_

Captain John „Black Jack“ Geary ist ein Kriegsheld aus jenen Tagen vor hundert Jahren, als der Krieg der Allianz mit den Syndikatswelten begann. Damals rettete er sich an Bord einer Rettungskapsel, die ihn im Kälteschlaf hielt, und wurde hundert Jahre später aufgefischt. Jetzt hat ihn die Flotte wieder aufgetaut, weil ein Notfall eingetreten ist: Die Allianz-Flotte ist im Feindgebiet umzingelt, nachdem sie verraten wurde. Ihr bleibt nur die Wahl zwischen bedingungsloser Kapitulation und völliger Vernichtung durch die zahlenmäßig überlegene Syndic-Flotte.

Geary verlässt seine Kabine an Bord des Flaggschiffs „Dauntless“ (= Furchtlos) und geht zur Brücke. Dort übergibt ihm Admiral Bloch als dem dienstältsten Offizier das Kommando über die Flotte und verrät ihm ein ungemein wichtiges Geheimnis: Die „Dauntless“ darf um keinen Preis in die Hand des Feindes fallen, sonst ist die Allianz verloren. Dann fliegt Bloch mit einer Fähre zum Flaggschiff des Gegners, um zu verhandeln. Hilflos muss Geary auf dem Bildschirm die Videoübertragung mit ansehen, wie der Vorstandsvorsitzende (CEO) des Syndikats Bloch und seine Adjutanten kaltblütig abknallen lässt. Es gibt keine Verhandlungen, sondern ein Ultimatum: eine Stunde bis zu Kapitulation oder Vernichtung.

Eine Stunde kann eine Menge Zeit sein, wenn es drauf ankommt, denkt Geary. Nach einer Rücksprache mit Captain Desjani, der Kommandantin der „Dauntless“, über das Geheimnis lässt er eine Videokonferenz der anderen Kapitäne einberufen. Er bringt trotz des Widerstands einiger Offiziere – wer traut schon einem Aufgetauten? – alle auf seine Linie und lässt einen Rückzugsplan ausarbeiten: Operation Ouvertüre. In einem Vier-Augen-Gespräch mit der Ko-Präsidentin zweier verbündeter Flotten muss er zu seinem Missvergnügen feststellen, dass auch sie das Geheimnis der Flotte kennt – oder zumindest gut geraten hat. Immerhin ist Ko-Präsidentin Victoria Rione abschließend bereit, den Gegner hinzuhalten.

Während sich die Flotte umformiert, um den Massensprungpunkt anzuvisieren, der sie aus dem feindlichen System herauskatapultiert, führt Geary ein Gespräch mit dem CEO des Gegners. Der ist zunächst verständlicherweise ungläubig, dass ein vor hundert Jahren gestorbener Offizier nun das Kommando über die Allianz-Flotte übernommen haben will. Das soll wohl ein Trick oder schlechter Scherz sein? Geary pflegt nicht zu scherzen, aber es gibt ihm Gelegenheit, den CEO eine weitere halbe Stunde aufzuhalten. Bis dieser die Verbindung entnervt unterbricht, um Gearys Offiziere einzeln zur Aufgabe zu überreden. Geary unterbindet diesen Versuch energisch.

Mit einem verlustreichen Rückzugsgefecht gelingt es Geary, seine Flotte fast komplett aus dem Feindsystem springen zu lassen. Doch er verliert dabei seinen Großneffen, der sich für die Flotte opfert und in Gefangenschaft geht. Geary verspricht ihm, ihn rauszuholen und Michaels Schwester zu kontaktieren, die auf einer der Allianzwelten lebt.

Doch jenseits des Zielpunktes nach dem Sprung muss Geary feststellen, dass hundert Jahre Krieg ihre Spuren hinterlassen haben, nicht nur auf den Welten, sondern vor allem in Gearys eigener Flotte …

_Handlung_

Im Lakota-System hat die Flotte vor den überlegenen Syndiks nach Ixion Reißaus nehmen müssen. Doch dort gab es kein Weiterkommen, also kehrte Geary mit seiner Flotte in einem wahnwitzig erscheinenden Manöver um und zerschoss das Zentrum der sie verfolgenden Flotte, büßte dabei jedoch drei Schlachtschiffe ein. Es dürfte ein paar Stunden, bis die Syndik-Flotte das Wendemanöver nachvollzieht, erwartet Geary.

Nun befindet sich seine Flotte in einem ahnungslosen und im Durcheinander befindlichen Lakota-System, das er nach seinem Belieben gestalten kann. Wracks schweben ebenso umher wie Gefängsnisschiffe und große Frachter. Da die Flotte dringen neue Ressourcen benötigt, lässt er diese Frachter als Erstes kapern, dann die Gefangenen der Allianz von den Gefängnisschiffen holen – insbesondere von der „Audacious“ – und kann einen Plan vorbereiten, wie er die bald zurückkehrende Syndik-Flotte empfangen will.

Zu seinem Erstaunen hat er mehr als vier Lichtstunden Zeit, und zwar vor allem aus dem Grund, dass die beiden CEOs der gegnerischen Flotte um die Ehre streiten, Geary fertigmachen zu dürfen. Bei den Syndiks läuft die Führungswechseltaktik eben anders als bei der Allianz. Der obsiegende CEO verfolgt nun die Allianz-Flotte mit aller Macht, um deren vermeintlich wehrlose Überreste ins Nirvana zu blasen.

Allerdings hat Geary mit einer Idee Victorias Riones und der Hilfe von Captain Tanya Desjani eine Falle aufgestellt, die sich für die Syndik-Flotte als verheerend erweisen soll …

Nach der Vernichtung der Syndiks erhalten die Wachschiffe der Syndiks im Lakota-System von fliehenden Syndik-Schiffen den Befehl, das Hypernet-Portal zu sprengen. Zu spät erkennt Geary die potenzielle Gefahr und kann nicht mehr intervenieren. Vom Sancere-System weiß er, dass ein solches Portal mit der Gewalt einer Nova explodieren und ein komplettes Sonnensystem in Schutt und Asche legen kann.

Gearys letzte Warnung an den Planeten Lakota III kommt wohl zu spät, und da fegt auch schon die Druckwelle der Portalexplosion durchs System. Die dem Portal zugewandte Seite der Welt wird verwüstet, die Atmosphäre hinweggerissen. Doch Gearys Schiffe sind weit davon entfernt in Position gegangen und stellen ihre Nase in Richtung der anrollenden Vernichtungswelle. Wird es irgendwelche Überlebenden geben, die davon berichten können, welche Gefahr ein solches Portal darstellt – und zwar auch für die Hauptwelten der Allianz?

_Mein Eindruck_

Die Handlung lässt sich in drei Teile gliedern. Die ersten rund 200 Seiten, also praktisch die erste Hälfte, spielt nur im Lakota-System und schildert die actionreiche Schlacht gegen die Syndikflotte und die mindestens ebenso aufregende Explosion des Hypernet-Portals mit fast der Gewalt einer Sternen-Nova.

Jedoch musste Flottenkommandant Geary in der Schlacht feststellen, dass zwei Kapitäne durch ihre feigen Aktionen eines der großen Kampfschiffe in Gefahr brachten und seinen Untergang herbeiführten. Einen der Kapitäne verurteilt er zum Tod, den anderen zu Haft. Ihr Grund: Sie lehnen seine Flottenführung ab. Sie überleben nicht lange: Das Shuttle, in dem sie transportiert werden, explodiert – Zufall oder Sabotage? Geary kann nichts mehr ausschließen.

|Phase 2|

Dies leitet die zweite Phase der Handlung ein: die Suche nach den Verrätern in den eigenen Reihen. Denn nicht nur in offenen Handlungen zeigt sich die Opposition, sondern auch in schädlicher Software in den Computersystemen. Die Würmer hätten das Flaggschiff und Gerys getreueste Kapitäne ins Verderben geschickt. Eine weitere Entdeckung von Würmer ist schlimmer, denn sie betrifft die gesamte Flotte: Antriebe hätten bei der Schlacht oder im Sprung versagt – und Waffensysteme machen sich selbständig.

|Finsterer Verdacht|

Geary teilt seinen Verdacht, dass auch die unbekannten Aliens ihr Händchen im Spiel haben. Denn diese lieferten ja Syndiks und Allianz die gesamte Hypernet-Technologie. Und Gearys Flaggschiff führt einen erbeuteten Hypernet-Schlüssel mit sich. Er verfügt über sein eigenes Betriebssystem und ist mit den Computersystemen verbunden.

Als verdächtige Quantenmanipulationen an den Kommunikationssystemen entdeckt werden, lässt dies darauf schließen, dass die Aliens alles mithören, was die Menschen kommunizieren. Und dies manipuliert wird. Offenbar nur zu einem Zweck: Es darf zu keiner friedlichen Verständigung zwischen Syndikats-Welten und Allianz kommen. Selbst als Gearys im Stich gelassene Syndik-Siedler rettet, wird dieser Versuch sabotiert.

Kaum hat er die Siedler im Cavalos-System abgeliefert, als ihm die CEO (Chief Executive officer = Vorstandsvorsitzende) der Zentralwelt dort dankt – der gerettete Bürgermeister ist ihr verschollen geglaubter Bruder. Und sie zeigt Geary, wo die Syndiks Vorräte versteckt und vergessen haben. So viel Entgegenkommen ist nur möglich, weil Geary seine Ehre dareinsetzt, auch den Gegner menschlich zu behandeln.

|Das Spiel der Aliens|

Dass nicht alle CEOs so human handeln, sondern mehr aus Eigeninteresse, stellt Geary fest, nachdem er die nächste Syndik-Flotte vernichtet hat. Der Gefangene Vize-CEO – die Syndiks arbeiten mit den Rängen der US-Wirtschaft – wird einem ausgefeilten Verhör inklusive Stimmanalyse und Hirnstrom-Abtastung verhört. Er weiß vom Deal der Syndiks mit den Aliens, um die Allianz anzugreifen. Dumm nur, dass die Aliens die Syndiks dabei im Stich ließen. Seit hundert Jahren tobt deshalb der Krieg unter den Menschen – zum Nutzen der Aliens, die so eine Flanke unter Kontrolle haben. Befinden sie sich selbst mit anderen Aliens im Krieg? Dann könnten sich die Menschen verbünden, um die Manipulation der Aliens abzuschütteln, schlägt Geary vor – und lässt den CEO frei.

|Afghanistan und die Folgen|

Auf Seite 355 beklagt der Autor mit den Worten seines Helden, wie lange sich dieser Krieg schon hinzieht und weiterhin sinnlose Opfer fordert. Mit diesen Opfern sind zerbrochene Leben von Verwandten und Liebenden verbunden. Genau wie bei den US-Soldaten, die im Irak und in Afghanistan kämpfen bzw. gekämpft haben. Viele von den Heimkehrern bringen sich um, weil sie den Stress der post-traumatischen Symptome wie Albträume, Herzjagen, Depressionen, Aggressionen usw. nicht mehr aushalten. Erst unter Präsident Obama kümmert sich die US-Regierung um die psychologische Betreuung dieser Hunderttausenden von Veteranen. Man weiß, dass auch deutsche Soldaten unter den gleichen psychischen Folgen zu leiden haben. Gibt es auch hier eine Betreuungsstelle?

|Phase 3|

Der letzte Teil der Handlung, rund hundert Seiten, schildert eine zweite Raumschlacht. Die ist aber kein großes Problem für Gearys fähige Kapitäne. Intensiv wird dieser letzte Teil jedoch durch Gearys persönlichstes Problem: Wie kann er eine liebevolle, emotionale Beziehung zu Captain Tanya Desjani eingehen, die für beide ehrenhaft ist und doch eine Zukunft haben soll? Ganz einfach: Sie versprechen sich einander, sobald sie wohlbehalten in der Heimat angekommen sind.

Fortwährend kabbeln sich Desjani und Senatorin Victoria Rione um Geary und sehen sich zu seinem Verdruss nicht in der Lage, ein einziges vernünftiges Wort miteinander zu reden. Das ist quasi die erheiternde Komödie, die die ansonsten recht grimmige Handlung um ein erleichterndes Element bereichert. Nachdem hier die Fronten geklärt sind, kann die Fortsetzung mit einem neuen Ausblick beginnen. Band 4 bildet also ein Bindeglied zwischen der ersten Trilogie und der zweiten.

_Die Übersetzung _

Ralph Sander hat einen guten, wenn auch nicht sonderlich anspruchsvollen Job erledigt. Seine falschen Endungen halten sich sehr in Grenzen, und es gibt nur einen Buchstabendreher – auf Seite 335 heißt es „Kruezers“ statt „Kreuzers“.

Lustiger finde ich hingegen den Fehler, der sich im Titel auf dem Buchrücken eingeschlichen hat. Während überall sonst korrekt „Gearys Ehre“ steht, heißt es dort „Geareys Ehre“, also mit vier E’s. Nobody’s perfect, und darauf heben wir einen.

_Unterm Strich_

Ich habe auch dieses Geary-Abenteuer in nur drei Tagen gelesen. Wie schon die meisten der drei Vorgänger kombiniert der vierte Band glaubwürdige geschilderte Raumschlachten (hier zeigt sich der Sachverstand des ehemaligen Marineoffiziers), spannende und rätselhafte Vorgänge in den eigenen Reihen mit – last but not least – privaten Problemen des Flottenkommandeurs Geary.

Man sieht in dieser Hinsicht in den vier Bänden eine deutliche Weiterentwicklung seineer Figuren: Vom legendären „Black Jack“, den die „lebenden Sterne“, also Götter, geschickt haben müssen, wird er zu einer Art Hoffnungsträger der Flotte (v.a. Desjanis), der sich durchaus auch mal von seiner menschlichen Seite zeigen darf, und zwar nicht nur gegenüber Kolleginnen, sondern auch gegenüber dem sogenannten Feind. So etwa im Fall der Syndik-Siedler, die er rettet und zu Ihresgleichen bringt.

Wie in jeder Heldengeschichte hagelt es weise Sentenzen. Bei „Spider-Man“ lautet die wichtigste Botschaft: „Mit großer Macht geht große Verantwortung einher.“ (Oder so ähnlich.) Hier lautet die wichtigste Botschaft. „Nur wer anderen Gnade gewährt, kann erwarten, dass ihm selbst Gnade widerfährt.“ Damit lässt sich Gearys Ehre erklären.

Interessanterweise dreht sich die letzte Aussprache des Buches aber nicht um seine, Gearys, Ehre, sondern um Tanya Desjanis Ehre. Sie lässt sich dazu hinreißen, ihm alles zu versprechen, wenn er nur weiter die Flotte führt und zwar auch nach der Rückkehr in die Heimat. Eine Frau verspricht so etwas nicht ohne ihre Ehre aufs Spiel zu setzen und damit ihre berufliche Karriere. Interessant ist also, was Geary damit anfängt. Es menschelt also auch ganz gewaltig an Bord des Kriegsschiffs. Die Romantik kommt vielleicht hier erstmals richtig zu ihrem Recht.

|Taschenbuch: 416 Seiten
Originaltitel: The Lost Fleet: Valiant
Aus dem US-Englischen von Ralph Sander
ISBN-13: 978-3404233519|

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